Autoindustrie

VW und Bosch paktieren bei automatisiertem Fahren

Volkswagen und Bosch habe einer Partnerschaft zur Entwicklung einer Software-Plattform für das teil- und hochautomatisierte Fahren vereinbart. Der Autokonzern will gegenüber Tesla schneller aufholen.

VW und Bosch paktieren bei automatisiertem Fahren

ste Hamburg

Volkswagen arbeitet auf dem Weg zum selbstfahrenden Auto künftig mit Bosch zusammen. Cariad, die 2020 gegründete Software-Tochter des Wolfsburger Fahrzeugherstellers, und der Technologiekonzern aus Stuttgart wollen, wie beide Seiten am Dienstag mitteilten, eine einheitliche Software-Plattform entwickeln, die das teil- und hochautomatisierte Fahren für jedermann verfügbar machen soll. Angestrebt wird, dass die Plattform Schritt für Schritt in allen privat genutzten Fahrzeugklassen der VW-Konzernmarken nutzbar wird und Funktionen bereitgestellt werden, bei denen Fahrer die Hände zeitweise vom Lenkrad nehmen können.

Konkret handelt es sich um sogenannte Level-2-Systeme („hands-free“) für Stadt, Land und Autobahn sowie ein System, bei dem das Fahrzeug die komplette Fahraufgabe auf der Autobahn (Level 3) übernimmt. Erste Funktionen sollen bereits 2023 angeboten werden. Vereinbart wurden den Angaben zufolge zwischen den Kooperationspartnern auch, mögliche gemeinsame Entwicklungsziele und Zeitpläne in Richtung vollautomatisiertes Fahren (Level 4) zu prüfen. Die Marke Volkswagen hat in Aussicht gestellt, dass ihr Elektroautoprojekt Trinity, das autonomes Fahren auf Level-4-Niveau massentauglich machen soll, von 2026 an in den Markt kommen soll.

„Wir wollen teil- und hochautomatisiertes Fahren serientauglich und damit einer breiten Kundenbasis zugänglich machen“, sagte Cariad-Chef Dirk Hilgenberg in einer Telefonkonferenz mit Bosch. Die Kooperation soll die Entwicklung der Software-Plattform beschleunigen. Die Wolfsburger hatten die eigene Software-Einheit gegründet, um den Eigenanteil an der Software ihrer Fahrzeuge bis Mitte des Jahrzehnts auf 60% von unter 10% zu erhöhen. Ein Schritt in diese Richtung war der im Herbst 2020 bekannt gegebene Erwerb der Kamerasoftware-Sparte des Autozulieferers Hella.

Die nun vereinbarte Kooperation sieht den Angaben zufolge vor, dass an verschiedenen Standorten, vor allem in Stuttgart und Ingolstadt, Mitarbeiter des Bosch-Geschäftsbereichs Cross-Domain Computing Solutions und von Cariad zusammen teil- und hochautomatisierte Fahrfunktionen entwickeln. Während der nicht näher genannten Projektlaufzeit sollen in der Spitze mehr als 1000 Fachleute aus beiden Häusern an erforderlichen Bausteinen arbeiten. Damit verbundene Investitionen blieben am Dienstag offen.

Während sich VW langjährige Erfahrungen bei Bosch auf dem Gebiet des automatisierten Fahrens zunutze macht, erhält der weltgrößte Autozulieferer Zugang zu großen Datenmengen über Millionen Fahrzeuge von Europas größtem Fahrzeugkonzern. Für die Entwicklung des automatisierten Fahrens sei die beste Schule der echte Straßenverkehr, so Mathias Pillin, Vorsitzender des Bereichsvorstands Cross-Domain Computing Solutions von Bosch. „Wir gewinnen mithilfe einer der größten vernetzten Fahrzeugflotten weltweit eine riesige Datenbasis, um automatisierte Fahrsysteme auf eine neue Stufe zu heben.“ Die Kooperation „auf Augenhöhe“ sieht vor, dass System und Funktionen zunächst für Fahrzeuge des VW-Konzerns nutzbar werden, ehe Bosch die Technologie auch anderen Herstellern anbieten will.

Der VW-Konzern, der sich mit dem Aufbau der Software-Kompetenzen auf den Weg gemacht hat, einen erheblichen Rückstand zum US-Elektroautopionier Tesla aufzuholen, sieht die Kooperation mit Bosch als wichtigen Schritt an, zusätzlich zum Geschäft mit dem Verkauf von Verbrenner- und Elektrofahrzeugen neue softwarebasierte Einnahmequellen zu erschließen. Laut Schätzungen im Autosektor wird sich der Software-Markt bis 2030 auf über 1 Bill. Euro für die gesamte Mobilitätsindustrie belaufen.

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