IM INTERVIEW: MANFRED GENTZ, REGIERUNGSKOMMISSION DEUTSCHER CORPORATE GOVERNANCE KODEX

"Vereinfacht die Vergütungssysteme!"

Der Vorsitzende über Managergehälter und unsinnige Anreizmodelle, Verantwortungen im Aufsichtsrat und künftige Aufgaben des Gremiums

"Vereinfacht die Vergütungssysteme!"

Die jüngsten Änderungen des Corporate Governance Kodex betrafen die Managervergütung und die Unabhängigkeit von Aufsichtsräten. Manfred Gentz, seit Oktober vergangenen Jahres Vorsitzender der Regierungskommission Deutscher Corporate Governance Kodex, hält viele Anreizsysteme für nicht zielführend, um Führungskräfte zu motivieren. Mit Sorge betrachtet er den Trend zu höheren Festvergütungen. Dem Thema Mandatshäufung von Aufsichtsräten will sich die Kommission annehmen, erläutert Gentz im Interview.- Herr Dr. Gentz, haben Sie in Ihrer aktiven Zeit als Manager Ihr Gehaltspaket stets in Gänze verstanden?Nein. Ich habe nie wirklich nachgerechnet. Die meisten Incentive-Systeme für Manager werden bei weitem überschätzt. Wobei es sicher regionale Unterschiede gibt. Für Amerikaner spielen Anreizprogramme für die Motivation eine große Rolle, in Europa und Deutschland meines Erachtens weniger.- Ein finanzieller Anreiz hat Sie nicht zu Mehrarbeit bewegen können?Das Incentive-System von Daimler, speziell nach dem Zusammengehen mit Chrysler, hat mich nie besonders motiviert oder herausgefordert. Mir hat die Aufgabe Spaß gemacht. Ich habe mich für meine Arbeit und für das Unternehmen verantwortlich gefühlt.- Es hat immer wieder den Anschein, dass weder Vorstände noch Aufsichtsräte die Entlohnungspakete verstehen. Müssen Vergütungen so komplex sein?Der Komplexitätsgrad der Incentivesysteme ist deutlich gewachsen. Das liegt zum Teil an den Vorgaben des Gesetzgebers, aber auch an der öffentlichen Diskussion. Nach herrschender Meinung sollen Manager rückläufige Gewinne in ihrer Bezahlung zu spüren bekommen. Bei mehrjährig angelegten Anreizsystemen entstehen dabei hohe Komplexitäten, die sich nur schwer Dritten erschließen. Die Presse beurteilt das Zurückgehen oder Steigen eines Gewinnes immer nur einjährig. Für länger laufende Vergütungsvereinbarungen müssten jedoch Durchschnitte gebildet werden. Dabei kommen wiederum oft Angaben heraus, die der kurzfristigen Betrachtung eines Jahres widersprechen. Der Gesetzgeber lässt einjährige Incentives zwar zu, verlangt aber vor allem längerfristige Anreize. Daneben werden heutzutage auch andere Maßstäbe wie beispielsweise die Mitarbeiterzufriedenheit oder Corporate-Social-Responsibility-Themen gefordert.- Die Vergütungsberichte tragen nicht immer zur Erhellung bei. Man muss sich oft fragen, ob es um sinnvolle Anreizsysteme geht.Die Motivation eines deutschen Vorstandsmitgliedes sollte primär in der Aufgabe liegen und in der Verantwortung, die er für sein Ressort und das Unternehmen hat. Das kann man mit Geld unterstützen, doch das Incentive darf nicht der dominierende Faktor für die Leistungsfähigkeit und Leistungsbereitschaft von Managern sein. Ich halte das für eine grobe Fehlentwicklung, die von Amerika zu uns herüberschwappt. Dort haben Führungskräfte oft eine andere Einstellung zu Arbeit und Verantwortung.- Was wäre der adäquate Maßstab für die Vergütung?Vorstände sind zwar gesamthaftend für das Unternehmen zuständig, haben jedoch eine dem einzelnen Vorstandsmitglied zugeordnete Ressortverantwortung. Für die Vergütung sollten vergleichbar zum Gesamtunternehmen spezifische Ertragskennzahlen, zum Beispiel das Betriebsergebnis, für das Ressort als Zielmarke festgelegt werden. Das ist über das Controlling zu steuern. Der Gesetzgeber schreibt zudem vor, nach Leistung zu bezahlen. Somit braucht es Zielvereinbarungen. Diese aufzustellen und zu bewerten, ist der schwierigste Teil. Das alles macht die Sache nicht leicht.