Seehäfen dringen auf deutlich mehr Mittel für Infrastruktur
Seehäfen dringen auf deutlich mehr Mittel für Infrastruktur
Verbandspräsidentin Titzrath fordert 500 Mill. Euro jährlich vom Bund und konkrete Pläne von nächster Regierung in Berlin
ste Hamburg
Die deutschen Seehäfen haben drei Monate vor der am 23. Februar geplanten Bundestagswahl ihre Forderung nach einem deutlich stärkeren Engagement des Bundes für die Hafeninfrastruktur erneuert. Die vom Bund zu leistende Grundfinanzierung der Seehäfen für die Sanierung veralteter Anlagen oder den Bau neuer Flächen für Offshore-Windräder oder Wasserstoffimportterminals müsse von dem seit 14 Jahren unveränderten Zuschuss von 38 Mill. Euro pro Jahr auf 500 Mill. Euro steigen, sagte Angela Titzrath, Präsidentin des Zentralverbandes der deutschen Seehafenbetriebe (ZDS), anlässlich der Jahrespressekonfrenz des Verbandes in Hamburg.
"Wir erwarten nachdrücklich, dass sich dieser Aufwuchs auch im Koalitionsvertrag einer neuen Regierung im Frühjahr wiederfinden muss.“ Wer Infrastruktur verfallen lasse, der schade der Volkswirtschaft und nachfolgenden Generationen, so Titzrath, die auch Vorstandsvorsitzende des mehrheitlich von der Stadt Hamburg getragenen Hamburger Hafenlogistikkonzerns HHLA ist. Die Hafeninfrastruktur mit Kaimauern und Hafenbahn befinde sich überwiegend in staatlicher Hand bei Küstenländern oder in kommunaler Verantwortung. Diese seien aber mit der künftigen Anforderung finanziell überfordert, zumal die Häfen bundesweite Bedeutung hätten.
Strategische Bedeutung
Titzrath hob die strategische Bedeutung der Seehäfen hervor und verwies auf deren Rolle bei der Versorgung von Wirtschaft und Verbrauchern, bei der Energieversorgung sowie bei sicherheitspolitischen Fragen. „Wir können uns keine Politik leisten, die den gesellschaftlichen Wert einer Sache erst dann erkennt, wenn sie nicht mehr funktioniert.“ Das gelte besonders auch für die deutschen Seehäfen.
Die von der unlängst zerbrochenen Ampel-Koalition in Berlin beschlossene nationale Hafenstrategie erkenne den höheren Finanzierungsbedarf zwar an, konkrete Maßnahmen ließen aber auf sich warten. Die Zukunft Deutschlands entscheide sich auch in den Seehäfen, sagte Titzrath. „Wir brauchen gerade bei der Gretchenfrage der Seehafenfinanzierung eine schnelle Einigung und konkrete Pläne in den Wahlprogramen und später im Vertrag einer neuen Koalition in Berlin.“ Bei der auskömmlichen Finanzierung von Verkehrswegen und Hafeninfrastruktur gehe es um einen „Grundauftrag staatlichen Handelns“.
Besorgt wegen Protektionismus
Neben dem konjunkturabhängigen Warenumschlag, der in den deutschen Seehäfen im ersten Halbjahr 2024 mit rund 136,3 Millionen Tonnen verglichen mit dem Vorjahr stagnierte, äußerte sich die ZDS-Präsidentin besorgt über aktuelle politische Entwicklungen. In vielen Ländern sei ein Rückfall in den Protektionismus und eine Rückorientierung auf vermeintliche nationale Stärke zu beobachten. Die Antwort auf wirtschaftliche Probleme liege aber nicht in der Abschottung.
Gerade der freie Wirtschaftsverkehr schaffe und sichere Wohlstand. „Wir müssen Hemmnisse abbauen und neu verhandelte Freihandelsabkommen wie etwa mit Indien und Lateinamerika vorantreiben“, sagte Titzrath. Leichtfertig verhängte Sonderzölle wie gegenüber Elektroautos aus China schadeten nicht zuletzt der eigenen Wirtschaft immens.
Mehr Mittel für die HHLA
Derweil bahnt sich der in Hamburg umstrittene Einstieg des weltgrößten Reedereikonzerns MSC bei der HHLA an. Es lägen alle regulatorischen Freigaben für die Minderheitsbeteiligung von 49,9% vor, teilte der Hafenkonzern mit. Mit dem Erlös aus der Transaktion, die bis Jahresende vollzogen werden soll, und einer Kapitalerhöhung durch MSC sollen ohne zusätzliches Steuergeld Investitionen von fast einer halben Mrd. Euro in die Modernisierung der HHLA ermöglicht werden.