SAP-Anwender scheuen den Schritt in die Cloud
SAP-Anwender scheuen den Schritt in die Cloud
Anwender investieren nur verhalten in S/4 Hana Cloud – KI-Strategie vielen unklar
sar Frankfurt
Zwar setzt SAP einiges daran, seine Kunden zur Migration in die Cloud zu bewegen, doch die Anwender folgen offenbar nur zögerlich. Das legen die Ergebnisse des Investitionsreports 2024 der Deutschsprachigen SAP-Anwendergruppe (DSAG) nahe. Für die 230 SAP-Anwender aus Unternehmen, die zwischen dem 23. Januar und 13. Februar an der Befragung teilgenommen haben, spielen Cloud-Betriebsmodelle für Enerprise-Resource-Planning (ERP)-Lösungen noch eine untergeordnete Rolle. Nur 11% haben S/4 Hana in einer Private Cloud im Einsatz, 6% nutzen es in einer Public Cloud (Mehrfachnennungen möglich). Am weitesten verbreitet ist der Einsatz von S/4 Hana in einer On-Premises-Variante (44%). Das ist im Vergleich zum Vorjahr bei jeder der drei Varianten ein Plus von 3 Prozentpunkten.
Ende der Wartungsperiode rückt näher
Im Gegensatz dazu haben nach wie vor 68% (2023: 79%) die SAP Business Suite im Einsatz. Die Mainstream-Wartung für deren Kernanwendungen läuft nur noch bis Ende 2027, es folgt eine dreijährige Übergangsphase. Die Investitionsbereitschaft in S/4-Hana-ERP-Lösungen ist im Vergleich zum Vorjahr zumindest leicht gestiegen: 38% planen hohe Investitionen (2023: 28%), weitere 32% mittlere Investitionen (2023: 38%). „Insbesondere der Anstieg bei den hohen Investitionen lässt vermuten, dass die Anstrengungen von DSAG und SAP hinsichtlich der Begleitung der Anwenderunternehmen bei der Transformation Früchte tragen“, sagt Jens Hungershausen, Vorstandsvorsitzender der DSAG.
Dennoch hätte Hungershausen eine höhere Investitionsbereitschaft in S/4 Hana erwartet, insbesondere im Hinblick auf das Wartungsende der Business Suite 2027. Das Zeitfenster für die Migration werde knapp, erste Berater müssten Anfragen zur Begleitung von Projekten wegen mangelnder Ressourcen bereits ablehnen, erklärte er bei Vorstellung der Ergebnisse vor Journalisten.
SAP legt Migrationsprogramm auf
SAP hat kürzlich noch einmal nachgelegt: Im Rahmen eines Migrationsprogramms sollen On-Premises-Kunden unter anderem finanzielle Anreize erhalten, wenn sie sich jetzt für den Umstieg in die Cloud entscheiden. Zudem soll sich von April an ein Vorstandsbereich „Customer Services & Delivery“ unter Leitung von Thomas Saueressig darum kümmern, Kunden bei der Cloud-Migration zu begleiten. Das Migrationsprogramm hat SAP Ende Januar angekündigt, es fällt also mitten in den Erhebungszeitraum des Investitionsreports der DSAG.
Dass einige Kunden beim Umstieg in die Cloud zögern, schreibt Hungershausen dem Umstand zu, dass Unternehmen „beim Wechsel in die Cloud vor zahlreichen Herausforderungen stehen“. Neben strategischen Gründen, etwa bereits getätigten Investitionen in andere IT-Strukturen, spielten auch Sicherheitsbedenken bei kritischen IT-Infrastrukturen eine Rolle. Insgesamt spaltet die S/4-Hana-Cloud-Strategie der Walldorfer die Anwender: 48% bewerten sie negativ oder sehr negativ, nur 13% positiv oder sehr positiv, der Rest ist unentschieden oder traut sich keine Einschätzung zu.
Viele der befragten Unternehmen möchten mit ihren SAP-ERP-Systemen On-Premises bleiben.
Jens Hungershausen, DSAG-Vorstandsvorsitzender
„Viele der befragten Unternehmen möchten mit ihren SAP-ERP-Systemen On-Premises bleiben. Sie sahen zum Zeitpunkt der Umfrage keine Vorteile einer Migration in die Cloud, und das Vertrauen in SAP fehlt hier teilweise auch“, sagt Jens Hungershausen. Dabei nannten die Befragten laut DSAG ein ungünstiges Kosten-Nutzen-Verhältnis, erhöhten Testaufwand, eingeschränkte Erweiterungsmöglichkeiten sowie die hohe Abhängigkeit von SAP als Gründe für ihr Zögern.
Beunruhigend ist Hungershausen zufolge, dass die Umfrageteilnehmer in Summe in den vergangenen Jahren kaum Fortschritte bei der digitalen Transformation gemacht haben. Nur 4% bezeichnen sich als sehr weit, 40% sind nach eigener Einschätzung weit vorangekommen. Dagegen räumen 48% ein, dass die digitale Transformation der Organisation „nicht sehr weit“ gediehen sei (2023: 52%).
KI als Investitionsentscheidung wenig relevant
Das Argument von SAP, in der Cloud Innovationen schneller verfügbar machen zu können, scheint bei den Anwendern bisher wenig zu greifen. Das Thema künstliche Intelligenz (KI) beispielsweise ist für konkrete Investitionsentscheidungen für 65% der Teilnehmer nur geringfügig oder gar nicht relevant. Hungershausen führt dies darauf zurück, dass viele Unternehmen „aufgrund der hohen Dynamik im KI-Bereich und der damit verbundenen Entwicklung des Marktes“ zurückhaltend seien. Es seien konkrete Anwendungsfälle gefordert, um Investitionsentscheidungen besser beurteilen zu können.
Die KI-Strategie von SAP ist vielen Anwendern offenbar unklar: Auf einer Schulnotenskala bewerteten nur 10% der Teilnehmer diese als gut, 21% als befriedigend. Jeweils 11% vergaben ausreichende oder mangelhafte Noten. Der Großteil von 47% der Teilnehmer traute sich jedoch keine Einschätzung zu. „Unsere Mitglieder sehen insbesondere die Kopplung von KI und Cloud als kritisch. Sie wünschen sich einen einfacheren Zugang zu KI und mehr Transparenz bezüglich der bereits vorhandenen und künftigen Möglichkeiten“, beobachtet Hungershausen.
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