Um Telecom Italia ranken sich viele Spekulationen
Italiens Telekom-Markt
Um Telecom Italia ranken sich Spekulationen
Großaktionär Vivendi veräußert Anteile – Rätseln über Käufer – Aktienkurs steigt
Von Gerhard Bläske, Mailand
bl Mailand
Telecom Italia (TIM) steht im Zentrum vieler Spekulationen. Das lässt sich auch am Aktienkurs ablesen. Die Notierung hat binnen zwölf Monaten um 39% zugelegt. Großaktionär Vivendi hat die Situation genutzt, um die Beteiligung von 23,75% auf 18,4% zu reduzieren. Da der TIM-Aktienkurs trotz des Verkaufs weiter gestiegen ist, fragen sich Marktteilnehmer, wer die Anteile erworben hat. Ein möglicher Käufer ist die teilstaatliche Post, die kürzlich von der mehrheitlich staatlichen Förderbank Cassa Depositi e Prestiti (CDP) deren TIM-Beteiligung von 9,8% übernommen hat. Interesse hatten zuletzt auch der französische Medien- und Telekommunikationsanbieter Iliad sowie der Investor CVC bekundet.
Post könnte aufstocken
Analysten von Equita beurteilen den eingeleiteten Rückzug von Vivendi, der sich fortsetzen dürfte, positiv. Laut der Investmentbank würde eine Aufstockung des Post-Anteils für mehr Stabilität sorgen. Ein solcher Schritt könnte kaum ohne Zustimmung der Regierung erfolgen, die über die Golden-Power-Regelung erhebliche Mitspracherechte hat und diese laut Wirtschafts- und Finanzminister Giancarlo Giorgetti auch nutzen will. Die Post könnte jedoch bei einem Totalausstieg der Franzosen, für die das Engagement bei TIM ein klares Minusgeschäft war, maximal 15% der Anteile erwerben. Denn ab einer Beteiligung von 25% müsste sie ein Übernahmeangebot vorlegen.
Würde Iliad einsteigen, könnte das den Wettbewerbsdruck auf dem hart umkämpften Mobilfunkmarkt mit derzeit vier großen Anbietern reduzieren. Es war gerade der Iliad-Einstieg in Italien, der 2018 einen gnadenlosen Preiskampf auslöste. Iliad-CEO Thomas Reynaud erklärte nun, eine Konsolidierung in Italien wäre sinnvoll: „Wir glauben, dass das Fenster dafür sich bald schließen könnte.“
Verschuldung reduziert
Das neu erweckte Interesse an TIM könnte auch an der Erholung des Unternehmens liegen. Nach dem Verkauf der Festnetzsparte für 18 Mrd. Euro an ein Konsortium aus KKR und dem italienischen Staat hat sich die Verschuldung auf zuletzt 7,3 Mrd. Euro reduziert. Die Unterwasserkabelsparte Sparkle wird nun für 700 Mill. Euro an den Staat und die Investmentgesellschaft Asterion abgegeben. Verblieben sind neben der brasilianischen Mobilfunktochter noch die Dienstleistungssparte mit den Bereichen Privatkunden und Geschäftskunden.
Geschäftlich geht es aufwärts. Die von CEO Pietro Labriola vorgelegten Zahlen für 2024 waren besser als erwartet. Die stärksten Impulse kamen erneut von der brasilianischen Tochter, die etwa die Hälfte zum Bruttobetriebsgewinn (Ebitda) von 4,3 Mrd. Euro und ein Drittel zum Umsatz von 14,5 Mrd. Euro beisteuerte.
Inlandsgeschäft besser
Bemerkenswert ist, dass auch das Inlandsgeschäft zuletzt steigende Einnahmen und Gewinne verzeichnet hat. Labriolas Strategieplan sieht bis 2027 ein jährliches Umsatzwachstum von 3% und einen Zuwachs des Bruttobetriebsgewinns (Ebitda) von 6 bis 7% vor. Die Aktionäre, die seit vielen Jahren auf Dividenden verzichten müssen, sollen ab 2027 wieder Ausschüttungen erhalten.
Die Post (Poste Italiane) ist über Poste Mobile unter Nutzung des Netzes von Wind Tre (CK Hutchinson) im Mobilfunksektor tätig und will nun auf das von TIM gemietete Netz umswitchen.
Die Post hat ein sehr umfangreiches Filialnetz, über das TIM-Produkte vertrieben werden können. Sollte auch Iliad einsteigen, wäre das zwar reizvoll. Es könnte aber kartellrechtliche Probleme geben. Bei TIM ist derzeit vieles offen.