Zahl der Unternehmen steigt in der Krise nur leicht
kro Frankfurt
− Die Corona-Pandemie hat sich im vergangenen Jahr laut einer Studie nur geringfügig auf die Entstehung neuer Unternehmen in Deutschland ausgewirkt. Knapp 165000 Unternehmen sind 2020 hierzulande neu an den Start gegangen, womit die Anzahl der Gründungen im Vergleich zum Vorjahr lediglich um 0,3 % gesunken ist, wie eine gemeinsame Untersuchung der Wirtschaftsauskunftei Creditreform und des Leibniz-Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) ergibt. Schon seit 2012 ist die jährliche Zahl neuer Unternehmen damit ungefähr gleich geblieben. Gleichzeitig überstieg sie 2020 wieder die der Schließungen. Der daraus resultierende Bestand an Unternehmen stieg somit leicht auf 3,3 Millionen.
Dass sich viele der Gründungswilligen trotz Pandemie nicht von ihrem Vorhaben abbringen ließen, liegt nach Einschätzung der Autoren vor allem an der Politik. „Die ausgezahlten Wirtschaftshilfen, die erweiterte Kurzarbeiter-Regelung sowie die zeitweise Aussetzung der Insolvenzantragspflicht haben entscheidend dazu beigetragen, dass die Zahl der Gründungen 2020 nicht eingebrochen ist“, sagt Patrik-Ludwig Hantzsch, Leiter Wirtschaftsforschung bei Creditreform.
Auch offenbare sich der grundsätzlich andere Charakter der Coronakrise, wenn man sich das Gründungsgeschehen in der Wirtschafts- und Finanzkrise 2009 vor Augen führt. Wegen zahlreicher sogenannter Notgründungen gab es damals mit einem Plus von 6 % einen vergleichsweise starken Zuwachs neuer Unternehmen. Als Notgründung bezeichnen die Autoren jene Gründungen, zu denen es aufgrund von Ermangelung anderweitiger Beschäftigungsmöglichkeiten kommt oder die für die Gründer einen Ausweg aus der Arbeitslosigkeit darstellen.
Klare Gewinner und Verlierer
Völlig losgelöst von der Pandemie war das Gründungsgeschehen allerdings auch nicht. So hätten sich im Jahresverlauf deutliche Schwankungen ergeben und etwa im Frühjahr 2020 weit weniger Unternehmen ihre Aktivitäten aufgenommen. Im Sommer, Herbst und im Dezember war die Zahl der Gründungen wiederum überproportional hoch. „In der Zeit der stärksten Einschränkungen wurden offenbar viele Gründungsprojekte unterbrochen, aber nicht aufgegeben und im weiteren Jahresverlauf wieder aufgenommen“, sagt ZEW-Studienautorin Sandra Gottschalk.
Auch mit Blick auf die einzelnen Branchen habe die Pandemie ihre Spuren im Gründungsgeschehen hinterlassen. So ging die Zahl der neuen Unternehmen im Gastgewerbe sowie im Tourismus mit einem Minus von 25 % wenig überraschend stark zurück. Andere Bereiche der konsumorientierten Dienstleistungen wie etwa Frisöre, Kosmetiksalons, Verlagswesen oder Kinos verzeichneten ebenfalls Rückgänge. Dabei sind es gerade diese Zweige, in denen der Gründungsprozess als wenig kapitalintensiv gilt, weswegen der Anteil an Notgründungen hier üblicherweise besonders hoch ist. In der Pandemie waren die Branchen jedoch mit am stärksten von den coronabedingten Einschränkungen und Verboten betroffen.
Der Konsum hat sich stattdessen ins Internet verlagert, weswegen Gründer hier offenbar deutlich mehr Chancen gewittert haben. So mischten im Versand- und Onlinehandel mit 3100 Gründungen deutlich mehr neue Unternehmen mit (+25 %). In der Chemie- und Pharmabranche wuchs die Zahl der Gründungen mit einem Plus von 15,7 % ebenfalls stark. Die Autoren führen das auf die hohe Nachfrage nach Medizinprodukten während der Pandemie zurück. Das Baugewerbe hat im Zuge der höheren Nachfrage nach Wohnraum zwar ebenfalls von den Auswirkungen der Corona-Pandemie profitiert. Allerdings brach die Gründungstätigkeit hier um mehr als 13 % ein. „Aufgrund der hohen Nachfrage nach Handwerkerleistungen waren die Beschäftigungsmöglichkeiten in dieser Branche so gut, dass es nur zu wenigen Notgründungen kam“, lautet der Erklärungsansatz von Gottschalk.
Mehr Tech-Firmen erwartet
Großes Potenzial für mehr Unternehmensgründungen in der Post-Corona-Zeit sehen die Experten vor allem im Hightech- und im Technologiebereich. Denn es stehe zu erwarten, dass die neue Bundesregierung ein Infrastruktur- und Konjunkturpaket auf den Weg bringen wird, das Gründungen in diesem Zweig fördern dürfte, sagt Hantzsch.