SGL stellt Sparte Carbonfasern zum Verkauf
SGL stellt Carbonfaser-Sparte zum Verkauf
Kohlefaserspezialist sucht strategische Optionen nach Einbruch der Windindustrie
hek Frankfurt
Die Ankündigung des Kohlefaserspezialisten SGL Carbon, das kriselnde Geschäft mit Carbonfasern auf den Prüfstand zu stellen, stößt an der Börse auf Wohlwollen. Nach einem kurzen Kurssprung im frühen Handel notierte die Aktie am Montag im Handelsverlauf 2 bis 3% im Plus. Mit der Suche nach einem Käufer oder Partner will SGL der Sparte neue Perspektiven eröffnen.
Der Kollaps der Windindustrie setzt dem Geschäftsbereich schwer zu. Der Umsatz brach in den ersten drei Quartalen 2023 um ein Drittel auf 179,6 Mill. Euro ein. Das Ergebnis rutschte vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen sowie bereinigt um Sonderfaktoren von +27,9 Mill. Euro im Vorjahreszeitraum auf −10,9 Mill. Euro in den roten Bereich (ohne Ergebnis aus Joint Ventures). Damit stellen die Carbonfasern nur noch 21,9% des Konzernumsatzes der ersten neun Monate 2023, nach 31,5% im Vorjahreszeitraum. Im vierten Quartal hat die Sparte nach Angaben aus einem Analystenbericht 45 Mill. Euro erlöst – weniger als im Durchschnitt der ersten drei Quartale.
Mehr Widerstandskraft
Ein Ausstieg würde die Marge erhöhen und das Geschäftsmodell widerstandsfähiger machen, kommentiert die Investmentbank Stifel. Beides wirke sich positiv auf die Aktienbewertung aus. Die Carbonfaser-Investitionen zusammen mit BMW hätten sich nicht ausgezahlt.
Das Geschäftssegment verkörperte einst die Zukunftshoffnung des in Wiesbaden ansässigen Unternehmens. Kernthema waren ultraleichte Karosserien für Elektroautos. Die Carbonfaser-Wertschöpfungskette und -Kapazität wurde seinerzeit aufgebaut, um BMW zu beliefern. Der Autobauer stieg 2011 sogar bei SGL ein, um die Geschäftsbeziehung über die Beteiligung der eigenen Großaktionärin Susanne Klatten hinaus abzusichern und den Konkurrenten VW auszubremsen, der zuvor eingestiegen war. Doch das Fertigungskonzept erwies sich als aufwendig und teuer. BMW setzt bei den E-Auto-Modellen wieder auf Stahlkarosserien. Die Münchener nahmen den i3 nach neun Jahren vom Markt, der Vertrag mit SGL lief im Juni 2022 aus.
Strukturelle Schwächen
Die Lücke wollte SGL eigentlich mit Aufträgen der Windradhersteller füllen. Doch die Erwartung, dass die Windindustrie infolge des Green Deals der EU vor einem veritablen Aufschwung steht, hat bisher getrogen. Hinzu kommen offenbar strukturelle Schwächen im Geschäft mit Carbonfasern. SGL stellt nämlich klar, dass selbst bei einem Anziehen der Nachfrage "zusätzliche Ressourcen" benötigt würden, um wettbewerbsfähig zu bleiben.
"Wir suchen einen Partner oder neuen Eigentümer, der die notwendigen Ressourcen bereitstellen kann, um das Carbon-Fibers-Geschäft weiterzuentwickeln", sagt Firmenchef Torsten Derr. Im Falle eines Verkaufs würden SGL das größte Segment Grafitlösungen und die beiden kleineren Segmente Prozesstechnologie und Verbundlösungen bleiben.