E-Commerce

Westwing muss kleinere Brötchen backen

Die verschlechterte Konsumstimmung und gestörte Lieferketten machen Westwing zu schaffen. Der Onlineverkäufer von Produkten für die Inneneinrichtung hält Umsatzrückgänge und rote Zahlen für möglich.

Westwing muss kleinere Brötchen backen

hek Frankfurt – Der auf Produkte für die Inneneinrichtung spezialisierte Onlinehändler Westwing steht vor einem schwierigen Geschäftsjahr 2022. Laut eigener Prognose hält das Management ein Abrutschen in operativ rote Zahlen und deutliche Umsatzeinbußen für möglich. Der Ausblick spiegele die schlechtere Konsumstimmung wider, die in allen Segmenten und Kundengruppen zu beobachten sei, sowie Belastungen durch beeinträchtigte Lieferketten.

Die Verunsicherung zeigt sich in ungewöhnlich weiten Prognosespannen. Den 2022er Umsatz veranschlagt Westwing auf 460 Mill. bis 540 Mill. Euro, verglichen mit 522,5 Mill. Euro im vergangenen Jahr. Das ergibt eine Veränderungsrate von minus 12% bis plus 3%. Die Range für das um Sondereinflüsse bereinigte Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) reicht von minus 9 Mill. bis plus 16 Mill. Euro oder minus 2% bis plus 3% des Umsatzes.

Dass ein aufstrebendes E-Commerce-Unternehmen eine Umsatzschrumpfung ins Auge fasst, ist ungewöhnlich. Selbst das obere Ende der Prognosespanne bleibt hinter den Konsensschätzungen der Analysten zurück. Die Baader Bank bezeichnet den Ausblick dann auch als enttäuschend. Das Analysehaus Jefferies verweist darauf, dass Westwing den Zeitrahmen für die mittelfristigen Ziele auf 2026 verschoben habe.

An der Börse legte die Aktie am Dienstag aber 5,6 % auf 13,49 Euro zu. Nach dem Kurseinbruch um drei Viertel seit Mai 2021 war der Ausblick offenbar weitgehend­ eingepreist. Westwing betont, man sei weiter vom lang­fristigen Marktpotenzial des Home-&-Living-E-Commerce-Markts überzeugt. Bis 2026 will das 2011 gegründete Unternehmen die Milliardenmarke beim Umsatz erreichen. Das bereinige Ebitda soll dann über 100 Mill. Euro hinausgehen. Westwing verkauft Wohnaccessoires, Beleuchtung, Textilien, Teppiche, Haushaltswaren sowie Groß- und Kleinmöbel.

In der ersten Hälfte 2022 machen Westwing die sehr hohen Vergleichswerte des Vorjahres zu schaffen. Damals profitierten die Münchener massiv von der Corona-Pandemie. Für die zweite Hälfte des laufenden Jahres rechnet Westwing wieder mit Umsatzwachstum, und auch die bereinigte Ebitda-Profitabilität soll höher ausfallen als in den ersten sechs Monaten. Die Prognose unterstellt laut Firmenmitteilung, dass eine Verschlechterung der Lage im Jahresverlauf ausbleibt.

Im vergangenen Jahr nahmen die Erlöse um 21% zu. Das bereinigte Ebitda schrumpfte hingegen um ein Zehntel auf 40,4 Mill. Euro. Damit gab die Marge um 3,8 Basispunkte auf 7,7% des Umsatzes nach. Der freie Cashflow sackte von 39,5 Mill. Euro im Vorjahr auf 2,7 Mill. Euro durch. Die margenstarke Westwing Collection (eigene Produkte) steuerte im vierten Quartal bereits 37% zum Bruttowarenvolumen bei, das über die Plattform verkauft wurde. Der Zielwert liegt bei 50%.

Vor allem in der zweiten Hälfte 2021 hätten zunehmende Kostenanstiege durchgeschlagen. Störungen in den Lieferketten hätten Lagerhaltung und Seefracht-Container verteuert. Hinzu kämen „strategische Investitionen“ in Westwing Collection, Marketing und Technologie. Die Logistikkosten absorbierten im vergangenen Jahr 20,5% des Umsatzes, 0,6 Punkte mehr als 2020. Der Anteil der Marketingkosten nahm um 2,3 Punkte auf 9,4% der Erlöse zu, der der Verwaltungskosten um 0,7 Punkte auf 14%. Deutschland, Österreich und die Schweiz stehen für 297 Mill. Euro Umsatz (plus 22%), die anderen europäischen Länder kamen 2021 auf 226 Mill. Euro (plus 19%).

Westwing
Konzernzahlen nach IFRS
in Mill. Euro20212020
Umsatz523433
Bereinigtes Ebitda4050
 in % des Umsatzes7,711,5
Jahresergebnis1230
Free Cashflow340
Zahlungsmittel97105
Kunden (Mill.)1,71,5
Bestellungen (Mill.)4,44,1
Warenkorb (Euro)134123
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