Anlageberatung vor Reform

Geeignetheitsprüfung statt Protokoll im Entwurf zur Finanzmarktnovelle

Anlageberatung vor Reform

Mit einem umfassenden Gesetzespaket novelliert die schwarz-rote Bundesregierung den deutschen Finanzmarkt. Einer der zentralen Punkte: die Abschaffung des Beratungsprotokolls.wf Berlin – Das in der Finanzbranche umstrittene deutsche Beratungsprotokoll für das Wertpapieranlagengeschäft soll bald der Vergangenheit angehören. Im Referentenentwurf eines Finanzmarktnovellierungsgesetzes hat das Bundesfinanzministerium diese Vorgaben im Wertpapierhandelsgesetz (WpHG) gestrichen. Der Entwurf, der innerhalb der schwarz-roten Regierung abgestimmt ist, liegt der Börsen-Zeitung vor. Die Finanzbranche macht wegen des hohen bürokratischen Aufwands seit geraumer Zeit gegen das Beratungsprotokoll mobil. Gerade kleinere Kreditinstitute – etwa unter den Sparkassen – haben sich aus dem Beratungsgeschäft teilweise oder komplett zurückgezogen, weil sie den Aufwand nicht mehr stemmen können. Das schwarz-rote Regierungsbündnis hatte sich im Koalitionsvertrag 2013 zwar darauf verständigt, die Regelung zu überprüfen, aber kein Ziel festgelegt.Ganz ohne Anlegerschutz wird es aber auch künftig hierzulande nicht gehen. Die Begründung zum Referentenentwurf verweist auf die “nunmehr europaweit harmonisierten Aufzeichnungs- und Protokollierungspflichten”, die das Beratungsprotokoll “nicht mehr erforderlich” machen. An dessen Stelle tritt aber eine Geeignetheitsprüfung und -erklärung. Wertpapierdienstleistungsunternehmen müssen in der Anlageberatung ihren Privatkunden “auf einem dauerhaften Datenträger eine Erklärung über die Geeignetheit der Empfehlung (Geeignetheitserklärung) zur Verfügung stellen”, heißt es im Entwurf. Noch vor dem Geschäft muss damit diese Erklärung den Kunden informieren, wie die Beratung auf seine Präferenzen, Anlageziele und die sonstigen Merkmale abgestimmt wurde. Bei einem telefonischen Geschäftsabschluss mit Beratung darf die Erklärung auch ausnahmsweise im Nachhinein zur Verfügung gestellt werden. Dem muss der Kunde aber zuvor zustimmen, und der Wertpapierberater muss eine Verschiebung des Geschäfts angeboten haben. EU-Recht im GesetzespaketDas Finanzmarktnovellierungsgesetz setzt eine ganze Reihe von EU-Richtlinien in deutsches Recht um. Betroffen sind vor allem das WpHG, das Kreditwesengesetz und das Börsengesetz (siehe Kasten). Die Novelle umfasst damit die EU-Marktrichtlinie Mifid II samt der Verordnung Mifir. Diese müssen bis zum 3. Juli 2016 und bis zum 3. Januar 2017 in Kraft getreten sein bzw. angewendet werden. Für die Nachfolgeregelung der europäischen Marktmissbrauchsregelung gilt das Datum 3. Juli 2016. Das Gesetzespaket umfasst auch die EU-Regelungen zu Wertpapierlieferungen und -abrechnungen sowie die über Zentralverwahrer. Überdies sind die Basisinformationen für Kleinanleger (Priips) erfasst.