Zuversicht statt German Angst (5)Maschinenbau

Trumpf hat durch Forschung die Nase vorn

Hart ins Gericht geht man bei Trumpf nicht nur mit den Leistungen der Ampel-Regierung. Auch die Teile der Industrie, die rasch nach Staatshilfen rufen, finden das Missfallen des schwäbischen Vorzeigeunternehmens in Ditzingen.

Trumpf hat durch Forschung die Nase vorn

Serie Zuversicht statt German Angst: Nicola Leibinger-Kammüller im Gespräch

Trumpf hat durch Forschung die Nase vorn

Der schwäbische Maschinenbauer und Laserspezialist setzt auf hauseigene Innovationskraft – Chefin will „nicht auf den Staat und seine Fördergelder warten“

Von Thomas Spengler, Stuttgart

Hart ins Gericht geht man bei Trumpf nicht nur mit den Leistungen der Ampel-Regierung. Auch die Teile der Industrie, die rasch nach Staatshilfen rufen, finden das Missfallen des schwäbischen Vorzeigeunternehmens in Ditzingen. Dort nimmt man die Dinge lieber selbst in die Hand.

Auch in Zeiten der Krise bewährt sich bei Trumpf der traditionell hohe Aufwand für Forschung und Entwicklung, der mit 530 Mill. Euro (2023/2024) bei 10,3% des Umsatzes liegt – Tendenz weiter steigend. „Ein sehr hohes historisches Niveau, das weit über dem Branchenschnitt liegt“, sagt Vorstandsvorsitzende Nicola Leibinger-Kammüller mit Blick auf die um 8,6% auf 3.100 gestiegene Mitarbeiterzahl im F+E-Bereich. Auf dieser Basis baut Trumpf seine Innovationskraft auf, mit der sich das Unternehmen immer wieder einen technischen Vorsprung erarbeitet hat.

Hochleistungslaser mit Potenzial

Ein Paradebeispiel ist das in Ditzingen ansässige Geschäftsfeld für extrem ultraviolette Laser (EUV), das zuletzt mit einem Umsatzminus von 2,9% auf 943 Mill. Euro glimpflich davongekommen ist. Die Technik, für die Trumpf ein Monopol besitzt, dient der Herstellung von Hochleistungschips im Bereich künstliche Intelligenz und gilt als ein Hoffnungsträger für die Zukunft von Trumpf. Beliefert wird ASML aus den Niederlanden, die Chipanlagen mit EUV-Lasern für die drei global größten Chiphersteller TSMC, Samsung und Intel baut. Nachdem sich die KI-Euphorie wieder etwas gelegt hat und Überkapazitäten entstanden sind, ist auch bei Trumpf das Geschäft unter Druck geraten. Langfristig aber sieht Leibinger-Kammüller darin ein veritables Zukunftsprodukt mit weiterem Wachstumspotenzial, das bereits heute „gute Margen“ abwerfe. Kein Wunder, dass die EUV-Laser mit 13,6 % die höchste F+E-Quote aufweisen.

Sparprogramm dämpft Ergebnisrückgang

Dies gilt im Kern für die gesamte Firma, die im 101. Jahr ihres Bestehens mit 9,7% (Vorjahr 11,5%) immer noch eine vergleichsweise hohe Ebit-Rendite erarbeitet hat. Das Vorsteuerergebnis lag damit zwar knapp 19% unter Vorjahr, wäre aber noch stärker gefallen, hätte das Unternehmen nicht mit einem Sparprogramm gegengesteuert. Nachdem 2023/2024 bereits 176 Mill. Euro eingespart wurden, stehen im laufenden Geschäftsjahr Kürzungen von 250 Mill. Euro auf dem Plan. Nach dem Verzicht auf Dienstreisen und externe Berater sollen diesmal die Beschäftigten einen wesentlichen Anteil leisten, um das Sparziel zu erreichen. Wie im Metalltarifvertrag vorgesehen, gilt es zunächst, die Arbeitszeitkonten abzubauen, um später Kürzungen beim Gehalt und der Arbeitszeit von 10% einzuführen. Dafür gibt das Unternehmen eine Jobgarantie bis Ende 2025. Mitte kommenden Jahres könnten davon bis zu 2.750 der insgesamt 6.300 am Stammsitz beschäftigten Mitarbeiter betroffen sein. Einen Stellenabbau soll es laut Leibinger-Kammüller nicht geben, Kurzarbeit nur im sächsischen Werk Neukirch.

