RECHT UND KAPITALMARKT

Wenn Banken mit Fintechs kooperieren

Neue Akteure unterschätzen häufig Einfluss der Regulierung - Für Kreditinsitute häufig als Auslagerung - Start-ups nicht überrollen

Wenn Banken mit Fintechs kooperieren

Von Volker Baas und Julia Wulf *)Zentrales Thema in der Diskussion der Entwicklung von Fintechs ist häufig die Disruption bisheriger Geschäftsfelder durch neue Akteure. Weniger Beachtung findet dagegen die immer häufiger auftretende Zusammenarbeit zwischen etablierten Unternehmern und diesen neuen Akteuren. Zwei Hauptgründe für solche Kooperationen lassen sich feststellen: Kreditinstitute wollen einzelne (Kern-)Bereiche outsourcen – in der Regel um Kosten zu sparen, oder sie wollen ihre Marktposition durch ein von einem Fintech entwickeltes Produkt oder vereinfachten Ablauf verbessern.Gerade innovative Fintech-Produkte zeichnen sich durch die Ermöglichung rascherer Geschäftsabwicklung und hohe Nutzerfreundlichkeit aus. Umgekehrt kann es für ein neu gegründetes Fintech-Unternehmen interessant sein, mit einem etablierten Kreditinstitut zusammenzuarbeiten. Ein möglicher Grund hierfür ist, dass es in einem Geschäftsfeld Dienstleistungen oder Produkte anbieten will, die der Regulierung unterliegen. Dies kann zum Beispiel bei der Erbringung von Zahlungsdienstleistungen der Fall sein. Erheblicher AufwandErlangung und Erhaltung einer Banklizenz erfordert erheblichen finanziellen, organisatorischen und personellen Aufwand, den eine Vielzahl von Fintechs nicht stemmen kann oder will. Zudem nimmt das Erlaubnisverfahren mehrere Monate in Anspruch. Eine Zeit, die insbesondere in die Finanzplanung miteinbezogen werden muss, da während dieser Zeit der Geschäftsbetrieb noch nicht aufgenommen werden darf. Bedarf das Unternehmen keiner eigenen Banklizenz, verringert sich neben den Kosten daher auch die Zeit bis zum Markteintritt. Das Fintech kann nicht nur von der Erlaubnis des etablierten Finanzinstituts, sondern auch von dessen langjähriger Expertise im regulierten Bereich und damit zusammenhängenden Infrastrukturen und Prozessen (z. B. zu Risikomanagement und Datenschutz) profitieren. Zudem genießen Banken noch oder wieder das Vertrauen eines großen Kundenkreises, den sich Fintechs durch Zusammenarbeit sehr viel schneller und effizienter als durch eigene Marketing-Maßnahmen erschließen können.In Zahlungsdienste reichen Fintech-Geschäftsfelder von Mobile Payment über moderne Kassensysteme bis hin zu Peer-to-Peer-Zahlungslösungen. In Mobile Payment/Mobile Wallet sind insbesondere digitalisierte Funktionen wie Zahlfunktion, Identifizierungs- oder Authentifizierungsfunktion, Zugangsberechtigung und Kundenbindungsprogramme betroffen, wobei die Entwicklung im M-Commerce noch ausbaufähig ist. Nur 2 % der 30 bis 49-Jährigen in Deutschland Ansässigen bezahlen regelmäßig mit dem Smartphone. Anforderungen verschärftBeispiele für Kollaborationen von Fintechs mit vollregulierten Anbietern finden sich daher in jüngster Zeit in zunehmendem Maß. Seit 2014 kooperieren beispielsweise die DKB und Cringle beim Angebot von Cringle’s Instant-Payment-Lösung; seit Juli dieses Jahres wurde die Kooperation auf die im März gegründete Solaris Bank ausgeweitet. Nach Inkrafttreten der zweiten Zahlungsdiensterichtlinie (Richtlinie (EU) 2015/2366) wird sich dieser Trend noch verstärken, da die bisher bestehenden Ausnahmeregelungen eingeschränkt und die Anforderungen weiter verschärft werden.Welche Folgen für ein Fintech dadurch entstehen, dass es einer Regulierung unterliegt, lässt sich nur schwer eingrenzen; dazu sind die Formen von Regulierung nebst ihrer (Teil-)Ausnahmen zu komplex. Illustrieren lassen sich die Folgen aber an einem Beispiel: Ein Kreditinstitut entscheidet sich, einen jungen Anbieter von Videoidentifizierungsverfahren mit der gesetzlich vorgeschriebenen Identitätsfeststellung seiner (zukünftigen) Kunden zu beauftragen. Das Verfahren basiert auf einem bestimmten Algorithmus, der Verfälschungen der Ergebnisse in weit höherem Maß verhindert als bisherige Verfahren. Gegenseitiges VerständnisGrundlage für den Erfolg einer solchen Kooperation ist gegenseitiges Verständnis und Vertrauen. Dies bildet eine unabdingbare Grundlage für die Verhandlungen