"Vorstände sollten Aktien halten"

Vergütungsprofis plädieren für nachhaltigere Managergehälter - Perlet: Aufsichtsrat braucht Ermessen

"Vorstände sollten Aktien halten"

Die Diskussion über die Angemessenheit und Ausgestaltung der Vorstandsvergütung reißt nicht ab. Experten aus Wissenschaft und Praxis waren sich auf einer Veranstaltung an der Universität Frankfurt einig, dass die langfristige Entlohnung nachhaltiger sein könnte und Top-Manager zu einem Teil in Aktien vergütet werden sollten.swa Frankfurt – Manager und Investoren gehören ins selbe Boot, so der einhellige Tenor in einer Podiumsdiskussion auf einer gemeinsamen Veranstaltung der Goethe-Universität Frankfurt und der Prüfungs- und Beratungsgesellschaft PwC. Hierzulande herrscht diesbezüglich Nachholbedarf. Zwar stellen die meisten langfristigen Komponenten in der Vorstandsvergütung auf die Aktienkursentwicklung ab, wie aus einer Studie von PwC hervorgeht, die in Kooperation mit dem Frankfurter Wissenschaftler Hans-Joachim Böcking erstellt wurde. Allerdings werden 80 % dieser Long Term Incentives in Dax- und MDax-Unternehmen am Ende in bar ausbezahlt und nicht in Aktien. Mit Auszahlung entkoppelt sich somit der Bonus von der Geschäftsentwicklung.Aus Sicht von Remo Schmid, Partner und Vergütungsexperte von PwC, stellt Deutschland mit dieser Praxis international einen Sonderfall dar. “Aus unserer Sicht wäre es zielführender, langfristige Boni in Form von Aktien des eigenen Unternehmens zuzuteilen – und die Vorstände durch entsprechende Klauseln anzuhalten, die Papiere über die Bestelldauer hinaus zu halten”, meint Schmid.Dass “Vorstände Aktien halten sollten”, findet auch Christine Bortenlänger, geschäftsführender Vorstand des Deutschen Aktieninstituts (DAI). Sie plädiert für eine Vereinfachung der Modelle. “Ich bezweifle, dass ein komplexes Vergütungssystem den Vorstand in der täglichen Arbeit antreibt”, sagt Bortenlänger. Auch Böcking appelliert an die Aufsichtsräte, den Bogen nicht zu überspannen: “Unternehmen sollten darauf achten, dass ihre Gehaltsstrukturen nicht noch komplexer werden, als sie es ohnehin schon sind.” Nachhaltigkeit kaum greifbarDer Wissenschaftler mahnt, dass eine stärke Berücksichtigung nichtfinanzieller Ziele zur Erfüllung von Nachhaltigkeitsanforderungen noch mehr Komplexität hineinbringen würde. Stattdessen könne man darauf hoffen, dass sich die Umsetzung der CSR-Richtlinie zur Berichterstattung über Nachhaltigkeit im Aktienkurs niederschlagen werde. Über aktienbasierte Vergütungen käme der Nachhaltigkeitsaspekt dann indirekt in die Entlohnung, so Böcking. Manfred Gentz, Vorsitzender der Regierungskommission Deutscher Corporate Governance Kodex, weist auf die Schwierigkeit hin, Nachhaltigkeitskriterien für Vergütungssysteme objektiv messbar zu machen. “Ich habe nichts gegen CSR-Kriterien, aber man muss sich im Klaren sein, dass ein Element hineinkommt, das sich einer klaren Messbarkeit entzieht”, sagt Gentz.Helmut Perlet, Aufsichtsratschef der Allianz, hält aktienbasierte Vergütung auch für sinnvoll, weist aber auf steuerliche Nachteile hin. Manager müssten den Aktienbonus sofort versteuern, hätten aber erst Jahre später den Ertrag daraus. Perlet hält es für entscheidend, dass dem Aufsichtsrat ein Ermessen für die Festlegung der Vorstandsvergütung bleibt. Individuelle Lösungen seien nötig.Die Komplexität der Systeme führt der Manager auf die zunehmende Regelungsdichte zurück. Speziell bei Banken werde der Spielraum der Aufsichtsräte limitiert, beklagt er. So schreibe die Institutsvergütungsverordnung eine relativ starke Ertragsorientierung vor. Die Kernaufgabe der Kapitalausstattung könne man damit in Vergütungszielen nicht adressieren.Perlet ist in der Aufsichtsratsbezahlung ein Verfechter der Festvergütung. Denn der gesetzliche Auftrag an Aufsichtsräte habe mit dem operativen Geschäft wenig zu tun. Er sei “nicht glücklich” darüber, dass dem Gremium zusätzliche Aufgaben übertragen würden, “die immer mehr operativen Charakter haben”.