Aktiendividende hat erfolgreiche Zukunft vor sich

Scrip Dividend ist besonders attraktiv für Emittenten mit einer hohen Ausschüttungsquote

Aktiendividende hat erfolgreiche Zukunft vor sich

Im europäischen Ausland, insbesondere im angelsächsischen Raum und in Spanien, gehört die wahlweise angebotene Aktiendividende (Scrip Dividend) schon seit Längerem zum Standardrepertoire börsennotierter Gesellschaften. Demgegenüber waren deutsche Unternehmen bisher zurückhaltender – sei es aus Sorge um die Komplexität dieser Form der Dividende oder mangelnder Kenntnis. Vorreiter in Deutschland war auch hier wieder einmal die Deutsche Telekom AG, die im Jahr 2013 erstmals ihren Aktionären wahlweise eine Aktiendividende anbot. Die Telekom-Aktionäre konnten also wählen, ob sie ihre Dividende in bar oder gegebenenfalls zum Teil in Aktien erhielten.Mit einer Annahmequote von 37,56 % im Jahr 2013 und von sogar 45,13 % im Jahr 2014 hat sich die Scrip Dividend für die Deutsche Telekom AG und ihre Aktionäre als Erfolgsmodell erwiesen. Und andere Emittenten folgten: Im vergangenen Jahr haben sich mehrere Unternehmen unterschiedlicher Größe dafür entschieden, ihren Aktionären ebenfalls die Scrip Dividend anzubieten – jeweils mit beachtlichen Annahmequoten.Auch in dieser Hauptversammlungssaison bekunden deutsche Emittenten ein gewachsenes Interesse und bereiten bereits jetzt den Weg für zukünftige Aktiendividenden: So haben beispielsweise die Commerzbank, die Deutsche Lufthansa, die Metro und Jenoptik ihren Hauptversammlungen ein genehmigtes Kapital und/oder die Verwendung eigener Aktien jeweils unter Bezugsausschluss ausdrücklich zur Durchführung einer Aktiendividende vorgeschlagen. Zwingend erforderlich ist der Bezugsrechtsausschluss nicht; grundsätzlich kann das Angebot einer wahlweisen Aktiendividende auch als echte Bezugsrechtsemission durchgeführt werden. Dies bedeutet aber neben der Wahrung des Bezugsrechts der Aktionäre auch die Einhaltung der Mindestbezugsfrist von zwei Wochen und der Vorgaben für die Festlegung des Bezugspreises nach § 186 AktG (Bekanntgabe des Ausgabebetrags spätestens drei Tage vor Ablauf der Bezugsfrist). Demgegenüber kann es im Einzelfall vorzugswürdig sein, die Kapitalerhöhung zu flexibleren Bedingungen durchzuführen, insbesondere nicht an die Mindestbezugsfrist und an den gesetzlich vorgegebenen Zeitpunkt für die Bekanntgabe des Ausgabebetrags gebunden zu sein; dies gilt insbesondere für etwaige volatile Börsen zum Zeitpunkt der Kapitalerhöhung.Trotz der bisherigen Erfolgsgeschichten kann es sich für Investor-Relations- und insbesondere für Rechtsabteilungen interessierter Emittenten im ersten Zugriff schwierig darstellen, die Geeignetheit einer Scrip Dividend für das jeweils eigene Unternehmen sachgerecht zu validieren. Die Verantwortlichen sehen sich vielfach mit einer Gemengelage von Vor- und Nachteilen konfrontiert: Durch die Aktiendividende werden die Aktionäre stärker an die Gesellschaft gebunden; sie können ihr Engagement in das Unternehmen intensivieren und werden regelmäßig mit einem Discount (von in der Regel etwa 2 % bis max. 3 %) vom Börsenkurs auf den Bezugspreis belohnt.Allerdings erfordert die Gewährung einer Scrip Dividend einen höheren Aufwand als die reine Bardividende, insbesondere im ersten Jahr des wahlweisen Angebots. Dieser Mehraufwand wird im Falle einer einmaligen Scrip Dividend nicht selten unangemessen sein, sich aber bei sogenannten “Dividendenwerten” sehr wohl lohnen. Gleiches gilt, wenn bereits im Vorfeld wesentliche Aktionäre der Gesellschaft zugesagt haben, die Aktiendividende zu wählen. Gerade im derzeitigen Niedrigzinsumfeld dürfte die Aktiendividende daher für viele Unternehmen attraktiver werden. In Equity Story integrierenDas Angebot einer Aktiendividende bedeutet eine Schonung der Liquidität der Gesellschaft und eine Stärkung des Eigenkapitals. Die Scrip Dividend ist daher insbesondere für Emittenten mit einer hohen Ausschüttungsquote attraktiv. Allerdings ist der ungerechtfertigte Eindruck zu vermeiden, die betreffende Gesellschaft habe Liquiditätsprobleme. Die Aktiendividende ist daher in die Equity Story einzupassen.Wie die Bardividende ist auch der Aktienanteil der Dividende zu versteuern. Wenn die Emittentin nicht – wie die Deutsche Telekom – über ein steuerfreies Einlagenkonto (§ 27 KStG) in ausreichender Höhe verfügt, aus dem die Aktiendividende gewährt werden kann, muss der Ausschüttungsbetrag jedenfalls so hoch sein, dass davon die Kapitalertragsteuer (zuzüglich Solidaritätszuschlag und gegebenenfalls Kirchensteuer) in bar abgeführt werden kann. Der für die Steuer zu reservierende Baranteil liegt bei etwa 30 % des Dividendenbetrags.Bei einem heterogenen Aktionariat sind die Erwartungshaltungen an die Ausschüttungspolitik der Gesellschaft regelmäßig unterschiedlich. Während einige institutionelle Investoren (z. B. spezialisierte Dividendenfonds), aber auch Privatanleger und Mitarbeiteraktionäre Wert auf eine attraktive Dividendenausschüttung legen, mag es dem Großaktionär darauf ankommen, allmählich seine Beteiligung ohne Marktkäufe auszubauen. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass je nach Bezugsrechtsverhältnis und Aktienkurs Privataktionäre mit sehr kleinen Beteiligungen benachteiligt sein können und entweder gar nicht oder nur zu sehr unattraktiven Konditionen an der Aktiendividende teilhaben könnten. Problemfall ProspektpflichtWeitere Schwierigkeiten können sich bei einer Einbeziehung von ausländischen Aktionären stellen. In Deutschland hat sich inzwischen die Meinung herausgebildet, dass für das öffentliche Angebot von Dividenden in Form von Aktien grundsätzlich keine Prospektpflicht besteht – erforderlich ist in dem Fall aber das sogenannte prospektbefreiende Dokument -, womit die kapitalmarktrechtlichen Anforderungen in Deutschland eher überschaubar sind. Demgegenüber ist gerade für außereuropäische Länder stets im Einzelfall zu prüfen, ob eine Prospektpflicht gilt.Dieser Beitrag zeigt im Folgenden die maßgeblichen Entscheidungsparameter für interessierte Gesellschaften. Aus Sicht eines prospektiven Unternehmens stellen sich unter anderem folgende Fragen:- Sind wir ein Dividendenwert?- Verfolgen wir eine Politik der kontinuierlichen hohen Ausschüttungsquote?- Ist unser Ausschüttungsbetrag ausreichend hoch, um davon die Kapitalertragsteuer (zuzüglich Solidaritätszuschlag und gegebenenfalls Kirchensteuer) einbehalten und in bar abführen zu können?- Können wir die für die Scrip Dividend erforderlichen Aktien im Wege einer Kapitalerhöhung aus einem genehmigten Kapital schaffen bzw. halten wir ausreichend eigene Aktien und verfügen (bereits) über eine Ermächtigung, eigene Aktien dafür zu verwenden?- Sind wir bereit, auf den Bezugspreis einen Discount von etwa 2 % bis 3 % auf den Börsenkurs zu gewähren?- Findet eine Aktiendividende ausreichend Unterstützung in unserem Aktionariat?Für Unternehmen, die die Mehrzahl dieser Fragen spontan mit Ja beantworten, besteht eine gesicherte Vermutung, dass sich die weitere Exploration der mit der Scrip Dividend verbundenen Vorteile lohnt. Etwaige Vorteile müssen selbstverständlich mit im Einzelfall erschwerenden Faktoren, etwa einer (zusätzlichen) Notierung an einer Auslandsbörse oder einem ungewöhnlich hohen Anteil von Privatanlegern mit kleinen Depots, abgewogen werden. Gleichwohl kann der Scrip Dividend heute ein langes Leben und eine erfolgreiche Zukunft prognostiziert werden.—-Eine vollständige, mit dem Deutschen Investor Relations Verband (DIRK) erstellte Entscheidungshilfe zu den Vor- und Nachteilen einer Scrip Dividend kann von Emittenten bei den Autoren und beim DIRK angefordert werden. —Lutz Krämer, Partner in der internationalen Anwaltssozietät White&Case LLP—Julia Sitter, Local Partner in der internationalen Anwaltssozietät White&Case LLP