Telekomfirmen schwant bei 5G-Auktion nichts Gutes

Vergabe in Italien läuft aus dem Ruder - Boston Consulting warnt vor teurem Zögern bei neuer Netztechnik

Telekomfirmen schwant bei 5G-Auktion nichts Gutes

Von Heidi Rohde, FrankfurtNachdem der Konsultationsentwurf der Bundesnetzagentur (BNetzA) für die Vergabebedingungen in der Auktion für den Mobilfunkstandard der 5. Generation (5G) auf dem Tisch liegt, reißt die Kritik nicht ab. Von der Politik kommen wiederholt Forderungen nach strengeren Versorgungsauflagen für die Telekomnetzbetreiber, die die Lizenzen ersteigern, um die digitale Kluft zwischen Stadt und Land nicht weiter zu vergrößern. Die BNetzA kontert mit dem Hinweis, dass die Auflagen die “Grenze des wirtschaftlich Zumutbaren” nicht überschreiten dürften.Diese Sorge erhält neue Nahrung durch den Verlauf der 5G-Auktion in Italien, wo die Nachfrage nach einem Schlüsselfrequenzband im Bereich von 3,7 Gigahertz den Preis dafür bereits auf ein weltweites Rekordniveau von 5,8 Mrd. Euro getrieben hat, ohne dass die Versteigerung zu Ende ist. Das ist mehr als doppelt soviel wie Italiens Finanzminister erwartet hatte. Auch hierzulande fürchten die Telekomnetzbetreiber, dass eine Verknappung von Schlüsselspektrum in der Auktion die Preise nach oben treiben könnte. Den Unternehmen bleibt nichts anderes übrig, als in der Auktion mitzubieten. Allerdings haben sie schon wiederholt darauf hingewiesen, dass sie den Ausbau von 5G verzögern müssten, falls der Preis für den Lizenzerwerb zu hoch ausfalle. In der AbwärtsspiraleUnterdessen warnen zahlreiche Experten vor einem Anschlussverlust Europas, falls ein zügiger Ausbau der 5G-Technik unterbleibt, die als Wegbereiter für eine breite gesellschaftliche Teilhabe an der Digitalisierung gilt und für digitale Anwendungen in der Industrie einen Quantensprung bedeuten soll. Die Boston Consulting Group kommt in einer Studie zu 5G zu dem Schluss, dass es einer gemeinsamen Anstrengung von Telekomnetzbetreibern, Lieferanten, Regierung und Behörden sowie Unternehmen bedarf, um einen schnellen Übergang zu der neuen Technik zu gewährleisten.Die Ausgangslage für die Telekomnetzbetreiber ist den Experten zufolge nicht rosig, denn die Gewinne der Branche sind in den vergangenen zehn Jahren um durchschnittlich 2 % p. a. geschmolzen, ganz im Gegensatz zu Nordamerika und Asien, wo ein Anstieg von 3,5 % bzw. 4 % zu verzeichnen war. Als ein wesentlicher Grund gilt eine zu einseitig auf Wettbewerb und Verbraucherschutz ausgerichtete Regulierungspolitik, die auch von den Telekomunternehmen seit Jahren beklagt wird.Boston Consulting kommt allerdings auch zu dem Schluss, dass die Unternehmen es unterlassen haben, offensichtlich nicht erfolgreiche Geschäftsmodelle zu verändern. Die Netzbetreiber steigern seit vielen Jahren ihre Kapazitäten, um dem wachsenden Datenhunger zu begegnen, schaffen es aber nicht aus einer Abwärtsspirale beim durchschnittlichen Monatserlös je Kunde (ARPU) herauszukommen, weil sie stetig der Logik “Mehr Leistung für gleiches Geld” folgen. Die Monetarisierung von Investitionen von 5G mache einen Ausbruch aus dieser Spirale mit innovativen Angeboten und intelligenten Preispunkten notwendig, erklären die Experten.Die Kosten für ein bundesweites 5G-Netz werden von verschiedenen Seiten auf 50 bis 80 Mrd. Euro geschätzt, eine Belastung, vor der die Netzbetreiber zurückscheuen angesichts ihrer prekären Einnahmesituation und regulatorischer Unsicherheiten. Die Experten von Boston Consulting weisen jedoch in ihrer Studie darauf hin, dass die Vorgängertechnik 4G in “einer typischen europäischen Stadt” schon 2021 an ihre Grenzen kommt. Eine Anpassung der Kapazitäten mit dieser Technik an den wachsenden Datenverkehr erfordere eine extreme Verdichtung von Antennenstandorten und sei in keiner Hinsicht wirtschaftlich vertretbar. Erhebliche ErsparnisBei 5G seien die Netzwerkkosten pro Gigabite Datennutzung sehr deutlich niedriger als bei 4G, im Laufe der Zeit bis zu 90 %, so die Studie. Deshalb müsse der Ausbau gezielt vorangetrieben werden. Die BNetzA hat demgegenüber zuletzt auf eine Bereitstellung höherer Bandbreiten gezielt, dies allerdings technikneutral ausgedrückt. Dies erscheint kontraproduktiv.