und die vertraglichen Beziehungen zwischen den Parteien. Gründe für Missverständnisse oder gar Zerwürfnisse zwischen Beteiligten können Klauseln bilden, die aus regulatorischen Gründen zwingend notwendig sind, für ein in diesem Bereich nicht erfahrenes Fintech-Unternehmen aber überraschend wirken. Auch wenn das Wissen vieler Fintechs zum Regulierungsregime zugenommen hat, wird häufig unterschätzt, in welchem Maß die Regulierung Einfluss auf die privatautonomen Vertragsbeziehungen mit und unter Finanzdienstleistern hat. So haben sich bei Kooperationen der geschilderten Art beide Unternehmen mit einer Vielzahl von zwingenden vertraglichen Regelungen auseinanderzusetzen, an die zu Beginn des Vorhabens insbesondere das Fintech-Unternehmen nicht gedacht haben wird.Für das Kreditinstitut wird die Zusammenarbeit häufig eine Auslagerung darstellen. Als interne Sicherung wird die Auslagerung in der Regel auch wesentlich sein, wie sie in AT 9.2 der Mindestanforderungen an das Risikomanagement (MaRisk) definiert wird. Hierzu enthält die MaRisk spezifische Vorgaben an die Ausgestaltung des zivilrechtlichen Vertrages zwischen dem Institut und dem ausgelagerten Unternehmen.Neben der Beachtung von Normen, die dem Schutz persönlicher Daten dienen (hier ist namentlich die Auftragsdatenverarbeitung im Fokus), sind insbesondere die Regelungen über das Bankgeheimnis zu beachten. Das Bankgeheimnis, basierend auf der vertraglichen Vereinbarung zwischen Kunden und Bank, verpflichtet das Kreditinstitut eine Vielzahl von Sicherungsmaßnahmen zu treffen. Zu diesen Maßnahmen gehört auch, dass die Bank ihre jeweiligen Vertragspartner, die in den (Mit-)Besitz solcher dem Bankgeheimnis unterliegenden Informationen gelangen, ebenso dazu verpflichtet, Maßnahmen der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungen (BaFin) zu dulden oder ihr Auskünfte zu erteilen. Darüber hinaus sollte sich das Institut in aller Regel für den Fall der Untersagung der Zusammenarbeit durch die BaFin ein vertragliches Kündigungsrecht vorbehalten.Als Insourcer kann das Fintech-Unternehmen auch verpflichtet sein, regulatorischen Anforderungen nachzukommen, denen die Bank unterliegt, wie z. B. den Anforderungen der schon erwähnten MaRisk oder Vorgaben nach dem Geldwäschegesetz (GwG) einschließlich der zunehmend höher werdenden IT-Sicherheitsstandards (wie sie z. B. in den Mindestanforderungen an die Sicherheit von Internetzahlungen (MaSI) der BaFin definiert sind). Praktisch kann dies unter anderem die Pflicht des Fintechs zur Übernahme von Prüf- und Risk-Management-Prozessen sowie Dokumentations- und Aufbewahrungspflichten bedeuten.Im Zuge der von der BaFin angekündigten Überarbeitung der MaRisk aufgrund der Umsetzung der bereits jetzt für global systemrelevante Institute geltenden Vorgaben des Basel Committee for Banking Supervision (BCBS 239) sollen die Anforderungen im Falle einer Auslagerung noch einmal verschärft werden. Regelung zur LizenzierungAuf Seiten der Fintechs wird bei einer beabsichtigten Kooperation ein besonderes Augenmerk zu legen sein auf die Regelungen zur Lizenzierung ihrer Produkte wie zum Beispiel den Nutzungsumfang für die Software oder sonstige Bestandteile der von ihnen entwickelten Lösung. Soll das Kreditinstitut im Zuge der technischen Einbindung Zugriff auf das geistige Eigentum/Know-how des Fintech-Unternehmens erhalten, sollten entsprechende Regelungen zur Geheimhaltung unbedingt Vertragsbestandteil sein.Außerhalb des Rechtlichen kann auch die unterschiedliche Mentalität und Unternehmenskultur beider Beteiligten eine Herausforderung für die Zusammenarbeit darstellen. Kreditinstitute sind gut beraten, Fintechs als gleichberechtigte Partner anzuerkennen und Start-ups nicht zu überrollen oder durch langwierige Entscheidungsprozesse über mehrere Hierarchieebenen auszubremsen. Oft sind innovative Technologien noch im Entwicklungsstadium beziehungsweise unterliegen der ständigen Weiterentwicklung. Zum gegenseitigen Kennenlernen bieten sich hier Pilotprojekte an, in die auch Kunden aktiv einbezogen werden können. So können sich die Akteure direktes Feedback schon in der Startphase einholen.—-*) Dr. Volker Baas und Dr. Julia Wulf sind Partner von Taylor Wessing.