Autoindustrie

VW erhöht Anteil der Zukunfts­investitionen

Volkswagen stockt den Anteil der Investitionen in Zukunftstechnologien gemessen an den mittelfristig vorgesehenen Gesamtinvestitionen auf 56% von zuvor 50% auf. Der Betriebsrat ist zufrieden.

VW erhöht Anteil der Zukunfts­investitionen

ste Hamburg

Erstmals machen die mittelfristig geplanten Investitionen in Zukunftstechnologien, vor allem in Elektromobilität und Digitalisierung, im Volkswagen-Konzern mehr als die Hälfte der Gesamtinvestitionen aus. Wie Europas größter Autobauer nach der diesjährigen Planungsrunde mitteilte, sind für den Zeitraum 2022 bis 2026 für Zukunftsinvestitionen 89 Mrd. Euro budgetiert – ein Anteil von 56% an den vorgesehenen Gesamtinvestitionen von 159 Mrd. Euro. Vor Jahresfrist waren die – für 2021 bis 2025 – geplanten Investitionen in E-Mobilität und Digitalisierung auf 73 (i.V. 60) Mrd. Euro erhöht worden – der Anteil an den Gesamtinvestitionen stieg auf 50 (40)%. Bei VW geht man aktuell davon aus, dass 2026 jedes vierte verkaufte Fahrzeug batterieelektrisch angetrieben wird.

VW-Aufsichtsratschef Hans Dieter Pötsch erklärte, mit den Investitionen fokussiere sich der Konzern auf alle wesentlichen Zukunftsfelder der Mobilität. „Unsere finanziell ausgesprochen robuste und solide Ausgangslage ermöglicht es uns, die notwendigen Investitionen aus eigener Kraft zu stemmen.“

Die Planung, um die in vergangenen Wochen mit der Folge einer vierwöchigen Verschiebung der Aufsichtsratssitzung heftig gerungen wurde, sieht neben Zwickau und Emden eine Elektrifizierung weiterer europäischer Standorte mit dem Ziel vor, bis 2025 Marktführer in der Elektromobilität zu werden. So soll etwa das Werk in Hannover, wo unter anderem mit dem von Audi verantworteten Artemis-Fahrzeug das derzeit bedeutendste Zukunftsprojekt angesiedelt werde, mittelfristig vollständig elektrisch werden. Für Wolfsburg sei neben dem bestätigten Elektroautoprojekt Trinity, mit dem die Marke VW teilautonomes Fahren der Level-4-Ebene ab 2026 massentauglich machen will, ab 2024 auch eine Vollfertigung des ID.3-Elektroautos vorgesehen, das bislang in Zwickau gefertigt wird. Damit wolle man zusätzliches Marktvolumen bedienen, so VW. Beim Trinity-Projekt wurde den Angaben zudem eine Prüfung weiterer Derivate im Rahmen der nächsten Planungsrunde vereinbart.

Neben konkreten Plänen für die vier weiteren Standorte in Niedersachsen wurden weitere Investitionen in die E-Mobilität in Deutschland und Europa beschlossen. So sollen laut VW etwa am Standort Leipzig mit zwei Porsche-Modellen Synergien des elektrischen PPE-Baukastens gehoben werden. Zur Elektrifizierung des Standorts Neckarsulm sei die Einrüstung der Audi-Fahrzeugfamilie E6 in der Nachfolgergeneration beschlossen worden. Das bereits vollständig elektrifizierte Werk in Brüssel soll ab 2026 den neuen Audi Q8 E-tron erhalten, auf der iberischen Halbinsel sei im Mehrmarkenwerk Martorell ab 2025 der Bau kompakter E-Fahrzeuge vorgesehen

Mit der aktualisierten Fünfjahresplanung sieht der Konzern auch den Weg definiert, um seine mittelfristigen Finanzziele im Rahmen der im Juli vorgestellten „New Auto“-Strategie zu erreichen. Vorstandschef Herbert Diess unterstrich die Vorgabe, 2025/26 eine operative Umsatzrendite von 8 bis 9% zu erreichen. Für das laufende Geschäftsjahr wird unverändert ein Margenziel am oberen Ende der Bandbreite zwischen 6 und 7,5% angestrebt. Der Anteil der Sachinvestitionen und Entwicklungskosten am Umsatz im Autobereich soll mittelfristig auf rund 11% gesenkt werden. Beim Netto-Cash-flow im Autobereich will Volkswagen 2025/26 vor Akquisitionen und Mittelabflüssen im Zusammenhang mit dem Dieselskandal 15 Mrd. Euro erreichen. Der Konzernchef sagte weiter, das Fixkostenprogramm mache gute Fortschritte. Bis September seien die Fixkosten verglichen mit 2019 um 8% reduziert worden. Bis 2023 hat sich der Konzern eine Senkung um 10% vorgenommen.

Die seit diesem Jahr amtierende Betriebsratschefin Daniela Cavallo zeigte sich zufrieden mit den Beschlüssen der Planungsrunde: Die Vorhaben der Planungsrunde bewerte die Arbeitnehmerseite im Aufsichtsrat als „genau den richtigen Plan in diesen höchst unsicheren Zeiten“. Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil, für das mit 20% an VW beteiligte Land Mitglied im Aufsichtsrat, erklärte, dass 21 Mrd. Euro in die niedersächsischen Standorte in Wolfsburg, Hannover, Braunschweig, Salzgitter, Osnabrück und Emden fließen sollen, sei einmal mehr ein Zeichen, dass der Weltkonzern Volkswagen sich zu seinen niedersächsischen Wurzeln bekenne. „Wir freuen uns über dieses starke Signal zur Sicherung von rund 130000 Arbeitsplätzen“, sagte der SPD-Politiker, der Konzernchef Herbert Diess wie Cavallo zuletzt für dessen Erwägungen eines Abbaus von 30000 Stellen am Stammwerk Wolfsburg heftig kritisiert hatte.