RECHT UND KAPITALMARKT - IM INTERVIEW: CARSTEN FISCHER

Shadow Banking heißt jetzt Eltif

Auch gesunde Unternehmen offen für alternative Finanzierungsformen

Shadow Banking heißt jetzt Eltif

– Herr Dr. Fischer, nach der Regulierung der Alternative Investment Fund Manager (AIFM) wartet die Europäische Kommission mit der Schaffung und gleichzeitigen Harmonisierung eines neuen Fondstyps auf – dem European Long-Term Investment Fund, kurz Eltif. Was verbirgt sich hinter diesem neuen Fondstyp?Mit dem Eltif versucht die Kommission mehreren Folgen der Finanzmarktkrise entgegenzuwirken. Zum einen soll ein neuer Fondstyp für Investoren mit langem Anlagehorizont geschaffen werden. Hierbei denkt die Kommission insbesondere an Versicherer und Pensionseinrichtungen. Über die spezifischen Anlageklassen, in die ein Eltif investieren darf, soll erreicht werden, dass den Anlegern langfristige und stabile Erträge zufließen. Hierdurch soll teilweise die Staatsanleihe als Fixed-Income-Kapitalanlage ersetzt werden.- Und zum anderen?Da sieht der Entwurf der Verordnung vor, dass Eltif auch selbst Kredite gewähren und nicht nur bereits gewährte Kredite erwerben dürfen. Ausweislich der Begründung des Entwurfs der Eltif-Verordnung sollen Eltif dazu beitragen, den Unternehmen in der Europäischen Union besseren Zugang zu Finanzierungen aus dem Nichtbankensektor zu verschaffen. Damit könnte der Eltif zum Prototypen einer Schattenbank werden.- Könnte der Eltif sich nach Ihrer Auffassung als Vehikel für Shadow-Banking-Strukturen eignen?Bereits heute gibt es die Möglichkeit Investmentfonds aufzulegen, die ihr Kapital ausschließlich in Unternehmenskredite investieren. Diesen Investmentfonds ist es jedoch verboten, Kredite an Unternehmen auszureichen. Die Kreditgewährung muss also immer durch eine sogenannte Fronting-Bank erfolgen. Dies macht den Prozess oftmals aufwendiger und kostenintensiver. Der Eltif könnte das Darlehen direkt an das Unternehmen ausreichen. Es besteht durchaus ein erhebliches Interesse am Markt, bei Initiatoren wie Anlegern, an einem Vehikel, das über diese Vorteile des Eltif verfügt.- Wie schätzen Sie die Akzeptanz eines solchen Vehikels bei den kreditnehmenden Unternehmen ein?Die uns bekannten Fälle aus der Praxis zeigen, dass auch gesunde Unternehmen einer alternativen Finanzierungsform grundsätzlich offen gegenüber stehen. Als Folge der Finanzmarktkrise ist es in der Regel das Vertrauen in die handelnden Personen, das den Ausschlag gibt. Mit der Schaffung des Eltif verfolgt die EU-Kommission zumindest das Ziel, die europäische Realwirtschaft zu stärken, indem den Unternehmen die Aufnahme von sogenanntem “geduldigen Kapital” zur Finanzierung langfristiger Projekte erleichtert werden soll, insbesondere langlebiger Sachwerte und Infrastrukturprojekte. Wenn ein Unternehmen grundsätzlich Interesse hat, sich über einen Eltif Kapital zu beschaffen, es jedoch einem Kredit durch einen Eltif kritisch gegenüber steht, so könnte ein solches Unternehmen auch ein fremd- oder eigenkapitalähnliches Instrument emittieren, das dann wiederum vom Eltif erworben wird.- Wo würde sich der Eltif im neu geschaffenen Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB) einordnen lassen?Die gute Nachricht ist, der Eltif ist heute dem Grunde nach weitgehend im KAGB berücksichtigt. Sollten die Beschränkungen in der Verordnung so bleiben, dürfte ein Eltif nur als geschlossener Investmentfonds aufgelegt werden. Im Übrigen könnte der Eltif auch als Publikumsfonds aufgelegt werden.- Er könnte somit auch Kleinanlegern angeboten werden?Ja. Betrachtet man die neben den Krediten sonstigen für den Eltif zulässigen Anlagegegenstände wie beispielsweise Eigenkapital- oder eigenkapitalähnliche Instrumente, Schuldtitel, Anteile an anderen Eltif und direkte Beteiligungen an einzelnen Realvermögenswerten – hierzu gehören Immobilien, Schiffe und Flugzeuge -, so entspricht der Eltif in vielen Bereichen den mit dem KAGB geschaffenen geschlossen, regulierten Investmentfonds.- Was ist dann neu?Neu ist jedoch, dass der Vertrieb der Fondsanteile am Eltif unter Verwendung eines EU-Passes europaweit auch an Kleinanleger zulässig sein soll. Insgesamt könnte der Eltif mit einigen wenigen Ergänzungen als weiterer Unterfall des sogenannten alternativen Investmentfonds (AIF) in das KAGB aufgenommen werden.—-Dr. Carsten Fischer ist Partner der Kanzlei Dechert in Frankfurt. Die Fragen stellte Walther Becker.