Immobilien

400.000 Luftschlösser

400.000 neue Wohnungen will Bundeswirtschaftsminister Ro­bert Habeck pro Jahr entstehen zu lassen. Die Aufgabe, die sich die Re­gierung mit dem Versprechen vorgenommen hat, ist angesichts der vielen langjährigen Hürden im­mens.

400.000 Luftschlösser

Das Versprechen von Bundeswirtschaftsminister Ro­bert Habeck (Grüne), bundesweit 400000 neue Wohnungen pro Jahr entstehen zu lassen, ist ein Reizthema. Fachleute reiben sich die Augen, wie das plötzlich gelingen soll. Laut dem Gutachten des Zentralen Immobilienausschusses (ZIA) sind im vergangenen Jahr 316000 Wohnungen gebaut worden, was nur ein Anstieg um 3% im Vergleich zum Vorjahr ist. Wegen der langen Bauzeiten sei das Ziel von jährlich 400000 neuen Wohnungen in dieser Legislaturperiode kaum erreichbar, sondern erst nach 2025, sagt der Mitautor des Gutachtens, Harald Simons.

Die Aufgabe, die sich die Re­gierung mit dem Versprechen vorgenommen hat, ist angesichts der vielen langjährigen Hürden im­mens, die nun überraschend flugs beseitigt werden sollen: Planungs- und Genehmigungsverfahren sollen beschleunigt, die Verwaltung digitalisiert und natürlich die Bürokratie abgebaut werden. Das hat man alles schon mal gehört. Selbst wenn das gelingen und zur Beschleunigung von Bauvorhaben führen sollte, sind neue Auflagen zu erfüllen etwa zum Erreichen der Klimaschutzziele, wie energieeffiziente, teure Heizungsanlagen, umfangreiches Dämmen oder Solarpflicht auf Dächern. Schließlich ist das Re­gu­lierungs­fieber, Stichwort Mietendeckel, bundesweit nicht abgekühlt.

Lässt Habeck somit Luftschlösser bauen? Um „Schlösser“ kann es sich mit Blick auf die Preise durchaus handeln. Während die Mieten für Neuverträge 2021 um 3,7% stiegen, kletterten die ohnehin schon hohen Preise für Eigentumswohnungen um 14,3%. Dies sei durchaus beängstigend, erklären die Gutachter, die vor Käufen warnen, da keine Rendite zu erreichen sei. Der Effekt dieser Preisspirale ist bereits sichtbar: Es werden nur noch immer kleinere Wohnungen gebaut oder bei Größen über 100 qm gibt es einen Aufschlag auf die Miete oder den Preis. Vor 15 bis 20 Jahren hätten 60 bis 80% der Neubauwohnungen über vier und mehr Räume verfügt. Heute seien es nur noch 20 bis 40% und das überwiegend im sehr hochpreisigen Segment, berichtet Simons. Für Familien ist es nicht mehr tragbar, zusammengepfercht auf 60 oder 80 qm ehemaligen Single-Wohnungen zu leben, und sie ziehen aufs Land, wo die Preise anziehen, während die Städte veröden.

Kann das Platzen einer Immobilienblase die Preisspirale beenden und Wohnraum bezahlbar machen? Die Experten wollen eine Blase nicht herbeireden, doch die Zinsentwicklung könnte eine Korrektur einleiten. Oder Habeck lässt tausende „bezahlbare“ kleine „Schuhschachteln“ bauen, um sein Versprechen einzulösen.

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