US-Aufsicht überlässt das Internet den Marktkräften

FCC stellt Netzneutralität zur Disposition - AT & T und Comcast applaudieren - Google und Co. sind alarmiert

US-Aufsicht überlässt das Internet den Marktkräften

sp New York – Der neue Chef der US-Telekomaufsicht FCC stellt das Prinzip der Netzneutralität zur Disposition und will das Internet künftig weitgehend den Marktkräften überlassen. Chairman Ajit Pai, der die Leitung der Behörde mit dem Amtsantritt von Donald Trump Ende Januar übernommen hatte, will die Befugnisse seiner Behörde im Internet lockern, wie er am Mittwoch bei einer Veranstaltung in Washington mitteilte. Damit würde die Rechtsgrundlage für die 2015 eingeführten Regeln entfallen, die Breitbandanbieter wie Comcast oder AT & T dazu verpflichten, die Inhalte im Internet neutral zu behandeln.Die Regeln zur Netzneutralität hätten “eine Wolke über Investitionsentscheidungen” mit Blick auf das Breitband gezogen, sekundierte Comcast-Chef Brian Roberts die Ankündigung des FCC-Chefs wohlwollend. Pai entferne eine “erstickende regulatorische Wolke”, begrüßte AT & T-Chef Randall Stephenson die Aussicht auf eine im Internet neutrale FCC. Die Parteispitze der Republikaner zeigten sich über die Pläne ebenfalls erfreut. Mitch McConnell, der Mehrheitsführer im Senat, applaudierte Pai für seinen “mutigen Schritt”. Paul Ryan, der Sprecher der Mehrheitsfraktion im Repräsentantenhaus, sprach von “willkommenen Neuigkeiten”.Die ersten Protestnoten ließen freilich auch nicht lange auf sich warten. “Die gegenwärtigen Bestimmungen der FCC zur Netzneutralität funktionieren, und der Schutz für Verbraucher sollte nicht geändert werden”, sagte Michael Beckerman, der als Präsident der Internet Association die Interessen von Unternehmen wie der Alphabet-Tochter Google, Ebay und Microsoft vertritt. “Jeder Versuch, den Schutz eines offenen Internets zu schwächen, muss zurückgewiesen werden”, sagte Chip Pickering, der CEO der Handelsorganisation Incompas, zu deren Mitgliedern auch Facebook und Amazon zählen. Die Risiken der vorgeschlagenen Lockerung würden die Chancen bei weitem übersteigen. Widerstand formiert sich”Ich plane zu kämpfen”, richtete Al Franken, Senator der Demokratischen Partei aus dem Bundesstaat Minnesota, dem politischen Gegner aus. “Wir können das Versprechen eines offenen Internets mit Netzneutralität und Freiheit nicht ohne die Regeln aufrechterhalten, die es sicherstellen”, erklärte der Demokrat Ed Markey, der den Bundesstaat Massachusetts im Senat vertritt.Während die Gegner der Netzneutralität kritisieren, dass sie zusätzliche Investitionen in die Infrastruktur verhindert und letztlich auch Innovationen verschleppt, warnen die Verfechter des Prinzips vor einer Zweiklassengesellschaft im Internet, wenn Breitbandanbieter den Zugang zu verschiedenen Inhalten nach Zahlungsbereitschaft unterschiedlich behandeln können.Der neue FCC-Chef hatte sich in der Vergangenheit immer wieder gegen das Prinzip der Netzneutralität ausgesprochen. Sein Vorstoß kommt auch deshalb nicht überraschend, weil US-Präsident Donald Trump ein erklärter Gegner des Prinzips ist, das er schon 2014 via Twitter als “Anschlag auf das Internet” bezeichnete.