Vermieter brauchen neue Konzepte
Von Helmut Kipp, FrankfurtZwischen Gewerbemietern und Immobilienbesitzern ist ein Verteilungskampf ausgebrochen. Es geht um die Coronalasten: Müssen Laden-, Restaurant- und Hotelbetreiber auch dann (volle) Miete zahlen, wenn sie gezwungen werden, ihren Betrieb vorübergehend einzustellen? Der zwischen dem Einzelhandelsverband HDE und der Immobilienorganisation ZIA abgesprochene Verhaltenskodex, der als Richtschnur eine Mietreduzierung um 50 % für die Zeit der staatlich verfügten Betriebsschließungen vorsieht, hat wenig Akzeptanz gefunden. Viele Pächter klagen, dass Gespräche über Mietanpassungen erfolglos verliefen.Nun hat der Bundestag Mitte Dezember eine Gesetzesänderung beschlossen. Künftig gilt die Vermutung, dass coronabedingte Ladenschließungen und andere erhebliche Einschränkungen zur Pandemiebekämpfung eine Störung der Geschäftsgrundlage darstellen, die zu einer Anpassung des Mietvertrags führen kann. Bisher galt das nach verbreiteter Auffassung nur für Einschränkungen, die unmittelbar mit dem Zustand der Mietsache zusammenhängen, etwa Wasserschäden.Die neue Regelung, für die sich auch die Bund-Länder-Runde ausgesprochen hatte, stärkt die Position der gewerblichen Mieter und Pächter. Damit ist aber kein Anspruch auf automatische Mietreduktion verbunden. Entscheidend bleibt nach Einschätzung von Juristen der Einzelfall. Damit dürften viele Fälle vor Gericht landen.Die Existenznot von Laden- und Restaurantbetreibern hat für Vermieter auch langfristig Folgen. Eigentümer müssen sich verstärkt Gedanken über neue Nutzungskonzepte machen. Denn die Pandemie verstärkt den Wandel der Innenstädte. Gefährdet sind vor allem Kaufhäuser, Modegeschäfte und manche Einkaufszentren. Sie werden Flächen freimachen, die neu belegt werden müssen. Der Trend geht weg von reinem Retail hin zu Mischnutzungen mit Arztpraxen, Sportstudios, Büros und Wohnungen. Fachmarktzentren und Nahversorger sind gefragt. Sogar klassische Lebensmitteldiscounter, bisher wegen des Parkplatzbedarfs meist in Randzonen angesiedelt, zieht es in die Zentren. Auch Betreiber von Onlineplattformen dürften sich verstärkt ansiedeln, etwa mit Lagerstationen.