Autohersteller in der Krise

VW-Arbeitnehmervertreter legen Sparvorschlag vor

Die Arbeitnehmervertreter schlagen im Ringen um Perspektiven für Volkswagen in Deutschland ein Konzept vor, das eine Reduzierung der Personalkosten um 1,5 Mrd. Euro ermöglichen soll. Der Vorstand begrüßt das Signal kurz vor der dritten Haustarifrunde. Streiks ab Dezember stehen weiterhin im Raum.

VW-Arbeitnehmervertreter legen Sparvorschlag vor

VW-Betriebsrat bietet Lohnverzicht an

Konzept zur Senkung der Personalkosten um 1,5 Mrd. Euro bei Erhalt aller Werke in Deutschland – Streik ab Dezember möglich

Die Arbeitnehmervertreter schlagen im Ringen um Perspektiven für Volkswagen in Deutschland ein Konzept vor, das eine Reduzierung der Personalkosten um 1,5 Mrd. Euro ermöglichen soll. Der Vorstand begrüßt das Signal, kurz vor der dritten Haustarifrunde. Streiks ab Dezember stehen weiterhin im Raum.

ste Hamburg

Einen Tag vor der dritten Verhandlungsrunde zum Haustarifvertrag der Volkswagen AG an diesem Donnerstag haben der Gesamtbetriebsrat des Wolfsburger Autobauers und die Gewerkschaft IG Metall Vorschläge für Sparmaßnahmen unterbreitet. Ziel ist es, die im Raum stehenden Werksschließungen in Deutschland, betriebsbedingte Kündigungen sowie dauerhafte Entgelteinschnitte zu vermeiden. „Weil nachhaltige Lösungen hermüssen, gehen wir nun in die Offensive und legen ein Lösungskonzept vor“, erklärten Betriebsratschefin Daniela Cavallo und IG-Metall-Verhandlungsführer Thorsten Gröger in einer Mitteilung. „Es ist ein Gegenmodell zum Kahlschlag-Plan des Vorstandes, der Zukunft verhindert statt schafft.“

Sparziele „flankieren“

Das „Zukunftsplan“ genannte Konzept sieht nach Auskunft der Arbeitnehmervertreter vor, die Sparziele der Unternehmensführung über Änderungen bei den Personalkosten mit etwa 1,5 Mrd. Euro zu „flankieren“. Insgesamt belaufe sich das Ergebnisverbesserungsprogramm des Vorstands für die Volkswagen AG über alle Handlungsfelder hinweg auf 17 Mrd. Euro.

Zur Volkswagen AG zählen die Pkw-Kernmarke VW, die VW-Komponentenwerke, die Kleinlastermarke VW Nutzfahrzeuge sowie Konzernstellen. Das Management strebt Maßnahmen an, die 2026 eine operative Umsatzrendite der Marke Volkswagen von 6,5% ermöglichen. In den ersten neun Monaten dieses Jahres lag die Marge einschließlich eines Sondereffekts von mehreren hundert Mill. Euro für Abfindungen bei 2,1%.

Ansatz mit Fondslösung

Der Vorschlag der Arbeitnehmerseite sieht bei Garantien und Sicherheiten des Managements für die zehn deutschen Standorte und die rund 125.000 Beschäftigten der Volkswagen AG vor, dass zwar der Flächentarifvertrag der Metall- und Elektroindustrie übernommen werden soll, das Geld aber nicht an die Mitarbeiter ausgezahlt wird. Stattdessen könnte die kommende Tariferhöhung bei VW befristet als Arbeitszeit in einen Fonds eingebracht werden, so Betriebsrat und Gewerkschaft. Dadurch könne das Unternehmen bei Bedarf Arbeitszeiten reduzieren. Der Fonds würde bei geringer Fahrzeugnachfrage und Unterauslastung in Produktion und Verwaltung helfen, Personal weiterhin sozialverträglich abzubauen.

Laut dem Konzept der Arbeitnehmervertreter sollen ferner der Vorstand, das außertariflich bezahlte Management und Tarifbeschäftigte in den Jahren 2025 und 2026 auf Teile ihrer Bonuszahlungen verzichten. Für alle Beschäftigten blieben damit die aktuellen Monatsentgelte gleich. Die Forderung, die gekündigte, zuvor seit 1994 fortgeschriebene Beschäftigungssicherung wieder in Kraft zu setzen, gilt auch für die drei sächsischen VW-Standorte, die 2027 mit der Volkswagen AG verschmelzen sollen.

Vorstand begrüßt Offenheit

VW-Konzernpersonalvorstand Gunnar Kilian begrüßte in einer Stellungnahme, dass „die Mitbestimmung Offenheit für Maßnahmen bei Arbeitskosten und Kapazitätsanpassungen“ signalisiere. Dies unterstreiche, dass die Einschätzung der ernsten Lage für die Kernmarke Volkswagen Pkw geteilt werde. „Wir werden in der Tarifrunde am Donnerstag zu einer finanziellen Bewertung der Vorschläge in einen detaillierteren Austausch gehen.“

Die Arbeitnehmervertreter zeigten sich entschlossen, für ihre Forderungen zu kämpfen. VW habe es jetzt in der Hand, ebenfalls Verantwortung zu übernehmen und zügige Lösungen zu ermöglichen, so IG-Metall-Verhandlungsführer Gröger. Andernfalls würde der Tarifpartner „mutwillig eine Eskalation provozieren“. Nach dem Ende der Friedenspflicht sind ab Anfang Dezember Streiks möglich.

Dividendenpolitik im Visier

Ins Visier nehmen Betriebsrat und Gewerkschaft mit ihrem Vorschlag auch die VW-Aktionäre. Im „Gesamtpaket für eine Lösung“ müsse auch ein signifikanter Beitrag durch die Dividendenpolitik enthalten sein. Die Ausschüttungsstrategie des mehrheitlich von den Familien Porsche und Piëch kontrollierten Fahrzeugbauers sieht eine Dividendenquote von mindestens 30% des Konzernergebnisses nach Steuern vor. Für 2023 zahlte VW insgesamt 4,5 Mrd. Euro an seine Aktionäre. Die Dividendenquote lag bei 28,3%.

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