US-TECHNOLOGIEKONZERNE

Zockermentalität

Die großen US-Technologiefirmen machen in der durch das Coronavirus beschleunigten Digitalisierung keine Gefangenen. Video- und Musikstreaming, Gaming, Online-Fitness - Apple bietet bald schon alles an, womit sich die Freizeit in den eigenen vier...

Zockermentalität

Die großen US-Technologiefirmen machen in der durch das Coronavirus beschleunigten Digitalisierung keine Gefangenen. Video- und Musikstreaming, Gaming, Online-Fitness – Apple bietet bald schon alles an, womit sich die Freizeit in den eigenen vier Wänden digital bereichern lässt. Und das wird dann noch schön gebündelt als Rundum-sorglos-Paket “Apple One”. Musikstreaming-Weltmarktführer Spotify hat bereits die Wettbewerbshüter alarmiert, sich der “wettbewerbsfeindlichen” Offerte an die Apple-Kunden anzunehmen.Auch Microsoft und Oracle nehmen mit ihren jüngsten M&A-Zielobjekten Bethesda Games bzw. Tiktok den Konsumenten ins Visier. In seinem Vortrag zum Beginn der Konzernkonferenz “Microsoft Ignite” hat CEO Satya Nadella die Unternehmen nicht nur dazu aufgefordert, die Digitalisierung voranzutreiben, sondern auch “hybride Arbeitsmodelle” zu ermöglichen, die Homeoffice mit Büroarbeit verbinden. Damit rechnet wohl das Gros der Branche. Und wer beruflich nur noch seltener rauskommt, verbringt mittelfristig wohl auch privat mehr Zeit zu Hause. So scheint jedenfalls das Kalkül der digitalen Branchengrößen, die in Konglomeratsmanier immer mehr Geschäftsfelder selbst abdecken, statt auf Partner zu setzen – oder aber wenigstens die Zugangskontrolle ausüben wollen.Neu ist das Konzept nicht. Microsoft hat auf diese Weise Netscape vor Jahrzehnten erfolgreich aus dem Browser-Geschäft gekegelt. Google hat in zahlreichen Geschäftsfeldern wie Flugsuchen und Shopping-Vergleichsdienste Ähnliches versucht und wurde daher mehrfach von den Wettbewerbshütern zurückgepfiffen. Und Amazon ist notorisch bekannt dafür, von Produkten, die gut laufen, eigene Amazon-Basics-Varianten herauszubringen.Die Zockermentalität, auszureizen, was das Blatt hergibt, hat in der Vergangenheit schon oft Fakten geschaffen, die dann von den Kartellbehörden kaum revidiert werden konnten. Gerade in der aktuellen Krisenlage, die geschäftlich wie in privatem Rahmen eine beschleunigte Digitalisierung befördert, sollten diese ein Auge darauf haben, dass es gar nicht zu neuen Oligopolen kommt. Die laufenden Umwälzungen durch Digitalisierung und Coronakrise werden ohnehin Opfer mit sich bringen, wie zu befürchten ist. Umso wichtiger ist es, den dominanten Spielern im Digitalgeschäft die Bereiche, die in der Krise besonders profitieren, nicht widerstandslos zu überlassen. Selbst in einem scheinbar nebensächlichen Markt wie der Gaming-Branche.