RECHT UND KAPITALMARKT - IM INTERVIEW: THOMAS RICHTER

Trennbankengesetz bringt neue Strafvorschriften

Aufsicht verfügt von 2014 an über nicht zu unterschätzende Druckmittel

Trennbankengesetz bringt neue Strafvorschriften

– Herr Richter, im Januar 2014 tritt das Trennbankengesetz in Kraft, das auch spezielle Strafvorschriften für Geschäftsleiter von Banken und Versicherungen enthält. Worum geht es dabei?Vereinfacht gesagt, müssen Geschäftsleiter nach den neuen Vorschriften des Kreditwesengesetzes und des Versicherungsaufsichtsgesetzes dafür sorgen, dass ihr Unternehmen über ein wirksames Risikomanagement verfügt. Hierzu gehören insbesondere bestimmte Strategien, Verfahren und Konzepte, mit denen Risiken erkannt und gesteuert werden sollen. Wie sich in der Krise im Nachhinein gezeigt hat, gab es hier bei vielen Banken Defizite. Hierauf hat der Gesetzgeber reagiert und einen Pflichtenkatalog verankert, dessen Verletzung durch die Straftatbestände sanktioniert werden soll.- Auf welche Risiken müssen sich Geschäftsleiter einstellen?Ihnen droht Geld- oder Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren, wenn sie nicht dafür sorgen, dass ihr Institut über entsprechende Vorkehrungen des Risikomanagements verfügt und sie hierdurch eine Bestandsgefährdung des Unternehmens herbeiführen, also die Bank oder die Versicherung in die Gefahr der Insolvenz bringen. Neben der vorsätzlichen ist auch die fahrlässige Herbeiführung einer Bestandsgefährdung strafbewehrt, wobei die Strafdrohung geringer ist.- Es ist doch eine Selbstverständlichkeit, dass Banken über ein wirksames Risikomanagement verfügen müssen. Warum wurde das Gesetzesvorhaben anfänglich dennoch so stark kritisiert?Die Kritik richtete sich nicht gegen die Pflicht zum sorgfältigen Risikomanagement an sich, sondern gegen die Unbestimmtheit der neuen Strafvorschriften. Nach dem Bestimmtheitsgebot des Grundgesetzes müssen die Grenzen der Strafbarkeit im Voraus erkennbar sein. Dies gilt nicht nur, aber eben auch, für Vorstände von Banken und Versicherungen. Diesem Maßstab wurde der ursprüngliche Gesetzesentwurf nicht mal ansatzweise gerecht, da er zu großen Teilen aus schwammigen und unklaren Begriffen bestand.- Wie hat der Gesetzgeber auf die Kritik reagiert?Indem er den Entwurf in letzter Minute um einen entscheidenden Punkt ergänzt hat. Um den Bedenken hinsichtlich der fehlenden Bestimmtheit Rechnung zu tragen, muss die Aufsicht BaFin nach der geänderten Fassung zunächst die Beseitigung von festgestellten Mängeln im Risikomanagement anordnen. Geschäftsleitern wird von der BaFin also gewissermaßen die gelbe Karte gezeigt, bevor sie den Strafraum betreten. Nur wenn die Geschäftsleiter diese Anordnung missachten und damit die Bestandsgefährdung herbeiführen, machen sie sich strafbar.- Also entscheidet letztlich die Aufsicht, ob dem Vorstand Strafe droht. Wie nimmt die BaFin ihre neue Rolle auf?Über die Vorstellungen der BaFin ist offiziell bisher wenig zu erfahren. Sie hat aber kürzlich angekündigt, künftig stärkeres Augenmerk auf Risikomanagement und Strategie zu legen. Hierin steckt eventuell ein Hinweis auf die Relevanz der neuen Regeln. Mit Einführung der europäischen Bankenaufsicht Mitte 2014 wird die Handhabung der Strafvorschriften noch unübersichtlicher.- Inwiefern?Im Zuge der einheitlichen Aufsicht übernimmt die EZB zwar die Aufsicht über die systemrelevanten deutschen Banken und deren Risikomanagement. Da die neuen Strafvorschriften aber nicht auf europäischen Rechtsakten beruhen, sondern eine deutsche Besonderheit darstellen, dürfte die Durchsetzung des Trennbankengesetzes auch bei systemrelevanten Banken in nationaler Verantwortung verbleiben. Damit ist ein unübersichtliches Dickicht von Zuständigkeiten absehbar.- Führt das Gesetz zu Strafverfahren?Jedenfalls nicht direkt in der Anfangsphase. Vielmehr dürfte sich die Relevanz der neuen Vorschriften zunächst darauf beschränken, dass die Aufsicht über ein nicht zu unterschätzendes Druckmittel verfügt. Letztlich hängt die Zahl der Strafverfahren aber davon ab, wie die Aufsicht ihre Rolle unter dem neuen Gesetz interpretiert.—-Thomas Richter ist Strafverteidiger bei Hamm Partner. Die Fragen stellte Walther Becker.