- Und selbst für die Beteiligten schwer durchschaubar?Ich kann nachvollziehen, dass sich wahrscheinlich eine Reihe von Vorstandsmitgliedern nicht in jedes Detail der eigenen Vergütungsregeln einarbeitet – sofern sie die Entlohnung insgesamt für angemessen halten. Dahinter steht auch eine gesellschaftspolitische Einstellung, die wir zum Glück in Deutschland im Kern noch haben: Der Wert eines Menschen wird an seiner Aufgabe, seiner Verantwortung und seiner Persönlichkeit gemessen und nicht primär an seinem Einkommen.- Es fällt für Investoren immer noch schwer, das Einkommen aus den Vergütungsberichten abzulesen. Geht es um Verschleierung?Die Unternehmen wollen nichts verschleiern, sie versuchen ehrlich ihr System zu erklären.- Aber nicht mit den einfachsten Worten.Die Begabung mag unterschiedlich sein. Doch es ist auch nicht so einfach, die einzelnen Parameter und deren Bemessung so darzustellen, dass alle Zielgruppen zufrieden sind. Analysten fragen detailliert nach. Deshalb werden die Berichte jedes Jahr ausführlicher. Jedes abgefragte Detail zieht im Zweifelsfall weitere Fragen, Erläuterungen und Zahlen nach sich. Ich bin für Transparenz, doch wir sind in einer Entwicklung, dass die Geschäftsberichte immer dicker und unleserlicher werden.- Sie haben angedeutet, dass wir Fehlentwicklungen aus den USA übernommen haben. Oft wird die Fusion von Daimler und Chrysler, an der Sie als Finanzvorstand beteiligt waren, als Schlüsselereignis für steigende Gehälter betrachtet. Sind damals die Dämme gebrochen?Die Entwicklung hat schon früher angefangen, doch der Zusammenschluss hat sicher einen Schub gegeben. Der Grund ist relativ einfach, denn viele Posten sollten paritätisch zwischen beiden Konzernen verteilt werden, beispielsweise zwei CEOs. Die Amerikaner waren jedoch im Vorstand und der Ebene darunter deutlich höher bezahlt als die Deutschen. Das ist zwar nie voll angeglichen worden, doch auf Dauer hält man das in einem Unternehmen nicht aus.- Die Kodexkommission ist seit Jahren bemüht, für Mäßigung zu sorgen. Mit den Neuregelungen haben einige Unternehmen ihre Probleme. Muss die Kommission nachbessern?Nein. Wir setzen mit unseren Empfehlungen auf Kriterien, die der Aufsichtsrat berücksichtigen soll und eine verstärkte interne Transparenz für den Aufsichtsrat. Komplexe Incentivesysteme bergen die Gefahr, dass die Beträge bei besonderen Marktentwicklungen oder durch Einmaleffekte ungewollt “durch die Decke schießen”. Deshalb soll von vornherein eine Obergrenze gezogen werden, deren Höhe allein in der Verantwortung des Aufsichtsrats liegt. Die Vorstandsvergütung ist in aller Regel kein ökonomisches Problem für die Aktionäre, sondern eine Frage gesellschaftspolitischer Akzeptanz.- Sind die Gehälter zu hoch?Die wohlgemerkt wenigen Einzelfälle, die immer wieder mal in der Öffentlichkeit beanstandet werden, lösen auch bei mir zum Teil Störgefühle aus. Die meisten Vorstände sind angemessen, zumindest aber vertretbar vergütet. Deshalb trifft die zuweilen angedrohte Keule des Gesetzgebers überwiegend die Falschen.- Aus den Kodexerklärungen lässt sich herauslesen, dass einige Konzerne Probleme mit der Auslegung der neuen Vergütungsregeln haben. Berechtigte Kritik oder Ablenkungsmanöver?Das sind keine Ablenkungsmanöver. Hier spielt wieder die Komplexität der in den Unternehmen verabschiedeten Systeme eine Rolle. Das kann zu Schwierigkeiten in der Anwendung der von uns empfohlenen Tabellen führen. Die Antwort darauf wäre: Vereinfacht die Vergütungssysteme! Das ist aber nicht Aufgabe der Kommission, das müssen die Aufsichtsräte entscheiden.