Anbinden statt abhängen - Infrastrukturausbau im Fokus

Bei Sparkassen sammeln sich Erfahrungen des Mittelstandes - Filialen werden zu einem Ort der Informationsweitergabe, Berater zu Wissensvermittlern

Anbinden statt abhängen - Infrastrukturausbau im Fokus

47 710 Quadratkilometer – bedeckt mit saftig grünen Wiesen, Heidelandschaften und Mischwäldern, mit historischen Altstädten und modernen Neubauten. Im Norden gesäumt vom Nationalpark Wattenmeer und im Süden vom Harz, im Westen von der Ems und im Osten von der Elbe. Das ist Niedersachsen, das flächenmäßig zweitgrößte Land in Deutschland. Mit der Volkswagen AG haben wir in Niedersachsen einen der größten Automobilhersteller der Welt sitzen, und Niedersachsen erzeugt fast die Hälfte der gesamten deutschen Kartoffelernte. Der Jade Weser Port in Wilhelmshaven ist Deutschlands einziger Tiefwasser-Terminal für Großcontainerschiffe der kommenden Generationen und spielt damit eine bedeutende Rolle im internationalen Überseecontainerumschlag. Führender MobilitätsstandortUnd durch seine zentrale Lage in Europa führt auf der Landroute von Skandinavien bis Italien und von Paris bis nach Moskau kein Weg an Niedersachsen vorbei. Mit dem Wirtschaftsraum Wolfsburg-Braun-schweig-Hannover hat sich Niedersachsen zum europaweit führenden Mobilitätsstandort entwickelt, und als traditionsreiches Agrarland stellt Niedersachsens Land- und Ernährungswirtschaft nach der Automobilindustrie die wichtigste Branche im Land dar. Die niedersächsischen Landmaschinenbauer zählen zu den Weltmarktführern in ihren Produktsparten.Niedersachsen ist lebenswert, leistungsfähig und lebendig. Damit das auch so bleibt, müssen sich alle Akteure gemeinsam – ganz vorne sehe ich hier das Land und die Kommunen – dafür einsetzen.Die fortschreitende Digitalisierung nimmt Einfluss auf alle Bereiche unseres Lebens. Viel diskutiert und sicherlich noch lange nicht ausdiskutiert ist zum Beispiel die Frage, ob die Digitalisierung nun mehr Arbeitsplätze schafft oder mehr Arbeitsplätze vernichtet. Auch die Frage, ob die Arbeit im Homeoffice mit weniger persönlichen Kontakten einen positiven Effekt auf die Arbeitsausführung hat, gewinnt mehr und mehr an Bedeutung und lässt sich ebenfalls nicht leicht beantworten. Klar ist aber: An diesem Thema kommt niemand vorbei. Und die Attraktivität eines Standortes wird heute entscheidend von der Verfügbarkeit schneller oder überhaupt vorhandener Internetanschlüsse mitbestimmt.In Niedersachsen sind aktuell rund 70 % aller Gebäude mit schnellem Internet versorgt. Das heißt im Umkehrschluss: Auf 30 % der Landkarte gibt es weiße Flecken, Gebäude, die gar keine Internetleitung haben oder eine mit weniger als 30 Megabit. Um einer digitalen Spaltung Niedersachsens vorzubeugen und das Land national sowie international wettbewerbsfähig zu halten, müssen Wirtschaft und Politik in eine leistungsfähige Infrastruktur investieren. Ob die Landmaschinen- und Agrarindustrie, die Hafenwirtschaft oder auch die Automobilwirtschaft weiterhin so produktiv sind, hängt neben anderen Faktoren auch davon ab, ob schnelles Internet vorhanden ist. Ausgewogene StrukturDas Land Niedersachsen will bis 2022 über 1 Mrd. Euro in den Ausbau der digitalen Infrastruktur und die Digitalisierung von Gesellschaft, Wirtschaft und Wissenschaft investieren. Bis spätestens 2025 sollen im gesamten Landesgebiet Übertragungsgeschwindigkeiten von mehr als 1 Gigabit pro Sekunde möglich sein. Als Finanzpartner des Mittelstandes sehen wir als Sparkassenverband Niedersachsen und damit stellvertretend für alle niedersächsischen Sparkassen einen großen Bedarf zum Ausbau der Breitbandversorgung.Niedersachsen bezieht seine wirtschaftliche Kraft aus einer ausgewogenen, dezentralen Struktur. Viele Hidden Champions haben bei uns ihren Sitz in der Fläche des Landes, abseits der Zentren, und gerade die ländlichen Gebiete, in denen Niedersachsen sehr erfolgreichen Ackerbau betreibt, dürfen