Frankfurt

Deutsches Finanzzentrum erfolgreich im Wandel

Vielversprechend sind seine Standortqualitäten inklusive wichtiger Institutionen wie auch seine Anpassungsfähigkeit

Deutsches Finanzzentrum erfolgreich im Wandel

Für die internationale Bedeutung eines Finanzstandortes bedarf es einer Fülle von Charakteristika, die von einer hohen Konzentration an Akteuren über maßgebliche Wachstumstriebkräfte bis hin zu förderlichen Rahmenbedingungen reichen. Das deutsche Finanzzentrum hat einiges zu bieten und kann stolz sein auf seinen enormen Wandel im Zeitablauf sowie seinen facettenreichen, eigenen Charakter. Ausgehend von einer langen Tradition hat der Frankfurter Finanzplatz die innerdeutsche sowie kontinentaleuropäische Führungsrolle übernommen.

Seine Ursprünge reichen zurück bis ins Mittelalter. Seit vielen Jahrhunderten hat Frankfurt intensiv mit Geld zu tun. Schon im 11. Jahrhundert wurde die Stadt am Main als Messeplatz erwähnt und bedingt durch Kreuzzüge zur mitteleuropäischen Drehscheibe des Orienthandels. Auch als Börsenplatz seit 1585 hat Frankfurt eine lange Historie, ebenso als Standort renommierter Privatbankiers im 17. bis 19. Jahrhundert.

An Tradition anknüpfen

Oftmals waren politische Entscheidungen richtungsweisend für die Entwicklung Frankfurts. So verlor die Stadt mit der Gründung des deutschen Reiches 1871 zeitweilig als Handels- und Finanzplatz an Bedeutung zugunsten von Berlin. Mit der Wahl als Sitz der Bank deutscher Länder 1948, aus der knapp ein Jahrzehnt später die Deutsche Bundesbank hervorging, konnte die Mainmetropole aber an ihre lange Tradition anknüpfen und wieder zum führenden deutschen Finanzzentrum avancieren. Dies war keineswegs selbstverständlich angesichts konkurrierender Finanzstädte wie Hamburg oder Düsseldorf. Bundeskanzler Konrad Adenauer befürwortete seinen Geburtsort Köln als Standort der Bundesnotenbank, damit ihre Tätigkeit „vom richtigen Geiste getragen“ sei, womit er sich bekanntermaßen nicht durchsetzen konnte.

Der Beschluss pro Frankfurt entfaltete dann in den Folgejahren seine volle Tragweite. Die Deutsche Bundesbank übte zusehends Anziehungskraft auf die Bankenbranche aus. Dieser Wettbewerbsvorteil gegenüber anderen Finanzstädten war maßgeblich für den Aufstieg Frankfurts als nationales Finanzzen­trum, wenngleich der deutsche Föderalismus nachwirkte (zum Beispiel Versicherungen insbesondere in München). Wichtig für den internationalen Erfolg Frankfurts waren neben dem wachsenden Bank- und Börsengeschäft auch die Bedeutung der deutschen Volkswirtschaft und die Entwicklung der D-Mark zu einer der stabilsten Währungen weltweit. Darüber hinaus haben die breitgefächerten Standortqualitäten wesentlich zur Positionierung Frankfurts als Nummer 2 hinter London in der europäischen Finanzplatz-Architektur beigetragen.

Die hohe Dichte an in- und ausländischen Akteuren hat eine lebhafte Community am deutschen Finanzzentrum entstehen lassen, mit entsprechenden Agglomerationseffekten und Effizienzgewinnen. So stellt die räumliche Ballung von Finanzspezialisten verschiedener Tätigkeitsfelder auch eine ideale Basis für einen intensiven Dialog dar. Befördert wird dieser Effekt durch qualitativ hochwertigen Journalismus. Sind Medien doch der Resonanzboden für die Aktivitäten an einem Finanzstandort.

Hier liefert die Börsen-Zeitung bereits seit 70 Jahren einen wertvollen Beitrag. Sie informiert, erklärt, ordnet ein – kritisch und kompetent. Ursprünglich gegründet, um das „Börsengeschäft zu beleben und zu fördern“, ist die Börsen-Zeitung heute als einzige ausschließlich auf den Finanzsektor ausgerichtete Zeitung Deutschlands nicht mehr aus der Medienlandschaft wegzudenken. Die Helaba gratuliert zu 70 Jahren Qualitätsjournalismus!

Ende der 1990er Jahre war es erneut eine politische Standortentscheidung, die Frankfurts internationalen Aufstieg förderte. Die Ansiedelung der Europäischen Zentralbank (EZB) stärkte die Position im globalen Finanzplatz-Wettbewerb nachhaltig. Denn viele Finanzakteure aus dem In- und Ausland wollen langfristig nahe dieser geldpolitischen Instanz präsent sein. Zum Jahresanfang 2002 begann mit der Bargeld-Einführung das Euro-Zeitalter, was die Aufmerksamkeit der Finanzwelt vermehrt auf Frankfurt lenkte.

