WHITE COLLAR CRIME

US-Strafverfolgung bis ins höhere Amt

White Collar Crime stärkt Profil von US-Staatsanwälten

US-Strafverfolgung bis ins höhere Amt

Von Stefan Paravicini, New YorkDie Verhaftung eines Top-Managers wie Audi-Chef Rupert Stadler ist nicht nur in Deutschland ein ungewöhnlicher Vorgang. Auch in den USA landen Spitzenmanager im Zusammenhang mit Gesetzesverstößen ihrer Unternehmen selten im Gefängnis. Dabei schrecken US-Staatsanwälte kaum davor zurück, sich mit straffälligen Firmen und ihren Managern anzulegen, gerade wenn sie ein höheres politische Amt anstreben. Rudy Giuliani, der heute US-Präsident Donald Trump als Anwalt vertritt, machte vor dreißig Jahren als Staatsanwalt im Southern District of New York mit der Verfolgung von “White Collar Crime” auf sich aufmerksam und legte das Fundament für eine erfolgreiche Bewerbung als New Yorker Bürgermeister. Die gleiche Behörde erstattete vor knapp drei Jahren unter dem damaligen Staatsanwalt Preet Bharara nach einer Reihe von tödlichen Unfällen wegen defekter Zündschlösser Strafanzeige gegen den US-Autobauer General Motors (GM). Gegen eine Zahlung von 900 Mill. Dollar wurde die Angelegenheit damals auf Eis gelegt, nachdem GM eingeräumt hatte, dass sie die für Verkehrssicherheit zuständige Aufsichtsbehörde über den Defekt jahrelang im Dunkeln gelassen und auch die Verbraucher über das Risiko getäuscht hatte. GM geht nicht ins GefängnisDie Strafe für GM entsprach damals etwa einem Drittel ihres Jahresgewinns. Strafrechtliche Konsequenzen für verantwortliche Manager gab es keine, obwohl der Zündschlossdefekt in mindestens 174 Fällen als Ursache für einen Unfall mit Todesfolge festgestellt wurde. Jetzt zahlte sich aus, dass die Lobbyisten der US-Autoindustrie in Washington über mehr als 30 Jahre verhindert hatten, dass Verstöße gegen Sicherheitsvorschriften strafrechtlich geahndet werden können, wie “The Harvard Law Record” bereits im Frühjahr 2015 unter dem Titel “20 Dinge, die Du über Corporate Crime wissen solltest” feststellte.Erst vor wenigen Tagen hat die New Yorker Staatsanwaltschaft eine Klage gegen die Stiftung von US-Präsident Donald Trump eingereicht, die den Bekanntheitsgrad von Generalstaatsanwältin Barbara Underwood ebenfalls befördern dürfte. An der Westküste macht derweil der Fall des Bluttest-Start-ups Theranos Furore, dessen Führung die Staatsanwaltschaft in San Francisco Betrug vorwirft. Am Freitag hat eine Grand Jury gestützt auf Untersuchungen der Staatsanwaltschaft Anklage gegen Gründerin Elizabeth Holmes erhoben. Der 34-Jährigen, die vor wenigen Jahren als Wunderkind im Silicon Valley gefeiert wurde, drohen 20 Jahre Haft.—– Personen Seite 12