Wieso Erfolgsdruck zu Betrug führt

KPMG: Mittlere Managementebene sehr anfällig - Wirtschaftskriminalität kostet in Deutschland 100 Mrd. Euro pro Jahr

Wieso Erfolgsdruck zu Betrug führt

ds Frankfurt – Betrug, Untreue, Diebstahl, Unterschlagung, Preisabsprachen, Geldwäsche: Wirtschaftskriminalität gehört auch zum Standort Deutschland. Und dabei sind nicht nur Gier und Bösartigkeit im Spiel, sondern auch Erfolgsdruck und Naivität. Rund ein Drittel der Unternehmen hierzulande sind in den vergangenen beiden Jahren Opfer von Wirtschaftskriminalität geworden. Das ist das Ergebnis einer Umfrage der Wirtschaftsprüfung- und Beratungsgesellschaft KPMG, die 500 Unternehmen in Deutschland zu dem Thema anonym befragen ließ.Die direkten Täter wirtschaftskrimineller Handlungen seien häufig auf den mittleren Managementebenen zu finden, sagte Alexander Geschonneck, Partner bei KPMG und Leiter Forensic des Wirtschaftsprüfers, bei der Präsentation der Studie in Frankfurt. “Auf dem Mittelmanagement lastet der Zeit- und Erfolgsdruck”, so Geschonneck. Insofern sei Wirtschaftskriminalität auch Ausdruck davon, wie in Unternehmen mit der Nichterreichung von Zielvorgaben umgegangen werde.”Wirtschaftskriminalität ist ein Fluch für die Volkswirtschaft”, sagt Geschonneck. “Der jährliche Schaden, der durch wirtschaftskriminelle Handlungen insgesamt entsteht, ist nach unserer Schätzung mittlerweile auf rund 100 Mrd. Euro angestiegen”, erklärt er. Zwei Jahre zuvor habe der Schaden laut KPMG-Schätzungen “nur” rund 80 Mrd. Euro betragen. Den Anstieg erklärte Geschonneck auch mit einem “Kontrollparadoxon”: Wenn man genauer hinschaue, stelle man auch mehr fest. Zudem seien in den vergangenen Jahren viele hohe Kartellstrafen verhängt worden. Vom Kartelldelikt …Die höchsten Schäden entstanden laut der KPMG-Erhebung 2014 und 2015 durch Kartellrechtsverstöße, gefolgt von Korruption sowie Betrug und Untreue. Die durchschnittlichen Gesamtschäden bei Kartellrechtsdelikten wurden bei den betroffenen Unternehmen auf 4,6 Mill. Euro beziffert.Eine strikte “Null-Toleranz-Politik” in Unternehmen sei nicht in jedem Fall die beste Lösung, so Geschonneck. Extrem strenge Zero-Tolerance-Regeln könnten dazu führen, dass die Unternehmen übers Ziel hinausschössen – etwa, wenn schon beim Verdacht auf Bagatelldelikte schwere Sanktionen folgten. Vielmehr seien Regeln mit Augenmaß hilfreich.Größe schützt der Umfrage zufolge vor Kriminalität nicht, im Gegenteil: Bei den großen Unternehmen seien sogar 45 % von kriminellen Machenschaften betroffen gewesen. Die häufigsten Deliktarten waren in den vergangenen beiden Jahren Betrug und Untreue (45 %), gefolgt von Diebstahl und Unterschlagung mit 43 % (siehe Grafik).Auffällig in der KPMG-Studie ist, dass die Angst vor Cyberkriminalität in Unternehmen sehr viel größer ist als die tatsächliche Betroffenheit, denn vier von fünf Befragten sehen auf diesem Feld ein hohes oder sogar sehr hohes Risiko, während lediglich 24 % in der Betrachtungszeit davon tatsächlich betroffen waren. … bis zum Enkeltrick 4.0Neben Datendelikten können die betroffenen Unternehmen bei 9 % der Betrugs- und Untreuedelikte keinen Täter benennen, bei allen übrigen Deliktarten ist das dagegen möglich. Eine denkbare Erklärung dafür ist nach Angaben von KPMG das vermehrte Auftreten der “Fake President”-Betrugsmasche, die auch unter “CEO Fraud” oder “Enkeltrick 4.0” bekannt ist.Hierbei wird unter Vorspiegelung einer falschen Identität und unter Aufbau von sanftem Druck gezielt ein für Finanztransaktionen zuständiger Beschäftigter von Betrügern aufgefordert, eine angeblich dringende und geheim zu haltende Überweisung in Millionenhöhe auf ein Offshore-Konto auszuführen, das bei Aufdeckung des Betrugs längst leergeräumt ist.—– Wertberichtigt Seite 6