Rechnungswesen

Wissenslücken bei Mitarbeitern behindern KI-Einsatz

Im Rechnungswesen setzen nur wenige Unternehmen auf künstliche Intelligenz, zeigt eine neue Erhebung. Neben technischen Hürden ist die fehlende Qualifikation der Mitarbeiter ein großes Hindernis.

Wissenslücken bei Mitarbeitern behindern KI-Einsatz

Wissenslücken bei Mitarbeitern behindern KI-Einsatz

Nutzung im Rechnungswesen steht noch am Anfang – Qualifizierungsbedarf bei Beschäftigten – Hohe Anforderungen an Rechnungsprüfer

sar Frankfurt

Auch wenn der Einsatz künstlicher Intelligenz (KI) mehr Effizienz verspricht, halten sich viele Unternehmen bei der Nutzung der Technologie in sensiblen Bereichen wie dem Rechnungswesen noch zurück. Das zeigt eine Erhebung des Beratungshauses Lünendonk & Hossenfelder und des Wirtschaftsprüfers RSM Ebner Stolz, für die Antworten von 40 Unternehmen ausgewertet wurden. Knapp die Hälfte der Teilnehmer waren Mittelständler mit bis zu 100 Mill. Euro Umsatz, 28% erzielen mehr als 250 Mill. Euro Jahresumsatz.

Unter den Teilnehmern setzt insgesamt erst ein Drittel KI im Rechnungswesen ein. Betrachtet man nur die größeren Mittelständler mit über 250 Mill. Euro Umsatz, nutzt jedes zweite Haus die Technologie. Zum Einsatz kommt künstliche Intelligenz etwa, um Texte zu erstellen und wiederkehrende Aufgaben zu automatisieren.

KI-Nutzung noch am Anfang

Die Unternehmen stünden bei der Nutzung von KI „noch ganz am Anfang“, schreiben die Studienautoren. Dabei sind technische und regulatorische Fragen nicht die größte Herausforderung, der sich die Mittelständler gegenübersehen. 52% nennen die Qualifikation ihrer Beschäftigten als große oder sehr große Herausforderung. Erst dahinter folgen Herausforderungen beim Thema Datenschutz.

Bei Schott Pharma beispielsweise arbeitet CFO Almuth Steinkühler daran, ihre Mitarbeiter für KI „zu befähigen und zu begeistern“, wie sie kürzlich im Gespräch mit der Börsen-Zeitung sagte. Schott sieht Anwendungsfälle in der Supply Chain und im Bereich Investor Relations sowie in der Planung. Auch Schott Pharma sieht sich jedoch erst am Anfang des Weges.

In vielen Unternehmen fehlt es bislang auch noch an den technischen Voraussetzungen dafür, künstliche Intelligenz im großen Stil in die Geschäftsprozesse zu integrieren. Erst 29% der Studienteilnehmer nutzen ein komplett Cloud-basiertes ERP-System, 13% planen zurzeit die Umstellung. Die Mehrheit der Befragten arbeitet jedoch mit einer eigenen Standort-IT (On-Premise).

Einige Unternehmen scheuen Schritt in die Cloud

Dies steht der flächendeckenden Nutzung von KI-Lösungen entgegen. Der Softwarekonzern SAP beispielsweise hatte im vergangenen Jahr angekündigt, dass KI-Innovationen künftig Nutzern in der Cloud vorbehalten sein sollten. Über die Cloud lassen sich Entwicklungen, die etwa bei KI-Anwendungsfällen zurzeit in hoher Schlagzahl kommen, binnen kurzer Zeit an die Kunden ausrollen. Mittlerweile setzen die Walldorfer auf Hilfsangebote zur Migration, um On-Premise-Kunden zum Wechsel in die Cloud zu motivieren.

Im Rechnungswesen können sich die meisten Unternehmen vorstellen, neue Technologien für die Automatisierung bestimmter Arbeitsschritte zu nutzen. 73% wollen in den kommenden zwei Jahren Tools einführen, um die Belegverarbeitung zu automatisieren, zwei von drei Unternehmen planen dies für Arbeitsschritte im Zahlungsverkehr. Jedes zweite kann sich zudem vorstellen, die Konsistenzprüfung innerhalb des Jahresabschlusses von einem Tool übernehmen zu lassen. Bislang läuft dies bei den meisten Teilnehmern noch manuell.

Kosten und Fachkräftemangel als Motivation

Auch wenn der KI-Einsatz im eigenen Haus bei vielen Unternehmen noch überschaubar ist, sind die Erwartungen der Firmen an den Abschlussprüfer hoch. Jeweils mehr als 60% erwarten von ihrem Wirtschaftsprüfer, dass er digitale Tools und KI bei der Prüfung einzelner Geschäftsvorfälle, beim Datenaustausch, bei der Prüfung der Konten in Haupt- und Nebenbüchern sowie in der Berichtserstellung einsetzt. Dies sei „ein Zeichen für den Berufsstand, hier (mehr) zu investieren“, lautet die Empfehlung der Studienautoren an die Wirtschaftsprüfer. Mandanten würden diese Expertise zu künstlicher Intelligenz zunehmend erwarten.

Kai-Uwe Marten, Direktor des Instituts für Rechnungswesen und Wirtschaftsprüfung an der Universität Ulm, sieht auf Unternehmensseite die Kosten als zentrales Motiv dafür, beim Erstellen des Jahresabschlusses auch auf KI zu setzen. „Es geht um die Frage: Kann ich meine Prozesse in dem Bereich kosteneffizienter betreiben?“, kommentiert er die Studienergebnisse. Auch gehe es oft darum, dem Fachkräftemangel zu begegnen. „Das gilt für Mandanten und Prüfungsgesellschaften gleichermaßen.“

Im Rechnungswesen setzen bislang nur wenige Unternehmen aus dem Mittelstand auf künstliche Intelligenz, zeigt eine neue Erhebung. Neben technischen Hürden ist die fehlende Qualifikation der Mitarbeiter ein großes Hindernis. Von ihren Wirtschaftsprüfern erwarten die Firmen jedoch breite Kenntnisse im Bereich KI.

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