- Die Kommission wird also nicht nachbessern und konkreter werden?Es kann sein, dass die Kommission in den Fußnoten zu den Vergütungstabellen weitere Erläuterungen gibt. Am Grundsystem gibt es keinen Veränderungsbedarf.- Einige Unternehmen weichen von der Empfehlung ab, wonach der Aufsichtsrat einen vertikalen Vergleich innerhalb der Belegschaft berücksichtigen soll. Diese Relation müsste den Gremien mit Blick auf die Motivation im Unternehmen doch besonders am Herzen liegen?Ich kann mir nicht vorstellen, dass Aufsichtsräte dies für einen falschen Parameter halten. Sie wollen die Spanne nicht veröffentlichen, aber das haben wir auch nicht empfohlen.- Von Seiten der US-Börsenaufsicht SEC gibt es schon einen Vorschlag, die Pay Ratio veröffentlichen zu lassen. Trägt sich die Kodexkommission mit Überlegungen, hier auch Transparenz zu schaffen?Wir haben empfohlen, dass Aufsichtsräte den unternehmensspezifischen vertikalen Vergleich anstellen, der aber jeweils einer Erklärung bedarf. Aktionäre können und werden gegebenenfalls in der Hauptversammlung danach fragen. Kein Aufsichtsrat wird die Antwort verweigern – und er kann die notwendige Erklärung dazu liefern. Damit würde die Relation zwischen Vorstands- und Belegschaftseinkommen indirekt schon öffentlich.- Die jüngste Kodexstudie offenbart auf Basis von 22 Unternehmen eine Gehälterspreizung zwischen Vorstand und Gesamtbelegschaft vom 2,2-Fachen bis zum 50-Fachen. Eine Studie der Hans-Böckler-Stiftung zeigte Intervalle bis zum 170-Fachen (Volkswagen) oder 130-Fachen (Adidas). Was halten Sie für adäquat?Der Aufsichtsrat selbst muss zu einem für das Unternehmen vertretbaren Urteil kommen und im Zweifelsfall auf der Hauptversammlung erklären können, welche Mitarbeitergruppen er warum als relevant für den Vergleich ansieht. Es macht einen Unterschied, ob ein Unternehmen nur Ingenieure in Deutschland beschäftigt oder in Niedriglohnländern produzieren lässt. Es gibt kein Modell, das auf alle passt. Dafür sind die Unternehmen einfach viel zu verschieden.- Mit der Aufarbeitung der Finanzmarktkrise spielen die Banken eine Sonderrolle in der Vergütung. Viele halten die EU-Regulierung für völlig misslungen. Sieht sich die Kodexkommission berufen, hier aktiv zu werden?Unsere Empfehlungen und Anregungen gelten natürlich auch für Banken. Darüber hinaus ist dort alles schon so stark reguliert, dass es für die Kommission keinen Raum für weitere Empfehlungen gibt. Auch hier wird deutlich, dass der Gesetzgeber durch gut gemeinte Regulierung Fehlentwicklungen auslöst. Nehmen wir die neue Bonusbegrenzung für Finanzinstitutionen und die Auswirkung auf die Festgehälter.- Der Bonusdeckel bei Banken sorgt für höhere Festgehälter. Allerdings lässt sich dieser Trend auch in der Industrie beobachten, Beispiel Daimler. Die Schallmauer von 2 Mill. Euro ist durchbrochen. Sehen Sie das kritisch?Ich halte diese Entscheidung für einen Fehler. Denn von den hohen Festgehältern kommt ein Unternehmen im Normalfall nicht mehr weg. Die Variabilität der Gehälter nach unten ist damit abgeschnitten.- Kommen wir zu einem anderen neuralgischen Thema, der Unabhängigkeit von Aufsichtsräten. Hier hat der Kodex 2012 nachgebessert, doch die Unternehmen tun sich schwer mit der Umsetzung und verweisen auf unklare Vorgaben. Greifen Sie das noch mal auf?Kurzfristig nicht. Die Kommission hat das Thema ausführlich diskutiert. Unabhängigkeitskriterien sind nicht immer ganz einfach abzugrenzen. Nehmen sie das Beispiel eines vom Großaktionär vorgeschlagenen Aufsichtsratsmitglieds. Man könnte argumentieren, er sei abhängig, weil er vom Großaktionär ausgewählt ist. Die Person könnte sich aber ganz grundsätzlich nicht an Weisungen des Gesellschafters gebunden fühlen. Der Umgang mit konkreten Interessenkonflikten bereitet in der Regel wenig Probleme.