Zalando

„Wir müssen Inspiration und Unterhaltung liefern“

Der Online-Modehändler Zalando setzt seit Jahren auf künstliche Intelligenz, um das Einkaufserlebnis zu verbessern. CFO Sandra Dembeck schildert einige Anwendungsbeispiele.

„Wir müssen Inspiration und Unterhaltung liefern“

„Wir müssen Inspiration und Unterhaltung liefern“

Zalando-CFO Dembeck zur Nutzung von KI – Fashion Assistent, digitale Models und virtuelle Umkleidekabine

hek Frankfurt

Generative künstliche Intelligenz hat das Potenzial, das Onlinegeschäft mit Mode- und Lifestyle-Produkten personalisierter und interaktiver zu gestalten. Davon ist Sandra Dembeck überzeugt, CFO von Europas größtem Online-Modehändler Zalando. „Früher musste der Onlineverkauf zuverlässig und bequem sein. Das reicht heute nicht mehr aus“, sagt die Finanzchefin auf der Jahreskonferenz des Deutschen Investor Relations Verbands. „Wir müssen Inspiration und Unterhaltung liefern. Dafür brauchen wir künstliche Intelligenz.“

Assistent noch in Ausbildung

Generative KI, die mithilfe generativer Modelle Texte, Bilder, Videos oder andere Daten erzeugt, nutzt Zalando laut Dembeck seit dem Jahr 2023. So wurde ein Fashion Assistent kreiert, mit dem Kunden in einem Gespräch durch das Sortiment navigieren können. In dem Angebot würden die im Einsatz befindlichen Technologien zusammengebracht und personalisiert auf den Kunden zugeschnitten. Der Assistent verstehe die Zusammenhänge und sei mit dem Warenkatalog verbunden. Für den Kontext werde ChatGPT verwendet, für den Content eigene Systeme. Der Assistent sei in einer Beta-Version verfügbar, „er ist also noch in Ausbildung“, wie Dembeck sagt. Eine halbe Million Kunden habe den Assistenten mittlerweile genutzt. Pro Gespräch komme es zu drei bis fünf Interaktionen. Auch in der Kundenbetreuung könne der Assistent eingesetzt werden, etwa bei Fragen zu Lieferung oder Retouren. Man müsse aber sicherstellen, dass der Assistent keine unpassenden oder falschen Antworten gebe. Das erfordere intensives Training und Zeit.

Passende Hintergrundbilder

Als weiteres Anwendungsbeispiel für generative KI nennt Dembeck das Generieren passender Hintergrundbilder für Produktfotos. Statt wie früher auf weißem Hintergrund könnten beispielsweise Laufschuhe für Trails auf lehmigem oder steinigem Boden präsentiert werden. In einem weiteren Schritt könnten digitale Models kreiert werden, was erhebliche Einsparungen bei den Ausgaben für echte Models ermöglicht. Die Erstellung von Bildmaterial ist laut Dembeck „einer unserer größten Kostenblöcke“. Jedes Produkt müsse fotografiert werden, idealerweise mit Models. Für die generelle Kollektion würden digitale Models bisher nicht genutzt, wohl aber für die Abbildung von kurzlebigen Mikrotrends, die etwa über Instagram oder Tiktok hochkommen und meist nur wenige Wochen halten. Um schnell auf solche Trends reagieren zu können, werde KI genutzt, denn die Erstellung realer Fotos dauere zu lang.

Körpermaße aus zwei Fotos

Rund 60% aller Artikel seien heute mit Größenempfehlungen versehen, auch um die kostspieligen Retouren zu verringern. Im Online-Modehandel wird etwa jede zweite Bestellung zurückgeschickt. Seit Sommer 2023 würden Größenempfehlungen auf Grundlage von Körpermaßen angeboten, sagt Dembeck. Die notwendigen Daten würden aus zwei speziellen Fotos gewonnen. „Wichtig ist: Wir extrahieren nur die Daten und kreieren die virtuelle Silhouette“, betont die CFO. „Die Bilder verlassen nie das Smartphone des Kunden, sie tauchen nicht auf unserem Server auf.“ Zudem wurde eine digitale Umkleidekabine eingerichtet. Mit dem Produkt können Kunden derzeit über einen digitalen Avatar die Passform ausgewählter Jeans prüfen. Für den Avatar werden Größe, Gewicht und Geschlecht benötigt.

KI-unterstützte Umsatzprognose

Im Finanzbereich setzt Zalando KI laut Dembeck für Umsatzprognosen ein. Hintergrund ist, dass die Erlöse im Modesektor sehr volatil sein können. Die eigenen Daten würden um länderspezifische Makrodaten und auch um Wettervorhersagen ergänzt. „Die KI-unterstützte Umsatzprognose liefert uns deutlichen Mehrwert“, versichert die CFO. In den Investor Relations arbeitet Zalando an einer virtuellen Bibliothek mit Geschäftsberichten, Pressemitteilungen und Präsentationen aus dem eigenen Haus und von Wettbewerbern, internen Memos und FAQ-Dokumenten, die eine effiziente Suche und Analyse ermöglicht. Die digitalisierte Datenbank soll bis Jahresende stehen.

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