Telekombranche findet zurück auf Wachstumspfad

LBBW: Investitionen lassen wenig Raum für Schuldentilgung - Bonds relativ attraktiv - Regulierung wird lockerer

Telekombranche findet zurück auf Wachstumspfad

hei Frankfurt – Nachdem die Telekomunternehmen in Europa aufgrund von scharfem Wettbewerb und Regulierungsdruck jahrelang mehr oder minder auf der Stelle getreten sind, rechnet die Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) im laufenden Turnus mit einer Trendwende. Ein anschwellender Datenverkehr, vor allem auch durch die zunehmende Kommunikation von Maschinen (M2M), und höhere Preise für Bündelprodukte im Privatkundenmarkt werden von Analystin Bettina Deuscher in einer Branchenstudie als wesentliche Umsatztreiber genannt. Sie sollten den Erlösdruck durch die Konkurrenz von internetbasierten Telekommunikationsprodukten (Whatsapp, Skype etc.) allmählich überkompensieren. Ertragsseitig rechnet die LBBW daher mit einem kumulierten Plus beim Ebitda (Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen) von rund 2 %.Allerdings dürften die Telekomfirmen trotz weiterer Effizienzsteigerung kaum Spielräume zum Schuldenabbau haben. Während die regulären Investitionen in Netztechnik auf hohem Niveau – branchenweit rund 60 Mrd. Euro – stabil bleiben dürften, kommen insbesondere Ausgaben für den Erwerb von neuen Mobilfunklizenzen hinzu, die von der LBBW in Europa 2018 auf rund 8,55 Mrd. Euro geschätzt werden. Auktionen stehen in praktisch allen großen Märkten an, darunter Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Spanien und Italien. Sie erwartet deshalb, dass der Free Cash-flow der Unternehmen insgesamt im Vergleich zu 2017 um ein Viertel abfällt, so dass Dividenden und Aktienrückkäufe kaum steigen können, geschweige denn Schulden getilgt werden. Telecom Italia im VisierIndes lautet die positive Nachricht für die Bondinvestoren, dass die Telekombranche mit stabilen Finanzkennzahlen und Ratings aufwarten kann. Sorgenkinder des Jahres 2017, darunter die BT Group, an der die Deutsche Telekom 12 % hält, dürften sich im laufenden Jahr berappeln. Gegenwärtig hat BT wegen Turbulenzen in Italien und erfolgten Gewinnwarnungen bei S & P und Moody’s einen negativen Ausblick. Aufwärts geht es aus Credit-Sicht dagegen bei Telekom Austria und vor allem bei Telecom Italia, die als einzige der großen ex-staatlichen Netzbetreiber in Westeuropa über kein Investment-Grade-Rating verfügt (S & P: BB+, Moody’s: Ba1.) Nun hat sie bei S & P einen positiven Ausblick, und die LBBW rechnet damit, dass ein Upgrade in der zweiten Jahreshälfte ansteht. Die Bonds der Italiener sind deshalb für die Bank ein “top pick” neben Vodafone und einer erholten BT Group.Insgesamt ist die Branche aus Sicht der Studie bei Anleihen überzugewichten, der Total Return lag 2017 bei knapp 2 % und bewegt sich damit im Umfeld der Renditen von Energieversorgern und Automobilunternehmen, im Branchenvergleich deutlich im oberen Bereich. Die Bondfälligkeiten der großen Emittenten halten sich 2018 und 2019 sehr im Rahmen. In Europa hat Vodafone in diesem Zeitraum mit 5,1 Mrd. Dollar die größte Summe zu refinanzieren, gefolgt von Orange mit 4,2 Mrd. Euro und Telefónica mit 3,6 Mrd. Euro. Bei der Telekom stehen nur 2,23 Mrd. Euro an. Neues RegelwerkHinzu kommt ein weiterer credit-positiver Effekt, den die Analysten einkalkulieren. Das regulatorische Umfeld in Europa sollte sich in der zweiten Jahreshälfte merklich aufhellen, wenn die neue EU-Richtlinie greift, die veraltete Gesetzgebung in der Telekommunikation ablösen soll. Sie ist derzeit in der Beratung im Europäischen Parlament und im Rat. Das neue Regelwerk soll vor allem dazu dienen, die Bedingungen für Investitionen zu verbessern, damit die Ausgaben für Telekominfrastruktur steigen. Die Unternehmen beklagen sei langem eine investitionsfeindliche Regulierung und führen die wachsende Kluft bei modernen Netzen zwischen Europa und dem Rest der Welt darauf zurück.