Siemens Energy profitiert von kräftigem Rückenwind
Siemens Energy profitiert von kräftigem Rückenwind
Der Vorstand hebt zum Halbjahr die Umsatzprognose wegen hoher Nachfrage stark an – Aktienkurs steigt um 13 Prozent – Auftragsbestand auf Rekordhöhe
Siemens Energy erhält mehr Aufträge von Kunden als erwartet. Der Vorstand erhöht daher zur Vorlage der Halbjahreszahlen die Prognosen für das Geschäftsjahr 2023/2024 deutlich. Die Sanierung des Windgeschäfts wird unter neuer Führung angegangen. Der Aktienkurs von Siemens Energy steigt stark.
mic München
„Wir sehen eine deutlich gestiegene Nachfrage auf dem Elektrizitätsmarkt“, sagte Vorstandsvorsitzender Christian Bruch zur Vorlage der Halbjahreszahlen. Dieser Anstieg übertreffe die Prognosen, die das Management auf dem Kapitalmarkt im November präsentiert habe.
Datencenter treiben Nachfrage
In der Folge kletterte der Auftragsbestand auf den Rekordwert von 119 Mrd. Euro. Obwohl der Auftragseingang im zweiten Quartal wegen des Verkaufsstopps von Onshore-Turbinentypen von der Windkrafteinheit Siemens Gamesa um 22% sank, landete das Verhältnis von Auftragseingang zu Umsatz im elften Quartal in Folge über 1. „Das ist schon wirklich besonders im Moment“, so der Kommentar von Bruch. Er kündigte an, dass Gamesa die Windturbine 4.X bis Ende des laufenden Geschäftsjahres wieder zum Verkauf anbieten werde. Anschließend folge mit der 5.X das zweite Modell, das wegen Qualitätsmängeln vom Markt genommen worden war.
Bruch begründete den Nachfrageboom nicht nur mit der Erholung mancher Volkswirtschaften nach der Konjunkturabschwächung und der erwarteten Energiewende-Transformation. „Es geht jetzt wirklich auch um Stromwachstum“, sagte der Siemens-Energy-Chef. Beispielsweise hätten Datenzentren einen hohen Bedarf an zusätzlichem Strom: „Das ist stärker, als wir das noch vor einem Jahr gesagt haben.“ Der Aktienkurs von Siemens Energy hat sich seit dem Tiefstand im Oktober 2023 mehr als verdreifacht. Nach Veröffentlichung der Quartalszahlen legte die Aktie auch am Donnerstag weiter zu auf mehr als 23,30 Euro.
Mehr Geld in der Kasse
Die Börse honorierte damit auch die Geschäftsentwicklung im zweiten Quartal, die deutlich über den Erwartungen der Analysten lag. Finanzvorständin Maria Ferraro strich denn auch heraus: „Die starke Entwicklung des ersten Quartals hat sich im zweiten Quartal fortgesetzt.“ Während der Umsatz um 3,7% auf 8,3 Mrd. Euro zulegte, sprang die operative Marge von 0,8 auf 6,1% dank exzellenter Ergebnisse der Sparten Grid Technologies (Marge 23,2%) und Gas Services (Marge 14,3%) – teils begünstigt durch positive Währungseffekte.
„Aufgrund der starken Geschäftsentwicklung im ersten Halbjahr hat Siemens Energy den Ausblick für das Geschäftsjahr 2024 angehoben“, erklärte Bruch. Vergleichbarer Umsatz, operativer Gewinn vor Sondereffekten und Cashflow sollen nun teils stark besser ausfallen. Nur der Nettogewinn wird der Prognose zufolge unverändert 1 Mrd. Euro betragen. In dieser Position dürfte das Management die Kosten des angekündigten Eindampfens des Windkraftgeschäfts samt Stellenabbau einkalkuliert haben.
Besonders ausgeprägt ist die Anhebung bei der Umsatzprognose ausgefallen. Die Erlöse sollen nun vergleichbar (ohne Währungsumrechnungs- und Portfolioeffekte) um 10 bis 12% (bisher 3 bis 7%) wachsen. Dies wird von Grid Technologies (32 bis 34% statt zuvor 18 bis 22%), aber auch von Siemens Gamesa getragen (10 bis 12% statt 0 bis 4%). Im ersten Halbjahr erreichte Siemens Energy ein Umsatzplus von 8%.
Das Ziel für die Profitabilität wird lediglich präzisiert. Die Ergebnis-Marge vor Sondereffekten wird nun zwischen −1 und 1 erwartet, bisher hatte der Vorstand im schlechteren Fall auch eine Marge von lediglich −2% für möglich gehalten. Die hohen Kundenanzahlungen führen dazu, dass das Management nun einen positiven Free Cashflow von bis zu 1,0 Mrd. Euro einkalkuliert statt eines Abflusses von 1,0 Mrd. Euro.
Grid Technologies boomt
Der Vorstand rechnet für drei der vier Sparten mit einer unveränderten Marge vor Sondereffekten, nur Grid Technologies wird mehr zugetraut. Die Rendite soll nun 8 bis 10% (zuvor 7 bis 9%) betragen. Die Sparte steigerte im zweiten Quartal den Auftragseingang um 27% auf 3,7 Mrd. Euro. Damit betrug des Verhältnis von Umsatz zu Auftragseingang 1,7. Der Bestand der Order kletterte auf den Rekordwert von 30 Mrd. Euro. Die Sparte profitiere nicht nur vom Produktgeschäft, sondern auch von mehr Netzlösungsaufträgen, hieß es. Das Ergebnis vor Sondereffekten wurde mehr als verdoppelt, auch wegen eines M&A-Gewinns.