Welle deutscher Börsengänge rollt
cru Frankfurt
In schneller Folge gehen so viele Unternehmen an die Börse wie seit 2014 nicht mehr. Schon jetzt haben Unternehmen bei IPOs in Europa mit 23 Mrd. Euro in diesem Jahr mehr eingesammelt als im gesamten Vorjahr. „2021 wird zusehends ein großartiges Jahr für IPOs in Europa und Deutschland“, sagt Armin Heuberger, Investmentbanker für Aktienneuemissionen bei der UBS.
Tatsächlich reißt die Kette der IPOs hierzulande mit schon jetzt zehn Börsengängen im laufenden Jahr nicht ab: Der Autozulieferer und Reifenhersteller Continental will die geplante Abspaltung der Antriebstechnik per separate Börsennotierung in diesem September durchziehen, wie die Hauptversammlung beschlossen hat. Beim Spin-off wird den Conti-Aktionären für je 5 Conti-Aktien ein Anteil des neuen börsennotierten Unternehmens Vitesco Technologies, dessen Wert auf 2 Mrd. Euro geschätzt wird, automatisch ins Depot gebucht; frisches Geld fließt dem Konzern dadurch nicht zu.
Das Pharmaunternehmen Apontis hat derweil am Donnerstag für den geplanten Börsengang im Mai die Preisspanne auf 18,50 bis 24,50 Euro je Aktie festgesetzt. In der Mitte der Spanne würde dies einen Nettoerlös für die Monheimer von rund 40 Mill. Euro bedeuten. Mit dem Geld will Apontis sein Wachstum finanzieren. Die Papiere sollen bis 6. Mai gezeichnet werden können. Als erster Handelstag ist der 11. Mai vorgesehen. Nach dem Börsengang strebt Apontis einen Streubesitz von bis zu 62% an. Das Angebot umfasst neue und bestehende Aktien. Auch der Hauptaktionär, die Beteiligungsgesellschaft Paragon Partners, wird sich dabei von Aktien trennen. Apontis Pharma bietet „Single Pills“ an, die mehrere Nachahmer-Wirkstoffe in einer Kapsel kombinieren. Das Unternehmen machte 2020 einen Umsatz von 39 Mill. Euro und erwartet 2021 mit 49 Mill. Euro bereits ein Viertel mehr.
Derweil hat das Münchener Elektronikunternehmen Katek den Ausgabepreis beim Börsengang auf 23 Euro je Aktie festgelegt. Er liegt damit im mittleren Bereich der Spanne von 21 bis 26 Euro. Das Platzierungsvolumen inklusive Mehrzuteilungsoption betrage rund 91 Mill. Euro. Das geplante Angebot besteht aus gut 3,4 Millionen Aktien aus einer Kapitalerhöhung sowie einer Mehrzuteilung (Greenshoe-Option), bestehend aus knapp 515000 Aktien aus dem Bestand der Hauptaktionäre. Die Erstnotierung ist für den 4. Mai geplant. Das Geld soll in Wachstum investiert werden. Die schnell wachsende Katek-Gruppe bietet Software- und Hardware-Entwicklung, Prototyping sowie Fertigung von hochwertiger Elektronik an. Die Produkte werden in der Elektromobilität, bei alternativen Energien sowie in der Medizintechnik verwendet. 2020 setzten rund 2600 Mitarbeiter insgesamt 414 Mill. Euro um.
Den Startschuss für einen Börsengang will auch die kleine Softwarefirma Weclapp aus dem Portfolio der börsennotierten 3U Holding voraussichtlich noch in diesem Jahr geben.
Noch nicht offiziell angekündigt ist der laut Finanzkreisen geplante und rund 1 Mrd. Euro (Marktkapitalisierung) schwere Börsengang des Hamburger Windparkbetreibers Blue Elephant Energy aus dem Besitz der Unternehmerfamilien Wacker (Wacker Chemie) und Gruner (Gruner+Jahr), der von der Bank Berenberg begleitet wird. Ebenfalls noch nicht veröffentlicht ist die Preisspanne für den Elektrofahrradzulieferer HGears, der 65 Mill. Euro per Kapitalerhöhung einsammeln will. Das Gleiche gilt für den Softwarehersteller Suse aus dem Portfolio des schwedischen Finanzinvestors EQT.
Am heutigen Freitag erhalten Investoren einen Eindruck von der Börsenstimmung für Neuemissionen. Gleich zwei Aktien kommen in den Handel: Europas größte Laborkette Synlab, die mehrheitlich dem Finanzinvestor Cinven gehört, startet zum Emissionspreis von 18 Euro je Aktie; es ist das untere Ende der Spanne, die bis 23 Euro reichte. Der Preis des abgespeckten IPO impliziert eine Marktkapitalisierung von 4 Mrd. Euro.
Ebenfalls erstmals gehandelt werden am Freitag die Aktien des Akquisitionsvehikels 468 Spac I SE, das 300 Mill. Euro für eine Übernahme eingesammelt hat. Allerdings dürfte der Kurs sich kaum vom Standard-Ausgabepreis von 10 Euro entfernen, da sich der Wert des „Geldtopfes“ nicht akut verändert. Es ist nach Lakestar der zweite Spac an der Frankfurter Börse in diesem Jahr. Bis zum Jahresende erwartet die Citigroup bis zu zehn deutsche Spacs.