Darüber hinaus hat das deutsche Finanzzentrum seit 2008 dank der Initiative Frankfurt Main Finance an internationaler Sichtbarkeit gewonnen, zu deren Gründungsmitgliedern die Helaba zählt. Die Anziehungskraft der EZB und die daraus resultierenden Beschäftigungseffekte wurden Ende 2014 einmal mehr gestärkt, als ihr zusätzlich zur Aufgabe als unabhängige Notenbank des Eurosystems noch die europäische Bankenaufsicht übertragen wurde. So wurde der hiesige Finanzplatz zunehmend durch Geldpolitik sowie Aufsicht und Regulierung geprägt.

Das politische Umfeld übte weiterhin Einfluss auf die Entwicklung Frankfurts aus. Mitte 2016 brachte das Brexit-Votum in Großbritannien neue Chancen. Von den Brexit-Banken wurde die Mainmetropole alsbald zum Favoriten auserkoren. Dieser mehrjährige, noch anhaltende Umstrukturierungsprozess hat sich positiv in der Bankbeschäftigung und mittels großvolumiger Transfers von Vermögenswerten bemerkbar ge­macht. Gleichwohl ist der hiesige Finanzstandort natürlich weit mehr als Brexit.

Sustainable Finance im Fokus

Das deutsche Finanzzentrum schreitet vielversprechend auf seinem nachhaltigen Weg voran. Sustainable Finance ist mittlerweile ein wichtiger Faktor im Finanzplatz-Wettbewerb. Deutschland geht das Ziel, hier ein führender Standort zu werden, aktiv und mit vereinten Kräften an. Zudem bauen viele Finanzinstitute ihre Nachhaltigkeitsexpertise aus, und die Skyline der Mainmetropole soll zur grünen Silhouette werden. In Frankfurt als bedeutendem internationalen Finanzplatz, der bereits etliche Institutionen sowie Nachhaltigkeitsinitiativen beheimatet, hat zum Jahresanfang 2022 der International Sustainability Standards Board (ISSB) seine Arbeit aufgenommen. Dies stärkt die Bedeutung des deutschen Finanzstandortes im internationalen Nachhaltigkeitskontext.

Daneben wandelt auch der Megatrend Digitalisierung die Finanzplätze. Beispielsweise erlangt die IT-In­frastruktur enorm an Bedeutung, hinsichtlich derer die Mainmetropole als Datenhauptstadt Deutschlands gut aufgestellt ist. Auch bestehen mehr Personalmöglichkeiten, und durch technologische Innovationen stellen sich neue Anforderungen an Regulierung und Aufsicht.

Im Übrigen gibt es mit der Coronakrise noch eine weitere strukturel­le Herausforderung für den Finanzplatz. Hinsichtlich Arbeitsmodellen kristallisiert sich ein „neues Normal“ heraus. Die oft positiven Erfahrungen mit Homeoffice zu Pandemiezeiten lassen erwarten, dass auch künftig mehr Bürobeschäftigte zumindest ta­geweise von zu Hause arbeiten. Einige Finanzinstitute haben bereits höhere Homeoffice-Quoten verkündet. Allerdings sind bei der Raumplanung auch gegenläufige Effekte wahrscheinlich, wenn zum Beispiel künftig auf größere Abstände zwischen den Arbeitsplätzen geachtet oder mehr gemeinsam genutzte Flächen für Kommunikation vorgesehen werden. Insofern ist derzeit noch nicht abzusehen, dass es insgesamt zu einem deutlich sinkenden Büroflächenbedarf kommt.

Der unmittelbare Austausch in der Finanzplatz-Community ist wichtig und somit nicht wegzudenken, zumal dieser nicht auf Dauer und nicht allumfänglich digital ersetzt werden kann. Homeoffice bietet zwar den Vorzug von größerer Flexibilität und wegfallenden Wegstrecken, bedeutet aber gleichzeitig den Verzicht auf viele direkte Kontakte und gewisse Einschränkungen in der Kommunikation. Gemeinsame Meetings und Konferenzen vor Ort sowie spontane Treffen im Finanzdistrikt sind förderlich für Geschäftsaktivitäten, und zwar nicht nur für neue Akteure. Dementsprechend werden physische Finanzstandorte auch in der Zukunft bedeutend bleiben.

Noch deutlicher profilieren

Das Erfolgsgeheimnis des deutschen Finanzzentrums sind seine Standortqualitäten inklusive wichtiger Institutionen sowie seine Anpassungsfähigkeit. Daneben braucht es eine noch deutlichere Profilierung Frankfurts im Hinblick auf seine komparativen Stärken in der europäischen Finanzplatz-Architektur. Schließlich gilt es immer mehr, Europa als Ganzes im globalen Finanzplatz-Wettbewerb gut zu positionieren und in diesem Sinne die Spezialisierung nationaler Standorte auszubauen.

Frankfurt als langjährige Heimat zahlreicher internationaler Banken sowie der europäischen Geldpolitik und Bankenaufsicht sollte hierbei eine besondere Rolle spielen. Wir von der Helaba werden das deutsche Finanzzentrum in seiner Fortentwicklung weiterhin aktiv begleiten, wie wir es bereits seit 2006 mit zahlreichen Finanzplatz-Studien getan haben. Unsere 19. Publikation zum Finanzplatz Frankfurt ist gerade in Vorbereitung.

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