Wende aus eigener Kraft schaffen

In dieser Reaktion auf die Krise spiegelt sich die grundsätzliche Philosophie von Trumpf wider, wonach sich Unternehmen, hier unter Einbeziehung der Belegschaft, möglichst am eigenen Schopf aus dem Sumpf ziehen sollten, um erfolgreich zu sein. „Wir müssen die Wende aus eigener Kraft bewerkstelligen, nicht auf den Staat und seine Fördergelder warten“, lautet daher das Credo der Trumpf-Chefin, die großes Vertrauen in die eigenen Produkte, Technologien und Mitarbeiter hat. Geradezu mit Bestürzung reagiert sie auf die nach ihrer Beobachtung in der Industrie gewachsene Haltung, bei Krisen sofort nach dem Staat zu rufen – „und damit dem planwirtschaftlichen Agieren der Bundesregierung medial wie politisch eine De-facto-Legitimation zu erteilen.“ Bis auf einige Forschungsförderungen beziehe Trumpf wie Tausende andere deutsche Mittelständler keinerlei staatliche Gelder – erst recht nicht in der Rezession.

Inwieweit aber können die im Protestantismus verwurzelten, ethisch orientierten Grundsätze der Unternehmensführung, wie sie von der Eigentümerfamilie gepflegt werden, in der Krise durchgehalten werden? „Man kann hier durchaus einen Unterschied machen“, versichert die 64-Jährige der Börsen-Zeitung. Ein Unternehmen sei sehr wohl in der Lage, die Folgen von Krisen für die Mitarbeiter mehr oder weniger stark abzufedern. „Erst recht, wenn es darum geht, unser Stammpersonal zu halten“, sagt die Chefin.  

Auftragspolster schmilzt weiter ab

Dass – den anhaltenden Krisen zum Trotz – der Umsatz der Firmengruppe im Geschäftsjahr 2023/2024 mit minus 3,6% nur moderat zurückgegangen ist, begründet Leibinger-Kammüller mit dem sehr hohen Auftragspolster des Vorjahres. Allerdings ist der Auftragseingang mit minus 10,4% deutlicher als der Umsatz geschrumpft, was das Auftragspolster weiter abschmelzen ließ.

Trumpf-Chefin Nicoala Leibinger-Kammüller
Foto: Trumpf

Die Hauptursachen erkennt die Trumpf-Chefin in der nachlassenden Weltkonjunktur und den geopolitischen Unwägbarkeiten, die bei Kunden auf allen Kontinenten zu einer deutlichen Zurückhaltung bei Investitionen geführt haben. „Dabei spürten wir so stark wie noch nie den härter werdenden Wettbewerb, teilweise mit protektionistischen Maßnahmen der chinesischen Konkurrenz“, so Leibinger-Kammüller. Für das laufende Jahr geht sie jedenfalls davon aus, dass angesichts der unsicheren Wirtschaftslage der Auftragseingang bestenfalls stagnieren werde, so dass der Umsatz weiter rückläufig sein werde. Die skizzierten Rückgänge bei Trumpf beschreibt die Chefin als Ausdruck „eines echten, ungeschützten Wettbewerbs, in dem man sich weltweit befindet.“

Noch geht die Kapitänin nicht von Bord

Nachdem Leibinger-Kammüller 2023 hat durchblicken lassen, nicht wie ihr Vater bis ins hohe Alter an der Spitze von Trumpf stehen zu wollen, lässt die 64-Jährige dennoch den Zeitpunkt ihres Rückzugs offen. Nur so viel sei gesagt: In Krisenzeiten gehe die Kapitänin nicht von Bord, versichert sie. Ihr designierter Nachfolger sei schon im Haus und bereite sich auf die Aufgabe vor. 2005 hatte Berthold Leibinger seiner ältesten Tochter, einer promovierten Sprachwissenschaftlerin, den Vorsitz der Geschäftsführung des Familienunternehmens übergeben. Ihre Geschwister sind die Architektin Regine Leibinger und Peter Leibinger, Vorsitzender des Aufsichtsrates bei dem Familienunternehmen. Auch der Ehemann von Leibinger-Kammüller, Mathias Kammüller, ist Mitglied des Trumpf-Vorstands.

Zuletzt erschienen: Brüninghoff trotzt der Krise am Bau (16.10.) BMZ Group verschreibt sich der Elektrifizierung (9.10.) H2Apex sieht Wasserstoff als „Riesenchance“ (2.10.)

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