SIG bleibt Tetra Pak auf den Fersen
dz Zürich
Das in Neuhausen am Rheinfall ansässige Verpackungsunternehmen SIG Combibloc sucht neue Wachstumsfelder. Zu diesem Zweck übernimmt der Konzern vom US-Mitbewerber Evergreen dessen Asien-Geschäft. Den Wert der Akquisition beziffert SIG mit 335 Mill. Dollar. Das ist kein Riesen-Deal für die Schweizer, deren Börsenwert 8,5 Mrd. sfr beträgt. Doch die Investoren haben die angekündigte Transaktion auffallend freundlich aufgenommen. Der Aktienkurs legte am Mittwoch 1,7% auf 24,5 sfr zu, denn die Übernahme verspricht mehr Wachstum in einem neuen Feld.
SIG Combibloc verkauft Verpackungslösungen für keimfreie Getränke, die während zwölf Monaten ungekühlt gelagert werden können. Das Geld verdient SIG nicht nur mit den selbst hergestellten Abfüllmaschinen, von denen in über 60 Ländern weit mehr als 1000 in Betrieb sind. Eine zentrale Ertragsquelle ist das Material für die Verpackungen, die einen festen Bestandteil der Verpackungslösung bilden. Die nach Kundenbedarf zugeschnittenen Kartonmäntel und Verschlüsse werden zusammen mit den Maschinen in mehrjährigen Liefer- und Serviceverträgen verkauft.
Das Geschäftsmodell ist überaus stabil, zumal die Endkunden von SIG Combibloc fast durchweg aus der Lebensmittelbranche stammen. Seit SIG im Herbst 2018 nach einer mehr als zehnjährigen Odyssee durch die Hände verschiedener Finanzinvestoren via Börsengang an der Six Swiss Exchange wieder zur Publikumsgesellschaft wurde, hat sich der Kurs nahezu verdoppelt. Von der Pandemie blieb SIG weitgehend verschont.
Nun will die Firma in Asien in den Markt für Frischprodukte einsteigen. Im Vordergrund steht die Verpackung von Frischmilch, die offenbar vor allem in China immer stärker nachgefragt wird. Während sich die Abfüllmaschinen für uperisierte Milch, wie sie SIG seit langem verpackt, und für Frischmilch kaum unterscheiden, gibt es beim Prozess und beim Verpackungsmaterial große Unterschiede. Die keimfreie Abfüllung stellt hohe Anforderungen an die hygienischen Verhältnisse, und das Material muss nach der Abfüllung weitestgehend vor äußeren Einflüssen wie Licht geschützt werden.
SIG lässt sich diese Leistung teuer bezahlen. Der Konzern erwirtschaftete 2020 mit einem Umsatz von 1,8 Mrd. Euro einen Betriebsgewinn (Ebtda) von 498 Mill. Euro. Die zu übernehmende Evergreen-Tochter kommt mit einem Umsatz von 160 Mill. Dollar und einem Betriebsgewinn von 28 Mill. Dollar auf eine deutlich geringere Marge. Diese Margenverwässerung ist für SIG-Chef Samuel Sigrist aber offensichtlich kein Problem. Er gewichtet die Chancen, einen neuen Wachstumsmarkt zu erschließen, höher als den Nachteil der dafür nötigen kleineren Übersetzung. Das ist freilich nicht verwunderlich, denn im angestammten Geschäft ist es für SIG gar nicht einfach, viele neue Kunden zu gewinnen. Die Schweizer haben hier einen Weltmarktanteil von etwa 25%, während die direkte Konkurrentin Tetra Pak, die zum schwedischen Laval-Konzern gehört, rund zwei Drittel des Weltmarktes beherrscht. Die Tetra-Pak-Gründer mit ihrer Haldor Foundation sind mit fast 10% aller Aktien bei SIG die größten Aktionäre.