IM BLICKFELD

USA setzen auf Comeback von Kohle und Kegelrunde

Von Stefan Paravicini, New York Börsen-Zeitung, 7.6.2017 "Trump baggert nach Kohle", lautete ein Slogan im US-Präsidentschaftswahlkampf des zurückliegenden Jahres. "Ich liebe die Kohlebergleute", wiederholte US-Präsident Donald Trump in der...

USA setzen auf Comeback von Kohle und Kegelrunde

Von Stefan Paravicini, New York”Trump baggert nach Kohle”, lautete ein Slogan im US-Präsidentschaftswahlkampf des zurückliegenden Jahres. “Ich liebe die Kohlebergleute”, wiederholte US-Präsident Donald Trump in der vergangenen Woche, als er den Ausstieg der USA aus dem in Paris beschlossenen Klimavertrag verkündete (vgl. BZ vom 3. Juni). Das Abkommen trage wenig zum Klimaschutz bei und verschiebe Millionen von Jobs unter anderem aus dem US-Kohlebergbau nach Indien und China, begründete Trump den Ausstieg, den er bereits im Wahlkampf versprochen hatte.Den Umbau des US-Energiesektors und den damit verbundenen Bedeutungsverlust der Kohleverstromung, die eine der größten Quellen für Treibhausgasemissionen ist, wird Trump kaum aufhalten können. Kohleförderer wie Peabody Energy und Arch Coal haben ganz andere Sorgen als die nicht bindenden Bestimmungen des Klimaabkommens. Seit 2006 hat die Kohle nach Angaben von Bloomberg fast ein Drittel ihres Anteils an der Stromerzeugung in den USA eingebüßt und liegt mit 30 % mittlerweile hinter Gas mit 34 % als wichtigste Quelle für die Stromerzeugung. Grund dafür ist aber nicht der Klimavertrag von Paris, sonder vor allem der Fracking-Boom der vergangenen Jahre, der Gas im Vergleich zur Kohle erheblich günstiger gemacht hat.Die Preise für Wind- und Solarstrom sind in den vergangenen Jahren ebenfalls kräftig gesunken, wobei die erneuerbaren Energieträger auch von dem in Paris erneut zum Ausdruck gekommenen Willen profitiert haben, verstärkt in diese Technologien zu investieren.Zu den Sorgen der Kohleförderer mit Blick auf erstarkende Alternativen in der Stromerzeugung kommt, dass der Energieverbrauch in den USA seit 2007 um 3,6 % gefallen ist, während das Bruttoinlandsprodukt in der gleichen Zeit 12 % zugelegt hat. Die Treibhausgasemissionen, die auf das Konto des weltweit zweitgrößten Emittenten gehen, sind 2016 auf den tiefsten Stand seit 25 Jahren gesunken und lagen 11,5 % unter dem Niveau von 2005. Der Energiesektor konnte seine Treibhausgasemissionen allein im vergangenen Jahr um 5,3 % senken und liegt damit bereits rund ein Viertel unter den Emissionen von 2005.Im Abkommen von Paris hatten sich die USA verpflichtet, die Emissionen bis 2025 um wenigstens 26 % unter 2005 zu drücken. Diese Ziele seien “unrealistisch” und “nicht zu erreichen”, erklärte Gary Cohn, Trumps oberster Wirtschaftsberater, zur Begründung des Ausstiegs aus dem im Dezember 2015 von mehr als 190 Staaten unterzeichneten Klimavertrags, den nur Syrien und Nicaragua nicht unterschrieben haben.Dabei hilft die Entkoppelung von Wachstum und Energieverbrauch nicht nur dem Klima: So haben die US-Verbraucher im vergangenen Jahr noch 4 % ihres Einkommens für Energie ausgegeben. Das ist der geringste Wert, den die offizielle Statistik bisher verzeichnet hat. Neben dem Stromverbrauch sinken auch die Energiepreise. Allein im vergangenen Jahr sind die Strompreise um 1,3 % zurückgegangen. Im Vergleich zu 2007 bezahlen die US-Haushalte heute durchschnittlich 3 % weniger pro Kilowattstunde.Der Umbau der US-Energiewirtschaft schlägt sich längst in den Beschäftigtenzahlen nieder. Zwar liegt die Ölindustrie mit 510 000 Jobs immer noch auf Platz 1. Dahinter folgt nach Angaben des US-Energieministeriums mit rund 370 000 Arbeitsplätzen aber bereits die Solarindustrie mit Unternehmen wie First Solar und Sunpower, während die Stromerzeugung mit Gas 310 000 Menschen beschäftigt. Die Windindustrie bringt es demnach bereits auf knapp 100 000 Jobs. Kumpel auf der BowlingbahnDie Kohleverstromung bietet noch 160 000 Arbeitsplätze, wobei im Kohlebergbau nach Angaben des Arbeitsministeriums noch etwas mehr als 50 000 Menschen beschäftigt sind. Vor drei Jahren waren in den USA noch 76 000 Kumpel im Kohlebergbau beschäftigt, wie aus den jüngsten verfügbaren Zahlen des Census Bureau hervorgeht. Das waren etwas mehr, als auf den Bowlingbahnen landesweit ihrer Arbeit nachgingen (siehe Tabelle). Ein Comeback der Kegelrunde als fester Bestandteil der Freizeitgestaltung ist in den USA auch nach dem Ausstieg aus dem Pariser Klimavertrag mindestens so wahrscheinlich wie eine Renaissance der Kohle.