Bilanzvorlage

Siemens kämpft weiter mit Automatisierungsgeschäft

Siemens will im laufenden Geschäftsjahr trotz Rezession auf Wachstumskurs bleiben. Jedoch zeigt der Münchner Konzern zwei Gesichter: Der Gegenwind für Digital Industries bleibt in der ersten Jahreshälfte stark, so dass der Konzern einen Stellenabbau ankündigte. Der Aktienkurs stieg in der Spitze um 9%.

Siemens kämpft weiter mit Automatisierungsgeschäft

Siemens kämpft weiter mit Automatisierungsgeschäft

Vorstand rechnet mit schwachem ersten Quartal von Digital Industries – Konzern aber im Gesamtjahr auf Wachstumskurs – Investoren zeigen sich angetan

Siemens will im laufenden Geschäftsjahr trotz Rezession auf Wachstumskurs bleiben. Jedoch zeigt der Münchner Konzern zwei Gesichter: Der Gegenwind für Digital Industries bleibt in der ersten Jahreshälfte stark, so dass der Konzern einen Stellenabbau ankündigte. Der Aktienkurs stieg in der Spitze um 9%.

mic München

Siemens will den Umsatz im angelaufenen Geschäftsjahr auf vergleichbarer Basis um bis zu 7% steigern, erklärte Finanzvorstand Ralf Thomas in der Jahrespressekonferenz für das Geschäftsjahr 2023/2024 (30. September). Als Untergrenze gelten 3%: „Unser Ausblick spiegelt unser Vertrauen in weiterhin wertsteigerndes Wachstum wider, trotz der unterschiedlichen Marktbedingungen für die einzelnen Geschäfte."

Tatsächlich zeigt der Konzern zwei unterschiedliche Gesichter. Die Veränderung des Umsatzes von Digital Industries soll sich in einer Bandbreite von –6 bis +1% (im Vorjahr -8%) bewegen. Smart Infrastructure soll dagegen um 6% bis 9% (i.V. 9%) wachsen, Mobility erwartet einen Umsatzanstieg in der Bandbreite zwischen 8 und 10% (i.V. 9%).

Zurückhaltender als die Umsatzerwartung für den Konzern formuliert Siemens die Gewinnprognose. Das Ergebnis je Aktie vor Effekten aus der Kaufpreisallokation kann auch sinken, und zwar von 10,54 Euro je Aktie (ohne Effekte aus der Siemens-Energy-Beteiligung) auf 10,40 Euro. Allerdings ist auch ein Anstieg auf 11,00 Euro möglich. Dieses Ziel versteht sich ohne Berücksichtigung des Gewinns aus dem Verkauf von Innomotics, der im ersten Quartal voraussichtlich 2 Mrd. Euro betragen wird.

Rekordgewinn erreicht

Im vergangenen Geschäftsjahr bekam Siemens die Bremsspuren der Konjunktur rund um den Globus deutlich zu spüren. Das Automatisierungsgeschäft sei herausfordernd geblieben, kommentierte Vorstandsvorsitzender Roland Busch. Zugleich zeigte er sich sehr zufrieden mit den Ergebnissen: „In einem erneut erfolgreichen Geschäftsjahr haben wir einen Rekordgewinn erzielt und unsere Strategie konsequent umgesetzt.“

Auftragseingang sinkt

Der vergleichbare Umsatzanstieg (bereinigt um Währungsumrechnungs- und Portfolioeffekte) betrug im vergangenen Geschäftsjahr lediglich 3%, nachdem im Vorjahr 11% erzielt worden waren und für die Periode 2023/2024 eigentlich ein Wert zwischen 4 und 8% erreicht werden sollte. Der vergleichbare Auftragseingang ging im vergangenen Jahr sogar um 4% zurück.

Die Profitabilität konnte allerdings erneut gesteigert werden. Das Ergebnis je Aktie, bereinigt um Kaufpreiseffekte und Effekte aus der Siemens-Energy-Beteiligung, hatte der Konzern im vergangenen Geschäftsjahr von 9,93 Euro je Aktie auf 10,54 Euro erhöht – inklusive der Siemens-Energy-Effekte sind es 11,15 Euro. Der Gewinn nach Steuern erreichte den Rekordwert von 9,0 Mrd. Euro (im Vorjahr: 8,5 Mrd. Euro). Im operativen Geschäft stieg das Ergebnis um 1% auf 11,4 Mrd. Euro. Die Marge dieses sogenannten Industriellen Geschäfts verharrte auf dem Niveau von 15,5%.

