USA haben Nachholbedarf

BCG-Studie: Bei Industrie 4.0 sticht Deutschland den großen Konkurrenten noch aus

USA haben Nachholbedarf

Was Digitalisierung angeht, macht den USA so schnell keiner etwas vor. Aber in der Spezialdisziplin digitalisierte Fabriken, hierzulande als Trendthema “Industrie 4.0” in aller Munde, hat Deutschland laut einer Studie noch klar die Nase vorn und der große Konkurrent jenseits des Atlantiks Nachholbedarf.ds Frankfurt – Wenige Tage vor Beginn der Hannover Messe, auf der Deutschland für Produkte zur Digitalisierung der Fabriken wirbt und die USA als Partnerland zu Gast sind, schmeichelt die US-Beratungsgesellschaft Boston Consulting Group (BCG) dem Gastgeber. In einer Studie hat BCG ermittelt: Deutschland liegt beim Wettrennen um Industrie 4.0 noch vor den USA. Der Begriff Industrie 4.0 steht für die Digitalisierung der Fabriken in der angeblich bevorstehenden vierten industriellen Revolution (nach Dampfmaschine, Elektrifizierung und Computertechnik). Jeder Fünfte schon dabeiDer BCG-Studie zufolge haben rund 20 % der Unternehmen in Deutschland erste Maßnahmen oder vollständige Industrie-4.0-Konzepte umgesetzt. In den USA seien es dagegen erst 16 %. Auch bei der Planung zukünftiger Maßnahmen liege Deutschland vorn, heißt es in der Erhebung mit dem Titel “The Industry 4.0 Race – Time to Accelerate”, der eine Umfrage unter knapp 630 Entscheidern aus der Industrie in beiden Ländern zugrunde liegt.Fast die Hälfte aller Unternehmen hierzulande hätten bereits erste Industrie-4.0-Strategien entwickelt. Mehr als 80 % aller Befragten gingen davon aus, gut auf die Einführung von Industrie-4.0-Technologien vorbereitet zu sein. In den USA glaubten dies weniger als 60 % der befragten Unternehmen von sich. Logistik, Roboter, WartungDeutschland hat vor allem bei computergesteuerter Fabriklogistik und dem Einsatz von autonom entscheidenden Robotern, die flexibel auf neue Situationen reagieren, statt ein festgelegtes Programm Schritt für Schritt abzuarbeiten, einen großen Vorsprung vor den USA. “Dass Deutschland im Vergleich so gut dasteht, überrascht auf den ersten Blick. Beim genaueren Hinschauen werden die Startvorteile deutscher Unternehmen klar: Sie verfügen über einen deutlich höheren Automatisierungsgrad und können dadurch digitale Technologien schneller einführen als US-Unternehmen”, sagt Markus Lorenz, Partner der Boston Consulting Group und Experte für Industrie 4.0.Bei vorausschauender Wartung von Maschinen liegen Deutschland und die USA schon ziemlich nah beieinander (siehe Grafik). In dieser Disziplin geht es darum, dass Maschinen Daten zu ihrem Verschleiß erheben und signalisieren, wenn sie gewartet werden müssen. So hat beispielsweise der Elektrotechnikkonzern ABB Sensoren entwickelt, die außen an Elektromotoren angebracht werden und per drahtloser Datenübertragung Informationen zu Betriebs- und Zustandsparametern liefern – wie etwa Vibrationen, Temperatur oder Überlastung oder zum Energieverbrauch. Die Daten werden danach mit einer speziell entwickelten Software analysiert und dem Anlagenbetreiber als verwertbare Informationen für die Wartungsplanung zur Verfügung gestellt. Weniger VerschleißNach ABB-Angaben lassen sich dadurch Stillstandzeiten um bis zu 70 % reduzieren, die Lebensdauer der Motoren um bis zu 30 % verlängern und der Energieverbrauch um bis zu 10 % senken.Sowohl in Deutschland als auch in den USA bleibt der BCG-Studie zufolge für mehr als ein Drittel aller Unternehmen der Mangel an spezialisierten Fachkräften die größte Herausforderung – noch vor Datensicherheit und hohem Investitionsbedarf. Gefragt seien vor allem Kompetenzen im Bereich Datenmanagement und -analyse sowie im Aufbau von Sicherheitsarchitekturen. Schulung oder UmschulungUm ihre Mitarbeiter fit für neue digitale Werkzeuge und vernetzte Prozesse zu machen, setzen deutsche Unternehmen vor allem auf externe Weiterbildung und Schulungen (64 %). Über die Hälfte der US-Unternehmen legten dagegen den Fokus auf Umschulung oder Neueinstellungen, um digitale Talente zu gewinnen, heißt es in der Studie.