IM BLICKFELD

Wenn Familien Finanzinvestoren einheizen

Von Walther Becker, Frankfurt Börsen-Zeitung, 6.2.2019 Hinter dem Mond sind vermögende Familien im Beteiligungsgeschäft schon lange nicht mehr. Das zeigte sich etwa in der Auktion für Ada International, einen führenden Anbieter im Nischenmarkt der...

Wenn Familien Finanzinvestoren einheizen

Von Walther Becker, FrankfurtHinter dem Mond sind vermögende Familien im Beteiligungsgeschäft schon lange nicht mehr. Das zeigte sich etwa in der Auktion für Ada International, einen führenden Anbieter im Nischenmarkt der Hotelkosmetik. Für mehr als 300 Mill. Euro setzte sich eine bis dato nicht in Erscheinung getretene Moonlake Capital durch. Am Mondsee in Österreich domiziliert die in der Wasseraufbereitung tätige BWT mit ihrem Großaktionär Andreas Weißenbacher. Der war zu KKR-Zeiten an WMF beteiligt und ist mit hohem Gewinn bei dem Kaffeemaschinenbauer ausgestiegen. Nun investiert der Mann vom Mondsee mit einem von KKR abgeworbenen Private-Equity-Profi. Dass sich reiche Familien gegen Private-Equity-Fonds in Auktionen durchsetzen, ist aber eine Rarität – noch. Denn die Family Offices arbeiten inzwischen teilweise ebenso professionell wie die Beteiligungsmanager, wollen mit ihren Deals selbst die Fäden ziehen, die Kontrolle haben und, auch nicht unwichtig, die Gebühren der konkurrierenden Fonds vermeiden.Es ist genug für alle da: Die seit Jahrzehnten erwartete Nachfolgewelle schwappt tatsächlich hoch. Im vorigen Jahr erreichten Gründer und Familien unter den Veräußerern von Unternehmen an Finanzinvestoren mit rund 40 % den höchsten bisher ermittelten Anteil, hat die Deutsche Beteiligungs-AG (DBAG) herausgefunden.Rund 4,8 Mrd. Euro gaben Beteiligungsfonds für die Übernahme von 47 deutschen Mittelständlern aus – die höchste Summe, seitdem die DBAG seit 2002 solche Deals mit einer Bewertung von 50 Mill. bis 250 Mill. Euro erhebt. Vor allem für Nachfolgeregelungen holten Familienunternehmen seit 2016 zunehmend Private-Equity-Häuser ins Boot. In 19 von 47 Buy-outs im mittleren Segment ging es 2018 um eine Nachfolge. Vor 2016 hatte kaum mehr als jede zehnte Transaktion diesen Hintergrund.Die Bandbreite ist groß – von der mit früheren Strategieberatern und/oder Investmentbankern aufgebauten Industrieholding über den Aufbau eines Direktbeteiligungsportfolios abseits der Börse bis hin zu einem überschaubaren Kreis von Unternehmen à la Private Equity, in denen sie mitmischen können. Zu den aktivsten Finanzinvestoren hierzulande gehört die Bregal, hinter der das Family Office der C&A-Gründerfamilie Brenninkmeijer steht. In München baut ein Spross der Familie Haindl, die ihre Papierfabrik vor 18 Jahren für 3,8 Mrd. Euro an die finnische UPM-Kymmene verkaufte, eine Mittelstandsholding namens Serafin mit einem Umsatzziel von 1 Mrd. Euro auf; die Erben des Getriebebauers Getrag, der 2015 für 1,75 Mrd. Euro an den Autozulieferer Magna ging, investieren unter anderem in ein Gebrauchtwagenportal. Schon lange im Geschäft ist das Family Office der Dorniers, die ihre Firma einst an Daimler verkauft hatten. Immer professionellerRund 25 Family Offices seien mittlerweile im deutschen Markt “voll konkurrenzfähig” mit Beteiligungsfonds, meint DBAG-Chef Torsten Grede. Keine waghalsige Leverage-Finanzierung, keine zeitlichen Ausstiegsvorgaben, kein Anlagedruck, nur in wenigen Fällen Restrukturierungsfälle, aber direkte Kontrolle und Eingriffsmöglichkeiten halten sie sich zugute. DBAG-Chef Grede beobachtet einen wachsenden Wettbewerb zwischen Beteiligungsunternehmen und Family Offices. Mittlerweile treffen 39 % der Private-Equity-Fonds in Auktionen um lukrative Mittelständler auf die familiären Geldmanager. “Die Niedrigzinsphase lockt die Family Offices an”, sagt Grede. Mehrheitlich rechnen die reichen Familien mit Renditen von bis zu 20 %. Und sie treten eben auch als Geldgeber für Private-Equity-Fonds auf, sind also Partner und Konkurrenten. Fonds-Profis gehen aber davon aus, dass sie in der Schnelligkeit der Umsetzung von Transaktionen Familien überlegen seien.Ein noch junger Spieler ist Syngroh – der Name steht für Synergie und Grohe. Deren Mittel stammen aus thesaurierten Dividenden des Sanitärarmaturenherstellers Hansgrohe, wo längst der US-Konzern Masco das Sagen hat; die Familie Grohe hält noch 32 %. Wie Richard Grohe sagt, zielt Syngroh auf Investments mit Eigenkapitaltickets von 20 Mill. bis 40 Mill. Euro, 100 Mill. Euro stehen bereit. Mit 35 % an dem Hamburger Gebäudedienstleister KMLS kann das von fünf Grohes getragene Vehikel ein erstes Investment vorweisen.Richard Grohe betont im Gespräch die emotionale Seite des Engagements, spricht von “Hands-on-Mitarbeit”, davon, dass sich die Familie “operativ einbringt” und dass es Spaß machen müsse. “Der Fokus liegt ausschließlich auf Direktbeteiligungen und ist damit Private Equity näher als einem Family Office.” Anders als Fondsmanager sei man “nicht so zahlengläubig”. “Unser Schlüsselwert ist Vertrauen”, sagt der frühere Vize des Armaturenherstellers. Er will keinesfalls die Hände in den Schoß legen, sondern das Unternehmertum in die vierte Generation führen. Die Familie verstehe Syngroh eher als Private Equity denn als Family Office und strebe keine passiven Anlagen an. Im Unterschied zu reinen Finanzinvestoren gibt es keine vorgegebenen Laufzeiten und Haltefristen. Um das Geschäft professionell anzugehen, wurde Syngroh Advisory in Frankfurt installiert, die ein gestandener Investmentbanker leitet.