Allianz

Aktionäre krönen den „Ertragskönig“

Die Allianz-Aktionäre lobten die Führung des Versicherers in ihren Statements zur Online-Hauptversammlung fast durchgehend. Die wenigen kritischen Bemerkungen konzentrierten sich auf Akquisitionspolitik, den Direktversicherer, Betriebsschließungsversicherungen und Corporate Governance. Die Anteilseigener stimmten allen Tagesordnungspunkte in der siebenstündigen Veranstaltung mit mehr als 87% zu.

Aktionäre krönen den „Ertragskönig“

Die Allianz-Aktionäre sind sehr zufrieden mit dem Vorstand des Versicherers, der von Oliver Bäte geführt wird. Trotz der Pandemie sei 2020 ein erstaunlich gutes Jahr gewesen, lobte Daniela Bergdolt, Vizepräsidentin der Aktionärsschützervereinigung DSW, in ihrem Statement: „Besser hätte es kaum laufen können.“ Man spreche sogar davon, dass die Allianz Ertragskönig im Deutschen Aktienindex sei.

In das gleiche Horn stieß Ingo Speich, der bei der Fondsgesellschaft Deka als Leiter Nachhaltigkeit und Corporate Governance fungiert: „Das Management um Oliver Bäte hat den Tanker Allianz solide durch das schwierige Corona-Jahr 2020 gesteuert.“ Die Allianz sei ein Garant für Verlässlichkeit, fügte Union-Investment-Fondsmanager Janne Werning hinzu: „Die Ergebnisse schwanken durch die breite Diversifikation weniger stark als die vieler Wettbewerber.“ DWS-Portfoliomanager Hendrik Schmidt schloss sich dem Lob an: Die Allianz habe im abgelaufenen Geschäftsjahr bewiesen, dass sie auch in unsicheren Zeiten verlässlich ihre Ziele umsetzt: „Wir danken dem Vorstand und dem Aufsichtsrat für ihre geleistete Arbeit.“

Einhellig warnten die Aktionärsvertreter, die Münchner sollten nicht zu viel Geld für Akquisitionen ausgeben. „Die Allianz darf sich nicht in ein überteuertes Übernahmeabenteuer stürzen“, erklärte Deka-Vertreter Speich. Werning von Union Investment forderte den Verzicht auf große Akquisitionen: „Die Aktionäre werden es Ihnen danken.“

Bäte gestand zu, dass sich Kaufpreise durch Produktivitätsgewinne rechtfertigen müssten. Ein ausdrückliches Bekenntnis, auf Großakquisitionen zu verzichten, gab er aber – im Gegensatz zu früheren öffentlichen Statements – nicht ab. Geografisch gesehen müsse die Allianz in Kerneuropa signifikant wachsen, also dem Wettbewerb Marktanteile wegnehmen. Chancen identifizierte der Vorstandschef aber primär in Asien und auch in Nordamerika. „Wir haben in beiden Bereichen viel Luft nach oben.“ Unterstützung erhielt er dabei, trotz aller Aufrufe zur Vorsicht, von der Deka. Die Allianz sei immer noch ein Nobody im größten Sachversicherungsmarkt der Welt, rügte Speich: „In den USA hat sie eine offene strategische Flanke, die geschlossen werden muss.“

Uneinig zeigten sich Spezialisten in der Beurteilung zurückliegender Akquisitionen. DSW-Vizepräsidentin Bergdolt lobte den Kauf des Aviva-Geschäfts in Polen für 2,5 Mrd. Euro: „Da braucht man nicht lange zu rechnen, um zu wissen, dass die Multiple stimmen.“ Speich stufte diesen Zukauf dagegen zwar als strategisch interessante Maßnahme ein. Sie sei aber bei weitem nicht so attraktiv wie vorherige Transaktionen: „Der Lackmustest für Oliver Bäte wird es sein, Akquisitionen zu tätigen, die neben einer attraktiven Rendite auch im Rahmen der selbst gesteckten finanziellen Vorgaben bleiben.“ Allianz-Vorstand Renate Wagner betonte, die Einheit in Polen sei sehr gut aufgestellt für zukünftiges Wachstum.

Bäte sagte, der neue 3-Jahres-Plan, den er auf einem Kapitalmarkttag am 3. Dezember vorstellen will, werde die bisherigen Elemente der Strategie fortschreiben. Zugleich machte er klar, die Allianz müsse besser werden bei den Kosten. Finanzvorstand Giulio Terzariol sagte, auch nach Abbruch des Aktienrückkaufprogramms wegen der Pandemie stehe er dem Instrument aufgeschlossen gegenüber. Sollte überschüssiges Kapital vorhanden sein, „können wir uns ein weiteres Aktienrückkaufprogramm vorstellen“.

Bäte differenzierte, dass die Co­vid-19-Schäden 2020 in der Sachversicherung in Höhe von 1,1 Mrd. Euro eine Kombination von Belastung und auch Entlastung – vor allem in der Autoversicherung – gewesen seien. Konzernweit hätten sich die Schäden aus Versicherungen gegen Betriebsunterbrechung und -schließung auf 1,2 Mrd. Euro addiert. Der Firmenversicherer AGCS habe 6000 Fälle wegen Betriebsunterbrechung re­gistriert. Weniger als 100 AGCS-Kunden hätten geklagt. In Deutschland sind weitere 220 Klagen anhängig (siehe Bericht auf dieser Seite).

Die neue Direktversicherungs-Tochter, deren Umsatz im vergangenen Jahr um 10% gesunken ist (vgl. BZ vom 5. Mai), lobte Bäte: „Auf die Entwicklungen bei Allianz Direct bin ich besonders stolz.“ In Deutschland habe man Altgeschäft aufräumen müssen, weil das Geschäft über Vergleichsportale strukturell unprofitabel gewesen sei:  „Wir werden uns in den nächsten Jahren intensiv um Wachstum kümmern.“

Trotz öffentlicher Unterstützung der Aktionärsvertreter für das neue Vergütungssystem war die Zustimmungsquote mit 87,1% bei einer Präsenz von 43,4% so niedrig wie bei keinem anderen Tagesordnungspunkt. Dagegen segneten 99,6% den Antrag ab, die Regelamtszeit von Aufsichtsratsmitgliedern von fünf auf vier Jahre zu verkürzen. Vorsitzender Michael Diekmann zeigte sich offen gegenüber Anregungen, zu­sätzlich die Amtszeit zu staffeln, damit nicht der Fall auftreten könne, dass alle Aufsichtsratsmitglieder zum gleichen Zeitpunkt ausschieden. Die nächsten Wahlen stehen auf der Hauptversammlung 2022 an.

Die Aktionäre stellten auf der Hauptversammlung, an der 3000 An­teilseigner teilnahmen, fast 370 Fragen. 15% drehten sich um das Thema Nachhaltigkeit.

Kurz vor Einreichungsschluss am Montag um Mitternacht habe ein Aktionär mehr als 100 Einzelfragen gestellt, berichtete Bäte. Dies sei befremdlich. Andere Dax-Werte hätten Ähnliches berichtet. Allianz-Beschäftigte hätten die Nacht durcharbeiten müssen. In Richtung Regierung fügte Bäte hinzu: „Wir brauchen endlich eine Gesetzesänderung.“

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