- Die zweite Konstellation ist unwahrscheinlich.Der Vorgeschlagene wird möglicherweise nichts gegen die Interessen des Großaktionärs tun, aber Interessenkonflikte offenlegen. Die Empfehlungen im Kodex sind nach unserer Meinung ausgewogen und nehmen den Aufsichtsrat in die Verantwortung. Er muss sagen, wie viele unabhängige Mitglieder nach seiner Einschätzung das Gremium hat und haben soll.- Schon diese Aufgabe traut sich manche Gesellschaft nicht zu.Es gibt eine Vielzahl von Kommentaren dazu, die Unterstützung anbieten. Ein Aufsichtsrat mit Interessenkonflikt ist im Übrigen nicht automatisch vom Gremium ausgeschlossen. Er soll es offenlegen, damit seine Kollegen im Aufsichtsrat und die Aktionäre beurteilen können, wie unabhängig er in seiner Urteilsfindung ist.- Die Ämterhäufung von Aufsichtsräten ist vielen zunehmend ein Dorn im Auge, zumal die Anforderungen an die Position weiter zunehmen. Muss hier die Grenze enger gezogen werden?Die Kommission wird sich mit dem Thema beschäftigen. Wir haben uns die Usancen in anderen Ländern angeschaut, aber keine klare Aussage gefunden. Es gibt Anregungen von Aktionärsdienstleistern wie ISS. Doch auch hier gibt es Unklarheiten in der Abgrenzung, zum Beispiel zwischen konzerninternen und externen Mandaten. Die Regel im Kodex ist heute schon deutlich enger als die Vorgaben im Gesetz. Nach meinem persönlichen Eindruck ist die Mandatshäufung bei aktiven Vorstandsmitgliedern schon deutlich zurückgegangen. Den Managern sind die Arbeitsbelastung und die mögliche Haftung zu groß geworden und sie reagieren auch ohne ausdrückliche Regelung.- Dann gibt es aber noch die sehr aktiven Berufsaufsichtsräte.Für sie gibt es auch Regelungen im Kodex und im Gesetz. Darüber kann man sich unterhalten, doch ich bezweifele, dass es sich um ein generelles Problem handelt, denn wer nachweislich nicht genügend Zeit für sein Amt investiert, könnte in einem Haftungsprozess schlecht dastehen.- Zwei Aufsichtsratsvorsitze in Dax-Konzernen, vier weitere Mandate in börsennotierten Unternehmen, ist das zu viel?Für mich persönlich wäre es zu viel, aber es wäre auch vermessen, mich als Gradmesser für die Leistungsfähigkeit aller Aufsichtsräte zu nehmen. Wenn es nur um zwei oder vielleicht auch fünf Fälle geht, muss man das gleich durch neue Kodexempfehlungen oder gar Gesetze regeln? Es ist gut, dass wir über solche Einzelfälle offen diskutieren. Den Eigentümern waren es offenbar nicht zu viele Mandate.- Sie haben mehrfach auf die Konvergenz von angelsächsischem Board-Modell und deutschem dualem System mit Aufsichtsrat und Vorstand hingewiesen. Welche Folgen hat das für die Corporate Governance?Auf angelsächsischer Seite wird die früher übliche Doppelfunktion von CEO und Chairman zunehmend abgeschafft. Es gibt viele Systeme, die monistische Strukturen zulassen, jedoch immer mehr zur Trennung von Exekutive und Aufsicht tendieren. Das ist in der Schweiz sehr deutlich zu beobachten. Im Banken- und Versicherungssektor ist die exekutive Seite fast durchgängig nicht mehr im Verwaltungsrat vertreten. Theoretisch könnte in der Schweiz der Verwaltungsrat exekutive Aufgaben wieder an sich ziehen, was in Deutschland nicht möglich ist.- Wie läuft die Konvergenz hierzulande?Früher war es herrschende Meinung, dass der Aufsichtsrat überhaupt nicht operativ tätig werden und die Gesellschaft nicht nach außen vertreten darf. Gespräche mit Analysten und Aktionären waren ausgeschlossen. Diese strikte Trennung ist angesichts des durch das Gesetz erweiterten Aufgabenspektrums des Gremiums nicht mehr aufrechtzuerhalten. Um zum Beispiel das Risikomanagementsystem beurteilen zu können, muss ein Aufsichtsrat in der Lage sein, sich tiefer mit der operativen Seite zu beschäftigen und Gespräche im Unternehmen zu führen.