bei der Breitbandversorgung nicht durch das Raster fallen. Eine schnelle und verlässliche digitale Infrastruktur ist für die kleinen und mittelständischen Unternehmen, längst aber auch für die Agrarbranche, essenziell. Mit dem Onlinezugangsgesetz, dem Digitalisierungsgesetz, dem Masterplan Digitalisierung und dem Handlungsplan für Digitale Verwaltung und Justiz ist schon viel Papier beschrieben worden – jetzt müssen auf all diese Gesetze und Maßnahmenpapiere zeitnah auch Taten folgen. Heute normal, morgen veraltetDen Kundenwünschen und -bedürfnissen gerecht zu werden, wird im Dienstleistungsbereich und auch in vielen anderen Branchen immer wichtiger. Die Entwicklung von Produkten und Angeboten geht sehr schnell voran: Das, was gestern noch revolutionär war und heute normal ist, gilt morgen als veraltet. Unternehmen müssen heutzutage fähig sein, ihren Kunden immer wieder neue und innovative Produkte anbieten zu können. Hinter der Forderung für einen zügigen Breitbandausbau steht also nicht nur der Wunsch nach einer schnellen Datenleitung. Eine vernünftige Internetversorgung in der Stadt und auf dem Land ermöglicht es vielen Unternehmen, digitaler und besser zu werden und auch über eine weite Entfernung Nähe zum Kunden herzustellen.Sparkassen übernehmen in ihrer Form als Anstalten öffentlichen Rechts einen Teil der kommunalen Daseinsvorsorge. Diesem Auftrag in Zeiten der Digitalisierung vollständig nachzukommen, wird ohne ein leistungsfähiges Internet schwierig, denn gerade Kunden in ländlichen Regionen wird der digitale Zugang zu ihrer Sparkasse dadurch erschwert. Chatbots, Whatsapp und Co. bieten Sparkassen, Banken und anderen Unternehmen heute die Chance einer wichtigen positiven Differenzierung im Wettbewerb. Diese ist mit langsamen Internetleitungen allerdings nur schwer oder gar nicht möglich. Können in die Welt tragenVernetzt und interdisziplinär in einem digitalen Ökosystem arbeiten – das ist nicht nur eine wissenschaftliche Beschreibung für eine Modeerscheinung des 21. Jahrhunderts. Der Austausch von Unternehmen untereinander, auf nationaler und internationaler Ebene, beflügelt deren kreatives Potenzial und eröffnet die Chance, niedersächsisches Können und Wissen hinaus in die Welt zu tragen.Wir haben in Niedersachsen viele mittelständische Unternehmen, die europaweit sehr erfolgreich sind. Diese zu fördern und zu unterstützen, ist nicht nur unser öffentlicher Auftrag, sondern ist uns auch ein ausdrücklicher Wunsch. Menschen mit guten Ideen müssen unterstützt und gefördert werden; auch die großen Mobil-, Technologie- oder Lebensmittelkonzerne haben einmal klein angefangen. Vielfach wäre das ohne die Unterstützung durch eine Sparkasse sicher nicht möglich gewesen. Und wenn es dem Mittelstand gut geht, dann geht es auch den Sparkassen gut, und das kommt am Ende der Region, der Gemeinschaft und dem Leben vor Ort zugute.Vernetzung ist unserer Meinung nach aber nicht nur eine grenzüberschreitende Zusammenarbeit. Vernetzung sollte und muss auch vor Ort stattfinden, nämlich besonders dort, wo Unternehmen einen unter-schiedlichen Wissens- und Entwicklungsstand in puncto Digitalisierung haben. Sie können voneinander lernen und Synergien schaffen. Digitalisierung ist keine Wissenschaft, sie ist ein Prozess, der sich nach und nach weiterentwickelt und bei dem jedes Unternehmen und jede Person eigene Erfahrungen macht.Wir sehen unsere Sparkassen an dieser Stelle als Schmelztiegel, in dem sich das Wissen und die Erfahrungen unserer mittelständischen Kunden sammeln. Unsere Filialen werden auf diese Weise zu einem Ort der Informationsweitergabe, unsere Berater zu Wissensvermittlern. Gerne möchten wir dies als Blaupause nutzen, um Unternehmen zusammenzubringen, und auf diese Weise die digitale Entwicklung in Niedersachsen unterstützen. Thomas Mang, Präsident des Sparkassenverbandes Niedersachsen und erster Vizepräsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes