Sanktionen

76 Russen verklagen Banken

76 Bürger russischer Herkunft verklagen französische Banken, weil sie sich durch Kontenschließungen und andere Restriktionen diskriminiert fühlen.

76 Russen verklagen Banken

wü Paris

Sind französische Banken zu weit gegangen, nachdem die EU infolge des Ukraine-Krieges Sanktionen gegen Russland beschlossen hat? Das zumindest lässt eine Klage von 76 Bürgern russischer Herkunft vermuten. Sie fühlen sich diskriminiert, da französische Banken ihre Konten nach der Invasion der Ukraine durch Russland blockiert oder sogar geschlossen haben. Die Banken hätten ihnen die Restriktionen nur auf­erlegt, weil sie die russische Staatsangehörigkeit hätten oder dies in einigen Fällen aufgrund ihres slawisch klingenden Namens zumindest vermutet worden sei, heißt es in der Klageschrift, die ihre Anwälte Marie-Laure Cartier und Alexandre Meyniel in Paris eingereicht haben.

Nicht auf der Liste

Dabei stünden die Betroffenen nicht auf der schwarzen Liste der russischen Persönlichkeiten oder Vertrauten von Wladimir Putin, die von den Sanktionen der EU betroffen sind. Bei den Klägern handele es sich um ganz normale Personen, die in Frankreich leben – als Student, Bibliothekar, Psychologe oder Unternehmer. Sie seien weit davon entfernt, Jachten oder Villen an der Côte d’Azur zu besitzen, sagt Cartier. Ob­wohl sie keine Kreml-nahen Oligarchen seien, hätten französische Banken seit Beginn des Ukraine-Krieges ihre Konten blockiert oder gar ge­schlossen, Kredite, die Eröffnung neuer Konten oder die Einzahlung von höheren Summen Bargeld verweigert, klagen die Betroffenen. Zu ihnen sollen auch einige Bürger gehören, die die französische Staatsbürgerschaft besitzen, aber in Russland geboren wurden oder mit Russen verheiratet sind.

Die Maßnahmen seien willkürlich, fast automatisch und ohne jegliche Vorwarnung angewendet worden, ohne zuvor ihre Identität und Aufenthaltsberechtigungen zu überprüfen, berichten die Anwälte der Betroffenen. Angesprochen auf die Blockierung ihrer Konten sollen die Banken ihr Vorgehen mit den aktuellen politischen Umständen ge­rechtfertigt haben. Offenbar wurde den Klägern auch gesagt, ihr Konto sei im aktuellen Kontext wegen ihrer Nationalität blockiert worden. Die Compliance-Abteilungen der Banken hätten übereifrig ge­handelt, sagen die Anwälte der be­troffenen Russen. Sie hätten ihre Man­danten deshalb finanziell be­nachteiligt und zudem in Angst und Schrecken versetzt. In einigen Fällen hätten die Banken inzwischen ihr Verhalten korrigiert, erklären Cartier und Meyniel. Doch das habe teilweise sehr lange gedauert.

In den Wochen nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine hatten in Frankreich lebende Russen bereits auf sozialen Netzwerken Schwierigkeiten bei ihren Bankgeschäften be­klagt. Sie berichteten, dass die Auszahlung von Gehältern und Überweisungen deutlich länger als sonst ge­braucht hätten. Sie hatten damals eine Online-Petition lanciert und ge­fordert, die offensichtlich auf der Nationalität basierende Diskriminierung müsse beendet werden. Fast 3500 Personen haben diese Petition unterschrieben.

1,2 Mrd. Euro eingefroren

Seit Beginn des Ukraine-Krieges hat Frankreich russische Vermögenswerte über 1,2 Mrd. Euro eingefroren. Für eine Beschlagnahmung wären weitergehende Ermittlungen und strafrechtliche Prozeduren notwendig. Das Wirtschaftsministerium hatte kurz nach der Invasion der Ukraine eine Sondereinheit für das Aufspüren von Gütern der von den Sanktionen betroffenen Oligarchen und ihrer Familien eingerichtet. 33 der 62 eingefrorenen Luxus-Villen und Appartements liegen an der Côte d’Azur. Die auf Finanzangelegenheiten spezialisierte Einheit der französischen Staatsanwaltschaft hat im Juli eine Untersuchung eingeleitet, nachdem Transparency International Klage wegen Geldwäsche im Zusammenhang mit dem Kauf von Immobilien durch Putin nahestehende Oligarchen eingereicht hatte.

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