„Wir steuern auf ein Rekordjahr zu“
Von Antje Kullrich, Köln
Arne Schneider plagt ein Luxusproblem: Seine Produkte werden ihm derzeit aus den Händen gerissen, die gesamte Nachfrage kann er gar nicht bedienen. Seit Anfang des Jahres ist Schneider Vorstandschef des Chipherstellers Elmos. Das Dortmunder Technologieunternehmen beliefert zu 85 % seines Umsatzes Kunden aus der Automobilindustrie. Die weltweite Knappheit bei den Wafer-Prozessierern macht dem börsennotierten Mittelständler aus dem Ruhrgebiet zu schaffen, dennoch laufen die Geschäfte glänzend: „Wir steuern auf ein Rekordjahr zu“, konstatiert der 44-Jährige im Gespräch mit der Börsen-Zeitung. Seine Aussage gelte für den Umsatz und vielleicht auch für das Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit), wo es den bisherigen Höchstwert von 51 Mill. Euro aus dem Jahr 2018 zu toppen gilt. Auch das Erreichen des mittelfristigen Ebit-Margenziels von 17 % ist in diesem Jahr nicht ausgeschlossen.
Die Engpässe bei den Halbleitern will der Elmos-Lenker relativiert sehen: „Wegen Elmos ist noch kein Auto nicht gebaut worden.“ Allerdings räumt Schneider, der privat gerne die Bahn nutzt und segelt, ein, dass sich das Problem der Chip-Knappheit nicht von jetzt auf gleich beheben lassen werde und die Probleme sich noch bis ins nächste Jahr ziehen werden. Denn der Aufbau neuer Produktionen dauert. „Die großen Hersteller machen jetzt das Richtige: Sie investieren enorm in die Kapazitäten“, sagt Schneider. Vor einem halben Jahr hat zum Beispiel Weltmarktführer TSMC bekannt gegeben, in den kommenden drei Jahren 100 Mrd. Dollar in den Ausbau seiner Produktion zu investieren.
Etwas weniger als die Hälfte der benötigten Vorprodukte stellt Elmos inzwischen selbst her, der Rest wird von externen Zulieferern wie TSMC bedient. Auch die eigene Fertigung ist voll ausgelastet und die Räume voll, so dass eine kurzfristige Erweiterung nicht in Frage kommt. Schneider rechnet damit, dass vom Jahr 2023 an eine Menge neuer Kapazitäten global vorhanden sein werden.
Frühere Überlegungen bei Elmos, die Abhängigkeit von der Automobilindustrie zu reduzieren und breiter zu diversifizieren, sind in Dortmund vom Tisch. „Wir sehen große Chancen im Automobilsektor“, betont Schneider. Der Chip-Hunger der Branche ist schon seit Jahren groß. Und für die Zukunft gilt: In Elektro-Autos werden noch mehr Halbleiter verbaut als in Verbrennern.
Dass die Wachstumserwartungen von Elmos eher längerfristig ausgelegt sind, sehen auch Analysten so. Vier Banken haben den Wert, der rund 670 Mill. Euro Marktwert aufweist und im vergangenen Jahr nur kurz mal im SDax vertreten war, im Blick. Drei Analysten plädieren derzeit für „Halten“, nur Oddo BHF gibt aktuell eine Kaufempfehlung. Die Aktie bewegt sich dennoch derzeit mit rund 41 Euro auf einem Allzeithoch.
Hohe Forschungsquote bleibt
Elmos setzt vor allem auf Wachstum aus eigener Kraft. Der Vorstand will die nach eigenen Angaben recht hohe Forschungs- und Entwicklungsquote von 15 oder 16% weiter halten. Zudem muss der Halbleiterhersteller die Qualitätssicherung und Prüfstände ausbauen: „Wir investieren viel in Testkapazitäten“, sagt Schneider. „Das Wachstum, das wir sehen – vorausgesetzt wir bekommen die erforderlichen Waferallokationen –, erfordert das.“
Finanziell hat sich Elmos unter Schneider, der vor seinem Antritt als Vorstandschef sieben Jahre CFO des Konzerns war, konservativ aufgestellt und will das auch bleiben. Die Eigenkapitalquote liegt bei 76 %, die Netto-Cash-Position belief sich Ende Juni auf 47 Mill. Euro. Für einen Aktienrückkauf, bei dem das maximale Kontingent nicht voll angedient wurde, hat Elmos gerade 41 Mill. Euro ausgegeben. „Wir werden einen Teil der Ausgaben für den Aktienrückkauf durch einen kleineren Schuldschein refinanzieren“, kündigte Schneider an. Elmos arbeitet hierbei mit der LBBW zusammen. Mit der Bank hatte Elmos bereits 2017 den Debüt-Schuldschein begeben. Damals waren es 40 Mill. Euro. So viel soll es in diesem Jahr nicht werden. Dividende soll es für die Aktionäre auch wieder geben. Elmos verfolgt keine fixe Ausschüttungsquote, sondern will laut Schneider „stabil oder steigend ausschütten, solange wir uns das leisten können“. Für die vergangenen drei Jahre zahlte das Unternehmen trotz stark schwankender Ergebnisse konstant 0,52 Euro je Aktie.