- Wie sollte der Aufsichtsrat einen aktiven Dialog mit den Investoren führen, Einzelgespräche oder geht er mit auf Roadshow?Das müssen die Unternehmen selbst entscheiden. Es hängt von den Themen und dem Interesse der Analysten und Investoren ab. In wichtigen Strategiefragen könnten Vorstand und Aufsichtsrat gemeinsam Rede und Antwort stehen, ohne gegen gute Corporate Governance zu verstoßen, beim Vergütungssystem ist allein der Aufsichtsrat gefragt.- Ist das ein Thema, zu dem der Kodex Empfehlungen geben wird?Wohl nicht notwendigerweise. Das kann die Praxis selber organisieren. Jede Regelung, ob im Kodex oder im Gesetz, schränkt Freiheiten ein. Man sollte nur dort eingreifen, wo es wirklich nötig ist.- Der amtierende Bayer-Chef Marijn Dekkers hat unlängst transparent gemacht, dass er nur für zwei Jahre weitermacht. Erwarten Sie, dass ein solch offenerer Umgang mit Amtszeiten und der frühzeitigen Ankündigung solcher Schritte Schule macht?Bayer hat das sehr gut gemacht. Allerdings hat das Unternehmen einen Nachfolger und eine Absprache, wie die beiden miteinander umgehen. Das ist in anderen Fällen oftmals nicht gegeben. Hier kann dann der Lame-Duck-Effekt eintreten. Die meisten Aufsichtsräte in den Dax-Unternehmen machen sich heute sehr viel früher Gedanken über Nachfolgeregelungen. Wenn das Gremium klare Vorstellungen und Absprachen mit Vorgänger und Nachfolger hat, kann es sinnvoll sein, an die Öffentlichkeit zu gehen, um Spekulationen zu begegnen.- Sie haben den Vorsitz der Kodexkommission in schwieriger Zeit übernommen und haben sich einen intensiveren Dialog mit der Politik auf die Agenda gesetzt. Wie weit sind Sie damit gekommen?Es ist langsam angelaufen. Schließlich musste sich die Politik nach der Wahl auch neu organisieren. Aber inzwischen sind die Dialoge gut angelaufen und werden von allen Seiten begrüßt.- Einige Themen wie Ämterhäufung haben Sie angesprochen. Welche Zukunftsthemen sehen Sie noch für die Kommission?So wie wir vom Gesetzgeber eine gute Abwägung erwarten, bevor er tätig wird, wollen wir es auch für den Kodex im Sinne eines Subsidiaritätsprinzips handhaben und prüfen, ob Regelungen wirklich notwendig sind. Es gibt aber eine Reihe von Initiativen, die aus Brüssel auf uns zukommen und einen direkten Einfluss auf unsere Corporate Governance haben können. Zum Beispiel die Aktionärsrechte-Richtlinie, die vorsieht, dass wichtige Transaktionen mit nahe stehenden Unternehmen und Personen künftig der Hauptversammlung zur Abstimmung vorgelegt werden sollen. Oder der gewünschte aktivere Dialog mit institutionellen Investoren, was die Gleichbehandlung von Aktionären gefährden könnte.- Treibt Sie das Thema Stimmrechtsvertreter noch um?Damit haben wir uns beschäftigt und es bleibt Thema einer unserer Arbeitsgruppen. Ich bin ziemlich sicher, dass wir dazu nichts regeln werden, denn wir haben hier keinen Einfluss. Die EU ist dabei, Mindeststandards zu definieren. Dazu werden wir uns gegebenenfalls äußern.- Sprechen Sie auch mit EU-Politikern?Wir sind vor allem bestrebt, uns mit Corporate-Governance-Einrichtungen anderer Ländern enger abzustimmen. Es gibt immer wieder Initiativen auf EU-Ebene, auf die wir aufpassen müssen, auch wenn wir hier als deutsche Regierungskommission keinen direkten Einfluss nehmen können. Die Kommission möchte sich künftig stärker als früher in Stellungnahmen positionieren, wobei unser Adressat als Brücke zu EU vor allem die Bundesregierung ist.—-Das Interview führte Sabine Wadewitz.