Staaten pumpen Milliarden in Chipproduktion
Reuters Hongkong/Tokio/Frankfurt
Der Wettlauf um die technologische Führung bei Computerchips geht in eine neue Runde. Als Reaktion auf das US-Embargo für Hochleistungshalbleiter wolle China der heimischen Branche mit umgerechnet 136 Mrd. Euro unter die Arme greifen, sagten drei mit der Angelegenheit vertraute Personen der Nachrichtenagentur Reuters. Auch Japan will unabhängiger von Importen werden und plant den Aufbau neuer Fertigungsanlagen. Einem Medienbericht zufolge erklärte sich das Land zudem bereit, sich gemeinsam mit den Niederlanden dem US-Embargo gegen China anzuschließen.
Modernisierung als Ziel
Das chinesische Subventionspaket wäre das größte seit fünf Jahren. Es diene vor allem dem Kauf von Anlagen zur Chipproduktion, um die heimische Industrie zu modernisieren, sagten die Insider weiter. Ein weiteres Ziel sei ein Schub für Forschung und Entwicklung. Die größten Nutznießer des Programms seien chinesische Chipausrüster wie Naura, Advanced Micro-Fabrication Equipment und Kingsemi.
In Hongkong verhalf die Aussicht auf staatliche Geldspritzen den Aktien der Halbleiterkonzerne SMIC und Hua Hong, beide mit Sitz in Schanghai, zu Kurssprüngen von 10% bzw. mehr als 17%. Für Letztere war es der größte Tagesgewinn der Unternehmensgeschichte.
Chinas Nachbar Japan will ebenfalls unabhängiger von Chipimporten werden. Daher geht der teilstaatliche Fertiger Rapidus eine Kooperation mit dem US-Technologieriesen IBM ein. Die beiden Konzerne wollen in den nächsten Jahren eine Fertigung für Hochleistungschips aufbauen. Rapidus ist ein Gemeinschaftsprojekt von Technologiefirmen wie Sony und NEC sowie des japanischen Staates. Parallel dazu berichtete die Nachrichtenagentur Bloomberg, die Regierung in Tokio wolle ebenso wie die Niederlande Exporte von Halbleitern sowie Maschinen zu deren Herstellung nach China einschränken. Sie würden sich damit einer Initiative der USA anschließen, die den Zugriff der Volksrepublik auf Hochleistungschips für Anwendungen wie künstliche Intelligenz einschränken soll. In Japan und den Niederlanden sind mit Tokyo Electron und ASML zwei wichtige Chipzulieferer beheimatet.
Im Gespräch mit den USA
Auf den Bericht angesprochen, sagte der japanische Handelsminister Yasutoshi Nishimura, dass die Zusammenarbeit bei der Exportkontrolle in einem Telefongespräch mit der US-Handelsministerin Gina Raimondo eine Rolle gespielt habe. Früheren Aussagen des Handelsministeriums zufolge ist das Land im Austausch mit den USA zu Exportbeschränkungen nach China.
Die Niederlande verbietet ASML seit 2018 die Ausfuhr der jeweils neuesten Generation von Anlagen zur Chipproduktion nach China. Grund hierfür ist die mögliche militärische Nutzung der damit produzierten Halbleiter.
Parallel zum Exportbann schnürten die USA ein 52 Mrd. Dollar schweres Investitionspaket, um die Chipproduktion im eigenen Land zu fördern. In Japan bezifferte Rapidus-Chef Atsuyoshi Koike allein die Ausgaben im Rahmen der Kooperation zwischen seiner Firma und IBM auf umgerechnet mehrere Milliarden Euro.
Die EU beteiligt sich ebenfalls an diesem Wettlauf und rief dazu den 15 Mrd. Euro schweren „European Chips Act“ ins Leben. Unter anderem dank dieser Hilfen entstehen in Magdeburg und Dresden riesige neue Halbleiterfabriken.