Infrastruktur

Telekom findet Netz-Investor

Die Telekom will den Glasfaserausbau in Deutschland mit Hilfe eines weiteren Joint Ventures vorantreiben, diesmal in Kooperation mit einem Finanzinvestor. IFM zahlt 900 Mill. Euro für ihren Anteil an der GlasfaserPlus.

Telekom findet Netz-Investor

hei Frankfurt

Die Deutsche Telekom bringt ihr nächstes Joint Venture (JV) im Glasfaserausbau unter Dach und Fach. Nach dem Gemeinschaftsunternehmen Glasfaser Nordwest, das die Telekom zusammen mit EWETel gegründet hat, öffnet sich der Bonner Konzern nun für einen Finanzinvestor, um vor allem den teuren Netzausbau auf dem Land voranzubringen. IFM, ein auf Infrastrukturinvestments spezialisierter Fonds, erwirbt die Hälfte der Anteile an dem JV GlasfaserPlus zum Preis von 900 Mill. Euro. Die Hälfte des Kaufpreises wird sofort fällig, der Rest mit Ausbaufortschritt, wie die Telekom mitteilt. Sie werde durch die anfängliche Kaufpreiszahlung des Co-Investors einen wesentlichen Teil ihrer Eigenkapitalverpflichtungen aus dem Joint Venture finanzieren können, heißt es weiter. Damit wird GlasfaserPlus zu Beginn mit 1,8 Mrd. Euro bewertet, hinzu kommen sukzessive Fremdmittel, die das JV aufnehmen wird, wie Deutschlandchef Srini Gopalan in einem Pressegespräch erläuterte.

Nicht auf der Bilanz

Die Telekom wird das Gemeinschaftsunternehmen nach dem Einstieg dekonsolidieren und dessen absehbare Schulden somit nicht auf die eigene Bilanz nehmen. Allerdings hat sie sich nach „Ablauf der Ausbauperiode“, spätestens aber „nach zehn Jahren“ die Option auf den Anteil von IFM und damit auf die erneute Konsolidierung des Assets gesichert.

Die behördlichen Genehmigungen für das neue Gemeinschaftsunternehmen stehen noch aus. Allerdings rechnet Gopalan mit keinerlei Störfeuer – im Gegensatz zu den langen Geburtswehen und anhaltenden Schwierigkeiten bei Glasfaser Nordwest. Bei diesem JV ist das Bundeskartellamt gefordert, die Auflagen zu überarbeiten, nachdem Wettbewerber wie Vodafone und Deutsche Glasfaser die große Marktmacht des Unternehmens kritisiert und erfolgreich geklagt haben.

GlasfaserPlus soll daher schon im kommenden Jahr loslegen und bis 2028 vier Millionen Glasfaseranschlüsse direkt ans Haus (FTTH) verlegen. Die Telekom selbst hat sich zum Ziel gesetzt, dass Deutschland bis 2030 flächendeckend mit Glasfaser versorgt ist, und will den Großteil des Ausbaus in Eigenregie stemmen. Dazu sollen die Investitionen hierzulande von zuletzt unter 5 Mrd. Euro jährlich ab 2020 auf 6 Mrd. Euro pro Jahr aufgestockt werden. Bis 2024 sollen davon jährlich 2,5 Mrd. Euro in den Glasfaserausbau fließen nach zuletzt 1,5 Mrd. Euro.

Im laufenden Jahr will der Bonner Konzern insgesamt 3,5 Millionen Haushalte anschließen, danach soll die Ausbaurate beschleunigt werden.

Im ländlichen Raum zielt die Telekom auf die Bereitstellung von 8 Millionen Glasfaseranschlüssen im Eigenausbau bis 2030. Die Versorgung der Fläche gilt als besonders teuer, unter anderem, weil es an bereits vorhandenen Leerrohren mangelt und aufwendige Erdarbeiten somit die Regel sind. Der Konzern setzt daher gerade in diesem Bereich auf Partnerschaften. Neben Glasfaser Nordwest und der neuen GlasfaserPlus strebt die Telekom nach kommunalen Kooperationen, wie sie bereits bei Stuttgart in Filderstadt existieren oder auch mit der Stadt Münster vereinbart wurden. Dazu laufen weitere Verhandlungen.

Paradigmenwechsel

Telekom-Lenker Tim Höttges hatte bereits im Sommer vor der Branche in Barcelona erklärt, dass die Telekom ihr Netz „nicht unbedingt besitzen“ müsse, und damit einen Paradigmenwechsel untermauert. Gopalan bezeichnete IFM als idealen Partner, der auf schnelle Leitungen und nicht auf das „schnelle Geld“ aus sei. Die Expertise bei Glasfaser „hat uns beeindruckt“, so der Manager. Er gehe von einer langfristigen Zusammenarbeit aus. Infrastrukturfonds haben eine längere Laufzeit als Buy-out-Fonds. Sie steigen in der Regel erst nach sieben bis zehn Jahren wieder aus. IFM Investors, die bei der Transaktion von Latham & Watkins beraten wurde, ist ein von australischen Pensionskassen gegründeter Infrastrukturfonds mit aktuell 108 Mrd. Euro under Management.

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