Stahlindustrie attackiert Chinaimport

Branchenverband fordert indirekt mehr Strafzölle - Durch US-Protektionismus droht zusätzlicher Druck

Stahlindustrie attackiert Chinaimport

Deutschlands Stahlindustrie fürchtet mögliche neue Handelsschranken im wichtigen Exportland USA. Protektionismus sei die falsche Antwort auf die Herausforderungen für die globale Stahlindustrie, erklärt der Branchenverband – fordert aber zugleich Schutzzölle gegen China.cru Düsseldorf – Europas Stahlindustrie kämpft ums Überleben. Im Mittelpunkt der Strukturkrise steht weiterhin China. So lautet jedenfalls die Einschätzung des deutschen Branchenverbands: “Die chinesische Regierung hat zwar ihre Bemühungen intensiviert”, räumt Hans Jürgen Kerkhoff, Präsident der Wirtschaftsvereinigung Stahl, ein. “Allerdings dürfte sich der überwiegende Teil des Kapazitätsabbaus im Jahr 2016 auf Anlagen beziehen, die ohnehin bereits stillgelegt waren.”Zudem blieben die chinesischen Überkapazitäten mit rund 360 Mill. Tonnen weiterhin auf einem extrem hohen Niveau. Dies erkläre auch, warum die chinesischen Exporte trotz gewachsenen internationalen Drucks im Jahr 2016 kaum gesunken seien. Laut Einschätzung der Wirtschaftsvereinigung Stahl werden die Überkapazitäten in der chinesischen Stahlindustrie auch 2020 noch deutlich über der 300-Mill.-Tonnen-Marke liegen. Besonders kritisch sei, dass China keine Rückführung der hohen Nettoexporte von gegenwärtig knapp 100 Mill. Tonnen plane. “Das G 20-Forum zu Stahlüberkapazitäten muss konkrete Schritte vereinbaren, die zu einer größeren Fairness im internationalen Wettbewerb beitragen. Hier könnte unter deutscher Präsidentschaft ein Schritt nach vorn gemacht werden”, hofft Kerkhoff. Indirekt forderte er weitere Strafzölle der EU auf chinesische Billigimporte: Die multilateralen Gespräche könnten kein Ersatz für die Herstellung fairer Wettbewerbsbedingungen durch einen effektiven Handelsschutz der EU sein. Produktion wächst 2017Die seit Jahren kriselnde Stahlindustrie in Deutschland könnte 2017 wieder etwas mehr produzieren als 2016. Die deutsche Rohstahlproduktion werde 2017 voraussichtlich um 1 % auf 42,7 Mill. Tonnen steigen. 2016 waren 42,1 Mill. Tonnen produziert worden, rund 1,4 % weniger als 2015. Es gebe noch keinen Anlass zur Entwarnung. Der Verband sieht weiter “erhebliche Risiken für die Stahlkonjunktur”.Sorge bereitet der Branche, dass sich nach der Wahl Donald Trumps zum US-Präsidenten “protektionistische Tendenzen” auf den globalen Stahlmärkten weiter ausbreiten könnten. Deutschland sei mit den USA im Stahlbereich eng verflochten, rund 700 000 Tonnen des Werkstoffs gingen dort hin. Rund ein Viertel der deutschen Stahlexporte außerhalb der EU ging in die USA, und das Land sei ein wichtiger Abnehmer für stahlintensive Produkte wie Autos oder Maschinen. Zudem seien die USA mit 31 Mill. Tonnen der mit Abstand größte Stahlimporteur in der Welt. Ein Handelsstreit der USA mit den Nafta-Ländern sei mit der Gefahr erheblicher Handelsumlenkung in die offenen Märkte der EU verbunden.Neben den Chinaimporten und dem Protektionismus der USA machen den Unternehmen wie Thyssenkrupp, ArcelorMittal und Salzgitter seit Jahren die globalen Überkapazitäten, Klimaschutzauflagen und der Preisdruck zu schaffen. Die Preise waren allerdings jüngst auch dank Anti-Dumping-Maßnahmen der EU gegen Billigexporte aus Fernost wieder etwas gestiegen.Der Kurs von Thyssenkrupp sank am Mittwoch um zeitweise 0,5 % auf 23,78 Euro. Der Börsenwert des Konzerns hat sich damit seit 2007 nahezu halbiert auf 13,5 Mrd. Euro. Während Thyssenkrupp seit Monaten eine Fusion seiner Stahlsparte mit dem Europageschäft des indischen Konkurrenten Tata Steel anstrebt, bietet Marktführer ArcelorMittal für das seit einem Umweltskandal unter Staatskuratel stehende italienische Stahlwerk Ilva.