RECHT UND KAPITALMARKT - IM INTERVIEW: MARTIN VAN OLFFEN

Synthetischer Aktienrückkauf bringt Steuervorteile und ist günstiger

Ausschüttung über Erhöhung und anschließende Reduktion des Nennbetrags

Synthetischer Aktienrückkauf bringt Steuervorteile und ist günstiger

– Herr Prof. van Olffen, Qiagen verwendet ein kompliziert scheinendes Verfahren für den angekündigten synthetischen Aktienrückkauf. Sie sind der Rechtsberater. Wie läuft die Prozedur ab?Der synthetische Aktienrückkauf hat, wie der Name sagt, das gleiche Ergebnis für Unternehmen und Aktionär wie ein üblicher Aktienrückkauf. In beiden Fällen fließt Geld von der Firma an Aktionäre und die Aktienzahl wird reduziert. Bei einem synthetischen Aktienrückkauf passiert dies durch Barauszahlung an alle Aktionäre und die Zusammenlegung von Aktien. Hieraus ergibt sich dann eine verringerte Anzahl an ausgegebenen Aktien; der Aktienkurs vor und nach der Transaktion bleibt – unter ansonsten gleichen Bedingungen – gleich.- Klingt simpel.Obwohl das Grundkonzept eines synthetischen Aktienrückkaufs recht einfach erscheint, ist dessen Umsetzung etwas komplexer, da hiermit drei aufeinander folgende Satzungsänderungen verbunden sind: Als Erstes wird der Nennbetrag je Aktie erhöht. Eine Einlage der Aktionäre ist hierfür nicht erforderlich. Die Erhöhung wird aus der Kapitalrücklage bedient. Zweitens werden die Aktien zusammengelegt. Die Zusammenlegung verringert den Gesamtbestand an Aktien um die Zahl, die die Gesellschaft theoretisch für den Betrag, der in Schritt drei an die Aktionäre ausgezahlt wird, am Markt hätte zurückkaufen können. In diesem letzten Schritt wird der Nennwert der Aktien wieder verringert und der resultierende Gesamtbetrag den Aktionären zurückgezahlt.- Ausgeschüttet wird also durch Erhöhung und anschließende Reduzierung des Aktiennennbetrages?Ja – und nicht durch Gewinnausschüttung. Das hat steuerliche Gründe. Im Gegensatz zu Gewinnausschüttungen wird auf Auszahlungen, die auf Kapitalherabsetzung basieren, keine Kapitalertragsteuer erhoben.- Könnte man das nicht auch durch einen traditionellen Aktienrückkauf erreichen?Ja, wie gesagt: Das Ergebnis entspricht dem eines traditionellen Aktienrückkaufs. Der synthetische Rückkauf hat jedoch einige Vorteile.- Welche sind das, und wie wirken sich diese kostenseitig aus?Für den Emittenten ergeben sich mindestens drei Vorteile. In zeitlicher Hinsicht kann ein synthetischer Aktienrückkauf zunächst in einem Zug binnen drei bis vier Monaten umgesetzt werden, während sich ein normales Aktienrückkaufprogramm größeren Umfangs über ein bis mehrere Jahre hinziehen kann. Der Zeitplan für den synthetischen Aktienrückkauf wird im Wesentlichen von der Einladungsfrist für die Hauptversammlung und einigen rechtlichen Formalitäten bei der Durchführung der Kapitalherabsetzung bestimmt. Meiner Erfahrung nach ist ein normales Aktienrückkaufprogramm wesentlich teurer – was am höheren Beratungsaufwand liegt, aber auch an dem längeren Zeitraum, den das traditionelle Verfahren in Anspruch nimmt.- Und Vorteil Nummer 3?Der dritte Vorteil liegt darin, dass ein herkömmlicher Aktienrückkauf kapitalmarktrechtlichen Vorschriften zur Verhinderung von Marktmanipulation und Insiderhandel unterliegt. Da bei einem synthetischen Rückkauf keine Aktien gehandelt werden, finden diese Vorschriften keine Anwendung.- Und warum ist dieses Verfahren für Investoren vorteilhaft?Ich glaube, der synthetische Rückkauf ist für Investoren vorteilhafter als ein normaler Aktienrückkauf. Im letzteren Fall zahlt eine Firma Geld nur an jene Aktionäre aus, die die Firma verlassen. Beim synthetischen Aktienrückkauf hingegen erhalten alle Geld, auch Langzeitaktionäre.- Welche Erfahrungen hat man mit diesem Verfahren gemacht?Es gibt viele Präzedenzfälle, die alle erfolgreich waren, darunter Philips, Ahold Delhaize und ASML. Wir haben all diese und andere Firmen bei der Umsetzung beraten.- Können nur niederländische Firmen von dieser Methode Gebrauch machen?Der synthetische Aktienrückkauf kann grundsätzlich auch von nicht-niederländischen Firmen genutzt werden. Die steuerliche Behandlung jedoch kann variieren.—-Prof. Martin van Olffen ist Partner der Sozietät De Brauw. Die Fragen stellte Walther Becker.