KONZENTRATION IM PHARMAGROSSHANDEL

Wachstumspillen gegen staatliche Sparinfekte

Pharmagroßhändler bauen global Einkaufsmacht auf

Wachstumspillen gegen staatliche Sparinfekte

Von Sabine Wadewitz, FrankfurtFür den Handel mit Medikamenten war die Globalisierung traditionell kein Geschäftsmodell. Grossisten und Apotheker bewegten sich in ihren angestammten Märkten, die von unterschiedlichen Regulierungen abgeschirmt waren. Wenn internationale Expansion gesucht wurde, dann nicht auf anderen Kontinenten, sondern meist in Nachbarstaaten. Auch der US-Konzern McKesson musste 180 Jahre alt werden, bis er über den Atlantik reiste, um sich mit Celesio einen der führenden europäischen Groß- und Einzelhändler im Pharmageschäft einzuverleiben – der im Übrigen etwa genau so alt ist.Mit dem zunehmenden Kostendruck im Gesundheitswesen haben die Grossisten begonnen, ihre zuvor auf Mikrologistik konzentrierten Geschäftsmodelle zu diversifizieren und international auszubauen. Apothekenketten erwiesen sich als ertragsstarkes weiteres Standbein, dem in Deutschland aufgrund des Mehr- und Fremdbesitzverbots indes Grenzen gesetzt sind. Auch mit Serviceleistungen für Apotheken und Industrie wurden neue Geschäftsfelder aufgebaut. Als lukrative Ergänzung bringen Eigenmarken, von Kosmetik über Medizintechnik bis zu verschreibungsfreien Gesundheitsprodukten, Geld in die Kassen. Über allem zahlt sich im Großhandelsgeschäft Einkaufsmacht aus, was die Konzerne in Akquisitionen treibt. Eine Gehe/Celesio kann unter dem Dach von McKesson mit künftig 150 Mrd. Dollar Umsatz den Pfizers & Co. und den Generikafirmen der Pharmaindustrie mit mehr Wucht in den Preisverhandlungen begegnen. Wechselnde AllianzenDer internationale Fusionsreigen wurde mit der britischen Alliance Boots in Schwung gebracht, die 2010 den deutschen Pharmagroßhändler Andreae-Noris Zahn (Anzag) kaufte, der inzwischen als Alliance Healthcare firmiert. Im ersten Schritt über den Atlantik stieg 2012 die größte US-Drogeriemarktkette Walgreen bei Alliance Boots ein. Beide gingen dann 2013 in eine mit einer Kapitalbeteiligung kombinierten Allianz mit AmerisourceBergen, einem der führenden US-Pharmagroßhändler mit 80 Mrd. Dollar Umsatz und Wettbewerber von McKesson. Vom drittgrößten US-Rivalen Cardinal Health (108 Mrd. Dollar Umsatz) wandte sich Walgreen ab, der nun auch seine Fühler ausstrecken wird.Alliance Boots sieht sich mit dem Deal von McKesson und Celesio in ihrer eigenen Strategie bestätigt: Die Branche habe erkannt, wie wichtig Größe und Zusammenarbeit sind, und dass die Aktivitäten in Europa und USA zusammengeführt werden müssen, um den Anforderungen der weltweiten Gesundheitsindustrie gerecht zu werden, kommentierte ein Sprecher von Alliance Boots.Mit Celesio und Anzag sind nun zwei wesentliche deutsche Spieler in transatlantischen Netzen gelandet. Phoenix, die Nummer 1 hierzulande, setzt bislang auf die Expansion in Europa in eigener Regie.