RECHT UND KAPITALMARKT

Schwierige Wettbewerbsklauseln im Arbeitsvertrag

Teure Wartezeiten - Strenge Voraussetzungen für die Wirksamkeit

Schwierige Wettbewerbsklauseln im Arbeitsvertrag

Von Stefanie Prehm *)Stell dir vor, du findest deinen Traumjob und darfst ihn nicht antreten. Dieses Schicksal traf jüngst Andreas Renschler, der seinen Vorstandsposten bei Daimler überraschend aufgab, um zum Wettbewerber VW zu wechseln. Doch daraus wurde vorerst nichts. Aufgrund eines vertraglich vereinbarten Wettbewerbsverbotes war es ihm von Daimler untersagt, unmittelbar im Anschluss an sein Arbeitsverhältnis zur Konkurrenz zu gehen.Ein Wettbewerbsverbot, das verbietet, nach Beendigung einer Tätigkeit für einen Konkurrenten zu arbeiten, muss schriftlich vereinbart werden. An die Wirksamkeit von nachvertraglichen Wettbewerbsverboten sind strenge Voraussetzungen geknüpft: Werden diese nicht eingehalten, ist das Wettbewerbsverbot möglicherweise nichtig. Die rechtlichen Grenzen sind in §§ 74 ff. Handelsgesetzbuch (HGB) geregelt: Die Dauer des Wettbewerbsverbots darf zwei Jahre nicht übersteigen, und es muss eine Karenzentschädigung von mindestens 50 % der zuletzt bezogenen Vergütung während der Laufzeit vereinbart werden.Außerdem muss der räumliche und inhaltliche Umfang des Wettbewerbsverbotes die berechtigten Interessen des Arbeitgebers widerspiegeln. Ist ein Unternehmen nur national tätig, wäre ein Wettbewerbsverbot, das eine Tätigkeit beim Wettbewerber weltweit untersagt, zu weitreichend und in Folge unverbindlich. Das heißt, der Arbeitnehmer kann sich aussuchen, ob er sich daran halten möchte oder nicht.Die gesetzlichen Vorschriften der §§ 74 ff. HGB gelten allerdings nur für Arbeitnehmer. Bei Vorständen und Geschäftsführern ist die Rechtslage etwas anders: Hier wird das Wettbewerbsverbot lediglich an den Grenzen der Sittenwidrigkeit nach § 138 BGB gemessen. Da die Rechtsprechung hier bisher nur partiell die Grenzen abgesteckt hat, bewegen sich Vorstände auf einem unsicheren Feld, so dass sich viele Unternehmen auch bei Wettbewerbsabreden mit Organen an den §§ 74 ff. HBG orientieren.Ein Wettbewerbsverbot gibt dem Arbeitgeber also einen – zumindest vorübergehenden – Schutz davor, dass der Arbeitnehmer sein Wissen zur Konkurrenz trägt. Das allerdings zu einem hohen Preis. Aus diesem Grund findet man in der Praxis häufig Klauseln, die einer rechtlichen Überprüfung nicht standhalten und dies ganz bewusst. Aus Arbeitgebersicht ist dies typischerweise eine Klausel ohne jegliche oder mit einer geringeren Karenzentschädigung als 50 % der Vergütung. Hier herrscht die Hoffnung, der Mitarbeiter werde sich aus moralischen Gründen zu vertragskonformen Verhalten entscheiden und sich verpflichtet sehen, nicht zum Wettbewerber zu gehen.Als Unternehmer sollte man sich daher gut überlegen, für welchen Mitarbeiterkreis ein Wettbewerbsverbot wirklich erforderlich ist. Denn ist das Wettbewerbsverbot einmal vereinbart, wird man es so schnell nicht wieder los.Und dass es mindestens genauso oft den umgekehrten Fall gibt, lehrt die Praxis. Anwälte werden regelmäßig von der Arbeitgeberseite gefragt, wie man sich von einem Wettbewerbsverbot lösen kann: Man möchte sich von dem Mitarbeiter trennen, weil er nicht den Erwartungen entspricht, einem Wechsel des Mitarbeiters zum Wettbewerber sieht man dann oft sehr gelassen entgegen. Also braucht man keine Wettbewerbsabrede, und dafür zahlen möchte man schon gar nicht. Zu spät? Das kommt darauf an. Der Arbeitgeber hat grundsätzlich bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses ohne die Zustimmung des Mitarbeiters die Möglichkeit, durch einseitige Erklärung auf das Verbot zu verzichten. Die Folge eines Verzichtes ist, dass der Arbeitnehmer sofort, das heißt mit Zugang der Erklärung, von der Verpflichtung frei wird – der Arbeitgeber dagegen erst ein Jahr später. Kein VerzichtsrechtAus Sicht des Arbeitnehmers ist ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot auch nur auf den ersten Blick vorteilhafter. Er ist zwar finanziell abgesichert, ohne eine Gegenleistung erbringen zu müssen. Aber unter Umständen kann der Preis teuer erkauft sein. Je nach Branche kann eine Unterbrechung der Aktivität im Markt für den Arbeitnehmer sogar das komplette Aus bedeuten, weil er den Anschluss an die Branche und Entwicklungen im Markt nicht halten kann. Ein Verzichtsrecht steht dem Arbeitnehmer grundsätzlich nicht zu. Von daher sollten sich beide Seiten gründlich überlegen, ob sie eine Wettbewerbsklausel unterschreiben.Übrigens ist auch für den neuen Arbeitgeber die Bindung des Neuzugangs an eine Wettbewerbsabrede höchst unerfreulich. Beschäftigt er den Arbeitnehmer trotzdem, riskiert er eine rechtliche Auseinandersetzung mit dem Altarbeitgeber. Nicht jeder Arbeitgeber ist bereit – wie offensichtlich VW im Falle von Andreas Renschler -, auf den Mitarbeiter zu warten.—-*) Stefanie Prehm ist Partnerin bei der Luther Rechtsanwaltsgesellschaft und Fachanwältin für Arbeitsrecht.