Smart Infrastructure glänzt

Im angelaufenen Turnus ist die Sparte Smart Infrastructure weiterhin als Ergebnistreiber eingeplant. Sie soll eine Marge von 17 bis 18% erreichen, nachdem sie im abgelaufenen Geschäftsjahr bereits auf den Rekordwert von 17,3% gestiegen war. Für das angelaufene erste Quartal (31. Dezember) prognostizierte Thomas eine Marge auf dem Vorjahresniveau von 16,4%. Die Umsatzveränderung soll im Prognosekorridor liegen. Die Sparte wird auf ihrem Kapitalmarkttag am 12. Dezember neue Mittelfristziele formulieren.

Mobility wird sich der Margenplanung zufolge im Gesamtjahr ebenfalls möglicherweise seitwärts bewegen. Das Ziel beträgt 8 bis 10% nach 8,9% im vorherigen Geschäftsjahr. Umsatz und Marge sollen im ersten Quartal in der Bandbreite der Jahresprognosen landen.

Hoher Lagerbestand in China

Die Schwächeperiode der Sparte Digital Industries dagegen wird auch auf der Ergebnisseite anhalten. Nachdem die Marge im vergangenen Jahr auf 18,9% gesunken ist, peilt das Management nun einen Wert von 15 bis 19% an. Thomas erklärte, eine substanzielle Verbesserung werde nicht vor der zweiten Hälfe des laufenden Geschäftsjahres eintreten.

Der Finanzvorstand warnte, die Sparte werde einen sehr verhaltenen Start in das Geschäftsjahr haben. Der Umsatz werde im niedrigen Zehnprozentbereich sinken. Im Gespräch mit Analysten fügte er hinzu, im ersten Quartal könne die Marge sogar zwei Prozentpunkte niedriger als die Untergrenze der Jahresprognose ausfallen und damit bei 13% liegen.

Die Wachstumsdynamik sei insbesondere im Maschinenbau und in der Automobilindustrie gedämpft, sagte Thomas. Regional gesehen werde der Lagerabbau in China eine Weile dauern. Busch kündigte einen Abbau von 1.000 bis 5.000 Stellen weltweit an. Der Konzern plane im laufenden Jahr mit Kosten für Abfindungen von 350 bis 450 Mill. Euro, sagte Thomas, und zwar schwerpunktmäßig in der Sparte Digital Industries.

Siemens setzte seine Ankündigung um, trotz des 10-Mrd.-Dollar-Kaufs des US-Konzerns Altair die Dividende zu erhöhen. Sie wird demnach von 4,70 Euro je Aktie auf 5,20 Euro steigen.

Siemens startet Unternehmensprogramm "One Tech Company"

Siemens will zügiger als bisher expandieren. Mit dem Programm „One Tech Company“ werde man den Konzern auf Wachstum ausrichten, sagte Vorstandsvorsitzender Roland Busch auf der Jahrespressekonferenz: „Denn wir sind an einem Wendepunkt.“ Technologien veränderten die Welt immer schneller. Außerdem verschöben sich die Märkte, es gebe mehr Wettbewerb wie etwa in China.

„One Tech Company“ (Siemens selbst schreibt „One“ in Versalien) zielt im Kern auf eine erhöhte Effizienz. Ein festes Zieldatum für die Abarbeitung des Programms gibt es nicht. Busch nannte drei Themen, die das Programm enthält – benannt nach den „Wegen“ bzw. „Tracks“ zu den Zielen.

Orientierung an Software-Spezialisten

Unter dem Label „Foundational Tracks“ wolle Siemens Prozesse, Strukturen und Systeme optimieren, sagte Busch. Das Softwaregeschäft solle skaliert werden, so wie es spezialisierte Softwareunternehmen machten.

Der zweite Weg läuft unter „Investment Tracks“. Siemens werde das Kapital noch fokussierter in Wachstumsfelder investieren. Es gehe um bestehende Geschäfte und auch Akquisitionen. Als „Productivity Tracks“ bezeichnete Busch die digitale Transformation: „Wir führen neue IT-Werkzeuge ein, um unsere Abläufe zu optimieren.“