Signa Retail setzt Galeria auf Verkaufsliste
Signa Retail setzt Galeria auf Verkaufsliste
Schweizer Gesellschaft beantragt Gläubigerschutz – Rund 5 Mrd. Euro Verbindlichkeiten bei der insolventen Signa Holding
hek Frankfurt
Die Insolvenz der Signa Holding des österreichischen Immobilientycoons René Benko kann einschneidende Folgen für den deutschen Kaufhauskonzern Galeria haben. Der in der Schweiz ansässige Galeria-Eigentümer Signa Retail Selection hat nämlich bei Gericht Gläubigerschutz beantragt. Ziel sei, sich von der Muttergesellschaft abzukoppeln und dann die Retail Selection geordnet zu liquidieren, teilt das Unternehmen mit. Damit steht der aus dem Zusammenschluss von Karstadt und Kaufhof entstandene Galeria-Konzern zum Verkauf.
Die Frage ist nur, wie groß das Kaufinteresse ist. Denn Galeria, die aus dem Zusammenschluss von Karstadt und Kaufhof entstand, kämpft seit Jahren mit finanziellen Problemen und hat in kurzer Zeit gleich zwei Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung durchlaufen. Als potenzieller Kandidat kann die Central Group des thailändischen Unternehmers Tos Chirathivat gelten. Signa und Central machen bereits bei den KaDeWe-Luxuskaufhäusern und der britischen Luxuskette Selfridges gemeinsame Sache. Die Schweizer Handelskette Globus gehört ihnen je zur Hälfte.
Rote Zahlen
Im Ende September abgeschlossenen Geschäftsjahr 2022/23 hat Galeria rote Zahlen geschrieben. Dass die von Signa zugesagte Kapitalzufuhr von 200 Mill. Euro noch in voller Höhe fließt, ist kaum anzunehmen. Der Wirtschaftsprofessor Gerrit Heinemann von der Hochschule Niederrhein in Mönchengladbach warnt vor den Folgen: "Nach dem Weihnachtsgeschäft wird sich zeigen, ob Galeria überlebt." Der Konzern vereint die Reste der einstigen Kaufhausherrlichkeit mit Karstadt, Kaufhof Horten und Hertie.
Mit dem Gläubigerschutz will Signa Retail verhindern, in den Sog der Insolvenz der Signa Holding zu geraten. "Dieser Schritt ermöglicht es Verwaltungsrat und Geschäftsleitung in Zusammenarbeit mit dem Sachwalter, das Geschäft eigenverantwortlich und unabhängig von den Insolvenzen der restlichen Signa-Gruppe geordnet und transparent abzuwickeln", sagt Verwaltungsratspräsident Christian Wenger. Mit der sogenannten Nachlassstundung kann ein Unternehmen ein Konkursverfahren vermeiden. Möglich ist auch ein teilweiser Schuldenerlass.
KaDeWe-Chef gelassen
In der Retail Selection hat Signa operative Beteiligungen an europäischen Handelsunternehmen gebündelt, darunter Galeria, nicht aber die Anteile an Globus und KaDeWe und auch nicht dazugehörige Immobilien.
Der Geschäftsführer der KaDeWe Group, Michael Peterseim, blickt gelassen auf die Insolvenz der Signa Holding. "Häufig wird übersehen, dass wir einen klaren Hauptgesellschafter haben. Der heißt Central Group und steht hinter uns", sagt der Firmenchef dem "Tagesspiegel". Der thailändische Handelskonzern habe kürzlich versichert, dass er in Europa im Luxuswarensegment alles tun werde, um das KaDeWe und die anderen Häuser zu stützen. Die Schwierigkeiten der Signa Holding hätten keine Auswirkungen auf KaDeWe, versichert Peterseim. Signa sei Minderheitsgesellschafter und bei strategischen und operativen Fragestellungen nicht gefragt. Neben dem Luxuskaufhaus in der Tauentzienstraße in Berlin gehören zwei Kaufhäuser in Hamburg und München zu KaDeWe.
Rund 5 Mrd. Euro Verbindlichkeiten
Zum Sanierungsverwalter der Signa Holding hat das Handelsgericht Wien den Rechtsanwalt Christof Stapf von der Kanzlei Stapf Neuhauser bestellt. Sein Stellvertreter ist Michael Neuhauser. Nach Angaben des Alpenländischen Kreditorenverbands sind 42 Dienstleister und 273 Gläubiger von der Insolvenz betroffen. Die Gesamtverbindlichkeiten beliefen sich auf rund 5 Mrd. Euro.
Damit ist Signa Holding die bislang größte Insolvenz in Österreich, gefolgt von der Alpine-Gruppe aus Wien mit 3,5 Mrd. Euro. Laut dem Antrag verfüge die Schuldnerin über Aktiva mit 2,77 Mrd. Euro Buchwert, doch als Liquidationswert würden lediglich 314 Mill. Euro angesetzt, teilt der Kreditorenverband weiter mit. Die erste Gläubigerversammlung wurde für 19. Dezember anberaumt.
Massiver Vertrauensverlust
Der österreichische Kreditschutzverband von 1870 hält der Signa-Gruppe vor, dass sie in den vergangenen Monaten durch die "sehr eingeschränkte Kommunikation nach außen" massiv an Vertrauen eingebüßt habe. Die wesentlichen Gesellschaften der Gruppe erhielten schon längere Zeit keine Bonitätsbewertung des Verbands mehr.
Insgesamt stünden 390 österreichische Unternehmen in Zusammenhang mit Signa, großteils Projektfirmen. „Aus heutiger Sicht ist es seriös nicht einschätzbar, ob weitere Gesellschaften der Signa-Gruppe einen Insolvenzantrag stellen werden und es zu einem Dominoeffekt kommt“, sagt Karl-Heinz Götze, Leiter Insolvenz beim Kreditschutzverband.
SportScheck insolvent
Inzwischen ist auch der zur Signa Holding gehörende Sportartikelhändler SportScheck zahlungsunfähig und kündigt Insolvenzantrag beim Amtsgericht München an. Das Unternehmen steht für 350 Mill. Euro Jahresumsatz. Die im Herbst angekündigte Übernahme durch den britischen Modehändler Frasers Group werde erst einmal nicht vollzogen, doch halte Frasers weiter an den Übernahmeplänen fest, teilt SportScheck mit. Weitere potenzielle Investoren hätten Interesse an einer Übernahme bekundet.
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