Vorstandsfrauen leicht im Vormarsch

Erstmals Marke von 10 Prozent überschritten - Weibliche Kraft im Aufsichtsrat könnte beflügeln

Vorstandsfrauen leicht im Vormarsch

Der Frauenanteil in Vorständen hat nach einer Untersuchung des Forschungsinstituts DIW hierzulande 2019 etwas stärker zugelegt als in den Jahren zuvor, ist aber immer noch überschaubar. Erste Anzeichen deuten darauf hin, dass Frauen in Aufsichtsräten die Präsenz ihres Geschlechts im Vorstand beflügeln.wf Berlin – In den 200 umsatzstärksten Unternehmen in Deutschland – den Top 200 – ist der Anteil der Frauen im Vorstand erstmals über die Marke von 10 % gestiegen. Von den 907 Vorstandsposten waren 94 von Frauen besetzt. Dies zeigt das aktuelle Managerinnen-Barometer 2020, das das Wirtschaftsforschungsinstitut DIW in Berlin der Presse vorlegte. Der Anteil der Vorständinnen stieg im Vergleich zum Vorjahr von 9,0 auf präzise 10,4 %. Der Anteil der Frauen, die den Vorsitz innehaben, liegt unter den Vorstandsvorsitzenden bei 4,9 % nach 4,1 % im Vorjahr. Bei den Top-100-Unternehmen liegt die Quote der weiblichen Vorstände mit 11,6 (i. V.10,0) % etwas höher.Die börsennotierten Unternehmen kamen dem DIW zufolge mit 10,3 % auf eine ähnliche Quote wie die Top-200-Firmen. Bei 160 Dax-Unternehmen ergab sich mit 66 Vorständinnen von insgesamt 706 eine Rate von 9,3 %. Der Dax 30 sticht mit 14,7 % heraus. Der Anteil der Frauen, die dem Vorstand vorsitzen, ist mit rund 3 % in den vergangenen Jahren annähernd unverändert, stellten die Forscherinnen fest.Die Entwicklung in den Vorständen wird in der großen Koalition in Berlin aufmerksam verfolgt. Familienministerin Franziska Giffey und Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (beide SPD) arbeiten an einem Entwurf für eine rechtsverbindliche Vorstandsquote. Ende November 2019 war bekannt geworden, dass 70 % der rund 1 700 Unternehmen, die sich zu ihren Plänen für Vorstand und obere Führungsebenen äußern müssen, eine Zielquote für Frauen von “null” angegeben hatten. Dies sind börsennotierte oder paritätisch mitbestimmte Unternehmen. Neue Zahlen gibt es dazu laut Gesetz erst wieder in fünf Jahren. Einfluss der Kontrolleure Erstmals untersuchten die Wissenschaftlerinnen Katharina Wrohlich (DIW) und Anja Kirsch (FU Berlin) auch qualitative Aspekte und interviewten Aufsichtsräte. Demnach gibt es Hinweise, dass der höhere Anteil von Frauen in den Aufsichtsräten auch die Frauenquote in den Vorständen beflügelt. In Firmen mit verbindlicher Aufsichtsratsquote war der Anteil der Vorständinnen größer als in denen ohne Quote (siehe Grafik). Kirsch zufolge kann der Aufsichtsrat Einfluss nehmen, etwa indem er Zielgrößen für Frauen festlegt, sich über Personalstruktur und Bezahlung informieren lässt, den Vorstand für Gleichstellungsziele variabel vergütet oder tradierte Anforderungen an Kandidaten und Arbeitsorganisation revidiert.In den Aufsichtsräten stieg der Frauenanteil 2019 weiterhin, wenn auch nicht mehr so dynamisch. Unter den 105 Unternehmen mit einer verbindlichen Quote – die börsennotiert und paritätisch mitbestimmt sind – erreichten 87,6 % der Top-200-Firmen die gesetzliche Vorgabe von mindestens 30 % Frauenanteil. Exakt lag die Quote bei 34,9 % nach 32,8 % im Vorjahr. In allen Dax-Segmenten zusammen erfüllen indessen nur 61,6 % der Firmen die Pflicht, von den Dax-30-Unternehmen 93,1 %. Im Vergleich der Sektoren bleibt die Finanzsparte beim Frauenanteil zurück, vor allem bei den Aufsichtsräten. Der Anteil von Frauen in den Kontrollgremien der Banken erreichte nur 22,8 %, während die Quote in den Vorständen mit 9,8 % nur knapp unter Durchschnitt lag. In den Kontrollgremien kamen die privaten Institute mit 27,3 % auf den besten Wert. Die Genossenschaftsbanken erreichten 23,1 % und die öffentlich-rechtlichen Institute nur 21,2 %.