Telekomfirmen beißen bei Wissing auf Granit
Telekomfirmen beißen auf Granit
Minister Wissing lehnt "massive Markteingriffe" ab – Dämpfer für M&A-Hoffnungen
hei Barcelona
Die großen europäischen Telekommunikationskonzerne, deren Vorstandschefs sich auf dem Mobile World Congress (MWC) in Barcelona vehement für eine Lockerung des Regulierungskorsetts bei Konsolidierungsbemühungen der Mobilfunknetzbetreiber innerhalb von Märkten ausgesprochen haben, stoßen bei Verkehrs- und Digitalminister Volker Wissing auf taube Ohren. Der Minister betonte in einem Gespräch am Rande der Messe, es gebe „Grund zu politischer Zurückhaltung“. Vor dem Hintergrund, dass die Telekomfirmen über einen zu scharfen Wettbewerb klagen, verwies er darauf, „dass Wettbewerb einen Markt grundsätzlich nicht schwächt“. Den Vorstoß von 1&1 in Deutschland, sich als vierter Netzbetreiber im Land zu etablieren, unterstützt Wissing. Er erklärte, man solle „solche Pionierarbeit in Deutschland auch zu schätzen wissen“.
Für die M&A-Hoffnungen der Branche ist das ein Dämpfer. Die 45 Mobilfunknetzbetreiber in Europa argumentieren, dass der scharfe Wettbewerb nicht zulasse, vom Kunden Preise zu verlangen, die eine angemessene Rendite auf das eingesetzte Kapital ermöglichten. Dies zumal vor dem Hintergrund deutlich gestiegener Zinsen, die dazu führen, dass die Investoren auch bei Telekommunikationsinfrastruktur höhere Renditen erwarten. Die Branche verweist auf eine Investitionslücke von rund 200 Mrd. Euro. Dies wäre eine erhebliche Ausweitung des Rückstands binnen zehn Jahren. Damals betrug sie Analysten zufolge
100 Mill. Euro.
Wissing stellt sich mit seiner Haltung auch gegen EU-Industriekommissar Thierry Breton, dessen Äußerungen am Montag auf dem MWC von der Branche im Hinblick auf das neue Rahmenwerk für eine europäische Telekommunikationsindustrie als ermutigend, gerade im Hinblick auf Fusionen, gewertet worden waren. Breton hatte zudem für eine Vereinheitlichung der Politik bei der Vergabe von Mobilfunkspektrum geworben. Darüber gibt es in Europa allerdings auch keinen Konsens.
Gegen „Fair Share“
Der Bundesminister bekräftigte überdies seine Ablehnung des sogenannten „Fair Share“, mit dem die Telekomkonzerne bei den US-Internetriesen, die mit ihren Content-Angeboten (Streaming) zu einer hohen Auslastung der Netze führen, eine Gebühr eintreiben wollen. Er wandte sich gegen „massive Markteingriffe“. Die Argumentation der Netzbetreiber, die sich außerstande sehen, die Kosten auf die Kunden zu überwälzen, befand er für nicht stichhaltig. Die Unternehmen sprächen von „Marktversagen“, dem Staat lägen dazu bisher aber keine „belastbaren Belege“ vor. In Europa stehen nur Frankreich und Spanien in der Fair-Share-Debatte an der Seite der Telekommunikationsfirmen, alle anderen Staaten lehnen sie ab.