US-Drohbrief gegen Schweizer Unternehmen Allseas

Senatoren Cruz und Johnson warnen Verlegeschiff-Betreiber vor Vollendung der Ostsee-Gaspipeline Nord Stream 2

US-Drohbrief gegen Schweizer Unternehmen Allseas

cru Frankfurt – In einem außergewöhnlich scharf formulierten Brief an das Schweizer Unternehmen Allseas drohen die republikanischen US-Senatoren Ted Cruz und Ron Johnson dem CEO, den Mitarbeitern, dem Unternehmen und den Aktionären mit scharfen Sanktionen, sollten die laufenden Arbeiten an der Ostsee-Gaspipeline Nord Stream 2 von Russland nach Deutschland nicht sofort eingestellt werden. Dem Unternehmen würden “erdrückendende und potenziell fatale” Sanktionen auferlegt, wenn weiter an der Pipeline gearbeitet werde, heißt es in dem Brief an Allseas-CEO Edward Hereema. Das Schreiben ist auf der Webseite der Absender veröffentlicht (https://www.cruz.senate.gov).Am Bau der 10 Mrd. Euro teuren Pipeline, die dem russischen Staatskonzern Gazprom gehört und zur Hälfte von den westlichen Energiekonzernen Uniper, Wintershall, Shell, Ebgie und OMV finanziert wird, sind insgesamt rund 350 Unternehmen beteiligt – darunter vor allem das Schweizer Unternehmen Allseas, dessen Schiffe gerade die letzten Rohre in dänischen Gewässern verlegen. Die Abwicklungsfrist von 30 Tagen, die in den vom US-Senat beschlossenen Sanktionen enthalten ist, sei nicht dazu gedacht, Allseas Zeit zur Vollendung des Baus zu geben, warnen Cruz und Johnson in ihrem Brief: “Wenn sie versuchen sollten, die Pipeline in den nächsten 30 Tagen fertig zu bauen, dann würde das den Wert des Unternehmens für die Aktionäre vernichten und die künftige finanzielle Lebensfähigkeit Ihres Unternehmens zerstören.” Keine GegensanktionenKanzlerin Angela Merkel will im Streit mit den USA über Nord Stream 2 nicht mit Gegensanktionen reagieren. Sie lehne die sogenannten extraterritorialen US-Strafmaßnahmen zwar ab, Gegensanktionen ziehe sie aber nicht in Betracht, sagte Merkel im Bundestag. “Ich sehe keine andere Möglichkeit, als Gespräche zu führen, dass wir diese Praxis nicht billigen.” Russland erklärte, die US-Strafen verstießen gegen das Völkerrecht und seien ein Beispiel für unfairen Wettbewerb. Die deutsche Wirtschaft forderte mehr Unterstützung und Schutz durch die Politik in dem Konflikt. Unter anderem der Ost-Ausschuss – Osteuropaverein der deutschen Wirtschaft (OAOEV) und der Maschinenbauverband VDMA forderten von Berlin und Brüssel, neue Instrumente zu entwickeln, um den als “Tabubruch” und “Affront” empfundenen Sanktionen entgegenzutreten.Derweil räumen Vertreter der US-Regierung ein, dass ihnen in Wahrheit keine Hebel zur Verfügung stünden, um den seit Jahren torpedierten Bau der Pipeline, die die USA wegen der zunehmenden Abhängigkeit von russischen Lieferungen als Sicherheitsrisiko ansehen, noch wirksam zu verhindern. Die Vollendung des Baus könnte schon in wenigen Wochen erfolgen und würde laut US-Präsident Trump Deutschland zur “Geisel Russlands” machen. Trump kritisierte die Europäische Union, weil sie nichts unternehme, um den Anteil des aus Russland importierten Erdgases, der bei einem Drittel liegt, zu reduzieren.Nach dem US-Repräsentantenhaus hatte auch der US-Senat Sanktionen gegen Unternehmen im Zusammenhang mit der Pipeline gebilligt. Nun muss US-Präsident Donald Trump das Gesetz noch in Kraft setzen, was als sicher gilt. Die USA wollen selbst mehr Gas nach Europa verkaufen, das mit Tankern in verflüssigter Form angeliefert wird. Beschluss kommt zu spätInoffiziell räumen Vertreter der US-Regierung ein, dass die Sanktionen, die Teil eines größeren Gesetzes zur Landesverteidigung sind, zu spät kommen, um zu wirken. Die USA würden stattdessen versuchen, die Kosten für andere russische Energieprojekte zu erhöhen. Mit diesem Eingeständnis scheitert eines der wichtigen außenpolitischen Ziele der US-Regierung, und Deutschland zeigt sich ebenso wie andere vermeintliche Verbündete unempfindlich gegenüber dem Druck der USA, das Projekt aufzugeben.Der OAOEV sprach dennoch von einem Tabubruch, sollten die Sanktionen gegen Firmen am Bau greifen. “Es geht um weit mehr als ein einzelnes Wirtschaftsprojekt, die US-Beschlüsse wären ein grundsätzlicher Angriff auf die Souveränität und Selbstachtung der EU”, sagte der Ausschussvorsitzende Oliver Hermes. “Wenn wir hier kein klares Stoppsignal setzen, drohen wir auf Dauer zum Spielball außereuropäischer Mächte zu werden.” Die Bundesregierung solle mit der EU Instrumente entwickeln, wie solche Eingriffe künftig verhindert werden könnten.Der Maschinenbauverband VDMA erklärte, da solche Strafen anderer Staaten nicht verhindert werden könnten, müssten Konzerne in Europa davor geschützt werden. Die Auswirkungen extraterritorialer Sanktionen könnten gemildert und damit die politische Hürde dafür höher gesetzt werden. “Deutschland als eines der größten Exportländer muss in der Europäischen Union hier die Initiative ergreifen”, forderte VDMA-Hauptgeschäftsführer Thilo Brodtmann.