Scharfer Gegenwind für Thyssenkrupp
Thyssen-Aktionäre wollen Taten sehen
Deka verweigert Vorstand Entlastung – EPH als Partner für Stahlsparte favorisiert
ab Düsseldorf
Mit einem großen „nostra culpa“ haben Vorstands- und Aufsichtsratschef von Thyssenkrupp versucht, den Aktionären in der Hauptversammlung den Wind aus den Segeln zu nehmen. „Ein Weiter so“ könne sich Thyssenkrupp nicht mehr leisten, waren sich Miguel López und Siegfried Russwurm einig und versprachen Besserung. Doch das Versprechen, das Image vom „Ankündigungsweltmeister“ abzulegen und ins Handeln zu kommen, verfing bei den Aktionären nicht.
Im Gegenteil: Nahezu alle Redner der in Präsenz abgehaltenen Veranstaltung machten aus ihrer Skepsis bezüglich des im Herbst eingeleiteten Performanceprogramms Apex keinen Hehl. Mit diesem Programm will López die bis zum Geschäftsjahr 2024/25 (zum 30. September) formulierten Ziele erreichen.
Bei Thyssen-Aktionären überwiegt Skepsis
Mit Ausnahme der Gründung des neuen Segments Decarbon Technologies seien sämtliche von López initiierten Maßnahmen so oder in ähnlicher Form schon ausprobiert worden, sagte Hendrik Schmidt von der DWS Investment und schloss die Frage an: „Wie wollen Sie schaffen, was Ihre Vorgänger nicht erreicht haben?“
Noch schärfer fiel die Kritik von Ingo Speich, Leiter Nachhaltigkeit und Corporate Governance bei der Deka, aus: „Die Profitabilität von Thyssenkrupp ist im europäischen Vergleich die miserabelste.“ Die Deka habe die Entlastung des Vorstands im vorigen Jahr mit der Forderung verbunden, dass endlich messbare Fortschritte erzielt würden. „Das ist leider ausgeblieben“, stellte Speich fest und kündigte an, den Vorstandsmitgliedern Oliver Burkhard und Klaus Keysberg die Entlastung zu verweigern. López hingegen werde die Deka entlasten, allerdings verknüpft mit der Forderung, „dass endlich Taten folgen“.
Gegen Ausschüttung
Auch den Dividendenvorschlag lehnte die Deka ab. Mit der Ausschüttung aus der Substanz müsse endlich Schluss sein, forderte Speich und sprach damit auch anderen Aktionären aus der Seele. Thyssenkrupp schüttet für 2022/23 eine Dividende von 0,15 Euro je Aktie aus, obwohl der Konzern aufgrund milliardenschwerer Wertberichtigungen einen Verlust von 1,8 Mrd. Euro geschrieben hatte.
Zugleich erneuerte Speich die Forderung nach der Entflechtung. Für die Stahlsparte stehe der Konzern in ergebnisoffenen Gesprächen mit dem Energieunternehmen EPH, führte López aus. Doch das schwierige konjunkturelle Umfeld erschwere die Verhandlungen. Daher ziehe sich der Prozess in die Länge. EPH sei der favorisierte Partner für ein 50:50-Joint-Venture, da damit die für den Stahl entscheidende Energiefrage adressiert werde. Zu Alternativen schwieg sich López aus.
KfW startet Prüfung
Bewegung kommt indes in die Verselbständigung von Marine Systems. Geprüft würden verschiedene Optionen, darunter der Einstieg eines Investors oder ein Spin-off. In jedem Fall solle der Staat mit von der Partie sein, erläuterte López. Seit vergangener Woche prüfe die KfW eine Beteiligung. Mit dem Abschluss der Prüfung werde bis zur Sommerpause gerechnet.
Die gegen den Widerstand der Arbeitnehmervertreter durchgeboxte Aufstockung des Vorstands begrüßten die Aktionäre. Auf Widerstand stieß dagegen die geplante Erhöhung der Aufsichtsratsvergütung. Angesichts der Lage des Unternehmens sei das „instinktlos“, monierte Christian Röhl, der für die DSW sprach. Bei einer schwachen Präsenz von 59% wurden letztlich alle Tagesordnungspunkte angenommen.